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War es ethisch von Israel, die Araber in den Jahren 1948 und 1967 nicht zu vertreiben?

Fred Maroun, 30.7.2017, Times of Israel

Fred Maroun
Fred Maroun ist Kanadier arabischen Ursprungs, der bis 1984 im Libanon lebt, einschliesslich während zehn Jahren des Bürgerkriegs. Fred unterstützt Israels Recht, als jüdischer Staat zu existieren, und er unterstützt einen liberalen und demokratischen Nahen Osten, wo alle Religionen und Nationalitäten, einschliesslich der Palästinenser, in Frieden miteinander und mit Israel koexistieren können, und wo Menschenrechte respektiert werden. Fred ist Atheist und Sozialliberaler, und ein Advokat von gleichen Rechten für LGBT-Menschen überall. Fred Maroun schreibt für Gatestone Institute.

Man ist sich allgemein einig, dass, als Israel 1948 und 1967 Land von Arabern gewann, die Nicht-Deportation der Araber aus diesen Ländern ethisch war, obwohl die Araber zuvor alle Juden aus diesen Ländern deportiert hatten. Aber war es das wirklich?

Der israelisch-palästinensische Konflikt ist heute scheinbar unlösbar wegen eines doppelten Paradoxons: Dem palästinensischen Paradoxon und dem israelischen Paradoxon. Die Ereignisse hätten sich ganz anders entfalten können, wenn Israel eine andere Entscheidung getroffen hätte.

Das palästinensische Paradoxon

Das Paradoxon der Palästinenser ist, dass sie behaupten, ein Volk zu sein, und sie werden weithin als solches anerkannt, doch sie verhalten sich nicht wie ein Volk. Sie haben kein kohärentes nationales Projekt außer der Zerstörung Israels.

Als sie durch den 1947er UNO-Partitionsplan eine Chance zur Selbstbestimmung erhielten, haben sie ihn abgelehnt. Als Gaza, das Westjordanland und Ostjerusalem zwischen 1948 und 1967 unter arabischer Kontrolle war, wurde auf diesem Land kein palästinensischer Staat gegründet. Als nach dem Krieg von 1967 Israel Friedensverhandlungen anbot und „alles ist verhandlungsfähig“ sagte, nahmen die Palästinenser diese Gelegenheit nicht wahr, einen Staat im Austausch für den Frieden zu fordern. Als der israelische Premierminister Ehud Barak im Jahr 2000 Frieden und einen Staat anbot, einschließlich des Tempelbergs, lehnten die Palästinenser ab. Als Israel im Jahr 2005 Gaza verließ, bauten die Palästinenser keine Zivilgesellschaft in Gaza, sondern machten Gaza zu einer terroristischen Basis der Hamas. Als sie vom israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert im Jahr 2008 erneut Frieden und einen Staat angeboten erhielten, weigerten sie sich wieder.

Die Juden akzeptierten den 1947er UNO-Partitionsplan trotz ihrer Bedenken und zeigten, dass ihre nationale Identität oberste Priorität hatte. Die Palästinenser zeigten keine Dringlichkeit, einen Staat aufzubauen, und das tun sie heute noch nicht. Sie verhalten sich nicht wie ein Volk, sondern wie ein Anti-Volk. Sie definieren sich durch ihre Opposition gegen Israel.

Die PLO-Charta definiert das palästinensische Volk als „ein integraler Bestandteil der arabischen Nation“, und es geht weiter über die vielen Gründe, warum und die vielen Methoden, mit denen es seine „Heimat“ von der „zionistischen Invasion“ zurückerobern sollte. Mit anderen Worten, selbst in ihrer eigenen Charta definieren sich die Palästinenser als eine Gruppe von Arabern, deren einziger Zweck die Zerstörung Israels ist.

Dieser Mangel an palästinensischer nationaler Identität existiert auch auf der Stufe der einzelnen Palästinenser. Auf die Frage, ob sie Bürger des palästinensischen Staates werden wollen, wenn Ost-Jerusalem Teil eines solchen Staates würde, sagten nur 30% der palästinensischen Bewohner von Ost-Jerusalem, dass sie die palästinensische Staatsbürgerschaft gegenüber der israelischen bevorzugen würden.

Das israelische Paradoxon

Das israelische Paradoxon ist, dass, während Israel als Nation gedeiht und die militärische Fähigkeit hat, sich gegen Aggressionen zu wehren, es keine Möglichkeit hat, als Staat einen permanenten Status zu erreichen, dessen Grenzen international anerkannt sind. Es bleibt in der Schwebe.

Eine Zwei-Staaten-Lösung, die aus einem palästinensischen Staat besteht, der friedlich neben Israel existiert, ist der Wunsch aller westlichen Weltführer, sogar von Donald Trump, der im Mai in Jerusalem sagte, dass er „sich persönlich verpflichtet fühlt, Israelis und Palästinensern zu helfen, dieses auf umfassendem gegenseitigem Engagement beruhende Friedensabkommen zu erreichen“.

Für die meisten Israelis ist das aber naive Fiktion. Wenn eine solche Vereinbarung mit den Palästinensern möglich wäre, dann wäre sie schon längst geschehen. Wenn sie möglich wäre, dann würde die PLO-Charta nicht nach wie vor sagen, dass „Palästina, in den Grenzen, die es während des britischen Mandats hatte [was Israel einschliesst], eine unteilbare Gebietseinheit ist“.

Doch Israelis sehen keine andere lebensfähige Alternative. Wenn Israel die Zwei-Staaten-Lösung aufgeben und die Westbank (mit oder ohne Gaza) annektieren würde, dann würde es viele zusätzliche Palästinenser aufnehmen und damit die Wahl vieler antizionistischer Parlamentarier in die Knesset sichern; Das wäre nationaler Selbstmord. Infolgedessen unterstützt Premierminister Benjamin Netanyahu immer noch das diskreditierte Konzept der Zwei-Staaten-Lösung trotz Opposition dagegen von seiner eigenen Partei.

War es ethisch, die Araber nicht zu deportieren?

Wenn Israel alle Araber deportiert hätte, dann würde dieses doppelte Paradoxon heute wahrscheinlich nicht existieren.

Die Palästinenser hätten keine Hoffnung, je wieder in das Land zurückzukehren, das sie Palästina nennen, besonders nachdem die arabische Welt drei grössere Kriege verloren hatte, die darauf abzielten, das zu erreichen, und die arabische Koalition auseinandergebrochen war.

Es gäbe keine arabischen Gesetzgeber in der Knesset, die Israel von innen untergraben. Es gäbe keine arabisch-israelischen Bürger, die andere arabisch-israelische Bürger töten, um eine antizionistische Ideologie zu fördern. Es würde keine Siedlungsfrage geben, da es kein Land geben würde, das man irgendwie „palästinensisches Land“ nennen könnte.

Die einzigen Aggressionen gegen Israel, wenn überhaupt, würden von außen kommen, und diese Art von Aggressionen sind für Israel viel einfacher zu handhaben.

Die Situation der Palästinenser wäre auch besser gewesen, weil arabische Länder keine Entschuldigung hätten, Palästinenser in Flüchtlingslagern zu halten und ihnen wahrscheinlich volle Rechte, wenn nicht die Staatsbürgerschaft geben würden.

Wenn die Ethik einer Handlung durch die positiven Auswirkungen auf beide Parteien beurteilt wird, dann sollte die Deportation aller Araber 1948 und 1967 als die ethische Wahl betrachtet werden, doch so einfach ist es nicht.

Ein komplexes moralisches Dilemma

Wenn die israelischen Führer im Jahre 1948 gewusst hätten, was in den folgenden 69 Jahren geschehen wird und dass im Gegensatz zu jeglicher Rationalität die meisten Araber noch heute die Existenz Israels ablehnen, dann wäre vielleicht die Deportation aller Araber ethisch gewesen. Sie wussten es aber nicht, weil es dermassen irrational und unvernünftig erschien.

Darüber hinaus, obwohl die Entscheidung, nicht zu deportieren, sich langfristig als Schlag für Israel und die Palästinenser erwies, war es immer noch inhärent ethisch. Friedliche Bewohner eines Landes aufgrund ihrer Religion oder Ethnizität zu deportieren ist nicht ethisch, obwohl Araber das den Juden antaten. Durch den Entscheid, Araber nicht zu deportieren (und wir müssen uns im Klaren sein, dass es eine bewusste Entscheidung war, weil, wie Historiker Benny Morris schrieb, einige jüdische Führer schon vor 1948 diese Möglichkeit in Betracht gezogen hatten), traf Israel eine ethische Wahl, die ein neues Maß an Ethik in den Nahen Osten brachte.

Indem es diese ethische Wahl entgegen den Wünschen von einigen in den eigenen Reihen traf, ging Israel ein Risiko für den Frieden ein und gab der arabischen Welt eine Chance, sich von ihrer Entscheidung, Israel anzugreifen, abzuwenden. Die Unlösbarkeit des israelisch-arabischen Konflikts entstand nicht durch die ethische Entscheidung Israels, sondern durch die Weigerung der arabischen Welt, sich zu revanchieren. In der Tat ist die ganze Geschichte des Konflikts voller Beispiele, wie Israel ethische Entscheidungen trifft, die die Araber zu erwidern zurückweisen.

Das moralische Versagen, das das heutige Doppelparadoxon verursacht hat, ist nicht die Entscheidung Israels, nicht zu deportieren, sondern arabische Entscheidungen, Friedensvorschlag nach Friedensvorschlag abzulehnen. Das moralische Versagen ist auch das moralische Versagen der Welt und besonders der Vereinten Nationen, die fortwährend einen ungerechten Druck auf Israel ausübten, während sie keinen Druck auf diejenige Seite ausübten, die Druck braucht, um ethisch zu handeln.

Und wie geht es weiter?

Das ideale Ergebnis dieses Konflikts wäre, dass die Palästinenser eine nationale Identität entwickeln, wodurch ihr Hass gegen Israel nachlassen würde. Dies würde dazu führen, dass Palästinenser ihr nationales Projekt zur obersten Priorität machen, eine Voraussetzung für eine tragfähige Zwei-Staaten-Lösung.

Dies wird jedoch nicht geschehen, solange der palästinensische Terrorismus und die Aufhetzung ohne signifikante Herausforderung durch die arabische Welt, Europa, die Vereinigten Staaten und die Vereinten Nationen fortgesetzt werden. Solange das palästinensische Flüchtlingsproblem von den Vereinten Nationen gehegt und gepflegt wird. Solange der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde von allen Weltführern, darunter auch Präsident Trump, als legitimer Führer behandelt wird, wo doch seine Legitimität schon lange abgelaufen ist und seine Terrorismusfinanzierung gut bekannt ist.

Die Welt hat Israel in eine unmögliche Situation gebracht, und Gott allein weiß, was als nächstes passieren wird. Kann Israel weiterhin die höchsten Standards der Ethik wahren, während seine Feinde überhaupt keine Ethik haben? Die Erwartung, dass Israel das weiterhin tun wird, ist in der Tat unvernünftig und nicht einmal ethisch, und die Welt muss in der Situation aufwachen, die sie aufgrund ihrer eigenen Unmoral und Feigheit erschaffen hat.

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