Ron Jontof-Hutter, 6.7.2016, Jewish Journal
Ich bin in Südafrika aufgewachsen in den Jahren der Apartheid, zu Eltern, die die Nazis überlebt haben. So hörte ich aus erster Hand, was sie erlebten, was meine Sensibilität für soziale Gerechtigkeit und die Unterstützung für den zivilen Ungehorsam gegen dieses Regime prägte.
Im Jahr 1948 führte die südafrikanische Regierung unter Premierminister Daniel Francois „DF“ Malan Apartheidgesetze ein, von denen viele auf der Grundlage der Nürnberger Gesetze der Nazis von 1935 beruhten, aufbauend auf den rassenbasierten diskriminierenden Gesetzen, die seit einem Jahrhundert unter britischer Herrschaft bestanden hatten.
So verbot das Mischehengesetz 1949 Ehen zwischen Weißen und Nicht-Weißen, während das Immoralitätsgesetz von 1950 sexuelle Beziehungen zwischen Weißen und anderen Rassen kriminalisierten. Im selben Jahr brachte das Gesetz zur Unterdrückung des Kommunismus wirksam diejenigen zum Schweigen, die gegen die Rassenpolitik der Regierung opponierten. Das Gruppenregionengesetz (1950) machte die Trennung des Wohnraums obligatorisch, die Nicht-Weißen wurden in Ghettos gezwungen. Das Getrennte-Einrichtungen-Gesetz (1953) setzte voneinander getrennte öffentliche Einrichtungen, Fahrzeuge und Dienstleistungen entlang der Rassenlinien durch. Das Bevölkerungsregistrierungsgesetz (1950) hatte bereits jeden Bürger in seine rassische Gruppe eingestuft, wie von der Regierung festgelegt. Schwarze mussten jederzeit ihr Passbuch bei sich haben, das ein Foto, Fingerabdrücke und andere Informationen enthielt. Ohne Passbuch erwischt zu werden führte zu sofortiger Verhaftung. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einer schwarzen Frau, die dann über die Straße Zigaretten kaufen ging. Da sie ihr Passbuch in ihrer Handtasche auf einem Tisch zurückgelassen hatte, wurde sie sofort von vorbeigehender Polizei verhaftet und zwei Wochen lang eingesperrt.
Im Jahr 1953 führte der Minister für Eingeborenenangelegenheiten, Hendrik Verwoerd, der 1958 Premierminister wurde, das Bantu (Schwarze) Bildungsgesetz ein, das minderwertige Ad-hoc-Bildung für Schwarze Menschen legalisierte. Verwoerd schrieb: „Es gibt keinen Platz für die Bantu in der Europäischen Gemeinschaft über dem Niveau von bestimmten Formen der Arbeit …“
Apartheidgesetze bezogen sich auch auf die niederländische reformierte Kirche, bekannt als „(Apartheid) Regierung im Gebet.“ Schwarze Mitarbeiter wurden oft von der Teilnahme an der Beerdigung ihrer weißen Arbeitgeber ausgeschlossen, neben den regulären Sonntagsgottesdiensten in weißen Kirchen.
Diese Liste von Apartheidgesetze war keineswegs vollständig. Ihr Ziel war es, farbige Südafrikaner zu isolieren und zu entpersonifizieren, wie es Deutschland mit seinen Juden getan hatte.
Israel hat nichts, das auch nur entfernt den Apartheidgesetzen ähnelt. Im Gegenteil hat Israel versucht, das Spielfeld einzuebnen durch die Einführung von affirmative-action-Programmen, die die Vielfalt der israelischen Gesellschaft darstellen. Zwar nicht perfekt, sind diese Programme klassenbasiert, statt rassenbasiert, um so möglichst viele benachteiligte Bürger wie möglich unabhängig von ihrem ethnischen Hintergrund zu umfassen. Das Ergebnis ist, dass viele arabische Israelis profitiert haben, zusammen mit jüdischen Israelis aus armen nichteuropäischen Herkünften. Im Gegensatz dazu hat Südafrika Rassenunterscheidungen zwischen den eigenen Bürgern betont und ausgebeutet, um Diskriminierung und Verarmung zu fördern, damit das Regime die Hegemonie der eigenen Rassen gewährleisten konnte.
In Südafrika der Apartheid wurden Schwarze überwiegend aus Berufen ausgeschlossen und als ungelernte „Arbeitseinheiten“ gehalten, wie Verwoerd skizzierte. Im Gegensatz dazu in Israel, wo Araber 20 Prozent der Bevölkerung ausmachen, sind 35 Prozent der israelischen Apotheker Araber. Der Direktor der Notfallmedizin in Jerusalems berühmtem Hadassah Medical Center ist Dr. Aziz Darawshe, ein arabischer Israeli, dessen Mutter Analphabetin war und dessen Vater vier Schuljahre hinter sich hatte. Seine Geschwister sind Ärzte, ein Zahnarzt, ein Ingenieur und fünf Schwestern haben auch das College besucht.
Im Jahr 2013 hat eine weibliche israelische Muslimin, Mais Ali-Saleh, ihren Abschluss gemacht von Israels bester medizinischer Schule, dem Technion, als Abschiedsrednerin. Vor kurzem gratulierte Bildungsminister Naftali Bennett Mohammed Zeidan als bestem Abiturient Israels (er erzielte die höchste Punktzahl in einem standardisierten Test). Er wird sich zu seiner Schwester am Technion gesellen. Im Gegensatz dazu wurden schwarze südafrikanische Studenten in der Regel nicht auf dem Campus zugelassen, außer als Hausmeister.
In Südafrika spielten die Polizei und das Militär eine Schlüsselrolle bei der Durchsetzung der Apartheid – oft gewalttätig. In Israel sind arabischsprachige Israelis wie Brig. Gen. Imad Fares und Oberst Ghassan Elian, der Kommandeur der Elite Golani Brigade, in Positionen aufgestiegen, die für Schwarze oder Inder in Südafrika undenkbar waren. Vor kurzem wurde der arabisch-israelische Jamal Hakrush zum stellvertretenden Polizeikommissar ernannt.
Obwohl lebensrettende Maßnahmen wie die Sicherheitsbarriere und die Kontrolle der Araber an ihrem Platz sind, um Leben vor Terroranschlägen zu retten, so gelten sie nicht für arabische Israelis, sondern für diejenigen, die keine israelischen Staatsbürger, außerhalb der Waffenstillstandslinien, sind. Im Gegensatz dazu diskriminierte das südafrikanische Apartheid-Regime gegen seine schwarzen Bürger. Ein amerikanischer oder deutscher Tourist konnten ein Theater besuchen oder einen Spaziergang am Strand machen – Aktivitäten, die schwarzen südafrikanischen Bürgern verweigert wurden.
Vor kurzem gewann die israelisch-arabische Ta’alin Abu Hanna den Miss Trans-Israel Wettbewerb. Sie bemerkte, dass sie in einem arabischen Land wahrscheinlich ermordet worden wäre. Im Südafrika der Apartheid könnte eine farbige Person nicht einmal an einem Kunst oder Musikwettbewerb teilnehmen, geschweige denn an einem Schönheitswettbewerb.
Bischof Desmond Tutu und die Organisationen, die Veranstaltungen wie die Israel-Apartheid-Woche fördern, sind nicht nur irreführend, sie beleidigen die Erinnerung an die Opfer der Apartheid ebenso wie es Holocaust-Leugner tun. Leider haben sie auch echte Liberale zutiefst in Verlegenheit gebracht durch falsche und verzerrte Darstellung der Wahrheit durch fehlgeleitete politische Korrektheit und verschlagenen Populismus.
Ron Jontof-Hutter ist Senior Research fellow am Berliner Internationalen Center für das Studium des Antisemitismus. Er ist auch Autor einer Satire über populistischen Antisemitismus mit dem Namen “The Trombone Man: Tales of a Misogynist.”