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Wie Trump mit seiner Jerusalemer Erklärung alle täuschte.

Analyse: Die Anerkennung der israelischen Hauptstadt durch den US-Präsidenten kann als Test für die Palästinenser gesehen werden: Wenn sie mit Gewalt reagieren, kann Trump sagen, dass die Israelis Recht hatten und es scheinbar keinen Friedenspartner gibt; doch wenn sie Reife üben und Trumps Friedensplan akzeptieren, wird Netanyahu ein Problem haben.

Itamar Eichner, 7.12.2017, y-net-news
aus dem Englischen von Daniel Heiniger

Die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels durch US-Präsident Donald Trump ist zweifellos eine historische Erklärung. Es ist kein Wunder, dass in einer Region, die Symbole heiligt, die israelischen Führer alles taten, Trump zu umarmen und Twitter und Facebook mit persönlichen, mit Pathos gefüllten Beiträgen bombardierten.

Kulturministerin Miri Regev ging sogar so weit zu sagen, dass der Name Trump für immer auf die Steine der Westmauer graviert sein würde, während Justizministerin Ayelet Shaked Trump mit Cyrus dem Großen verglich.

Präsident Trump unterzeichnet ein Memorandum, nachdem er seine Erklärung zu Jerusalem abgegeben hat. Die Entscheidung war auch das Ergebnis interner amerikanischer Überlegungen (Foto: AFP)

Es ist schwer, das Gefühl zu erschüttern, dass Trump jeden getäuscht hat und dass dies eine Art Fake News ist. Seine Entscheidung war in erster Linie das Ergebnis innenpolitischer Überlegungen und des Drucks der Republikanischen Partei und evangelischer Kreise.

Trump will vermeiden, erneut angegriffen zu werden, weil er die Verzichtserklärung unterzeichnet hat, um die Verlegung der amerikanischen Botschaft alle sechs Monate zu verschieben, was im Wesentlichen ein Veto gegen die Umsetzung eines Gesetzes einlegt, das vom Kongress verabschiedet wurde, der Jerusalem als Israels Hauptstadt anerkannte. Nachdem er die Verzichtserklärung zum ersten Mal im Juni unterzeichnet hatte, war Trump besorgt, dass seine Rivalen in der Republikanischen Partei ihn alle sechs Monate angreifen würden, weil er erneut sein Wahlversprechen verletzt, die Botschaft nach Jerusalem zu verlegen.

So begann er, über eine kreative Lösung nachzudenken: Wie man einerseits die Verzichtserklärung unterschreibt, andererseits aber den Applaus der israelischen Regierung erhält und den Friedensprozess am Laufen hält. Die raffinierte Lösung war einfach: Jerusalem anzuerkennen, ohne die Botschaft zu verlegen.

Amerikanische und israelische Flaggen auf den Mauern der Altstadt (Foto: AFP)

Ein hoher Beamter des Weißen Hauses sagte in einem Pressebriefing, einen Tag vor der Ankündigung von Trump, dass es drei bis vier Jahre dauern würde, die neue amerikanische Botschaft in Jerusalem zu bauen. Mit anderen Worten, Trump müsste die Verzichtserklärung acht weitere Male unterschreiben, wird aber dank seiner Erklärung nicht erneut verurteilt. Er hat sich einfach Zeit für sich selbst gekauft.

Außerdem ist es durchaus möglich, dass Trump nach Ablauf dieser Periode nicht mehr im Weißen Haus sein wird und sein Versprechen, die Botschaft nach Jerusalem zu verlegen, nicht umgesetzt wird. So wie Trump das Vermächtnis des ehemaligen Präsidenten Barack Obama rückgängig gemacht hat, könnte der nächste Präsident auf das Vermächtnis von Trump verzichten.

Ein Plakat, das Präsident Trump in Jerusalem lobt (Foto: EPA)

Warum sind es Fake News? Weil, wenn Trump die amerikanische Botschaft wirklich verlegen wollte, hätte er den Umzug in die Hauptstadt schon am nächsten Tag ankündigen können und das Büro von Botschafter David Friedman in das Büro des US-Generalkonsuls im beeindruckenden Agron Street Building in West-Jerusalem verlegen können. Nichts würde den Präsidenten daran hindern, einen solchen Schritt zu unternehmen, der die Ernsthaftigkeit seiner Absichten deutlicher gezeigt hätte als tausend Worte.

Außerdem weiß niemand im israelischen Außenministerium überhaupt, wo die Amerikaner planen, ihre zukünftige Botschaft zu errichten. Die Amerikaner haben mehrere Möglichkeiten, und sie könnten – als Absichtserklärung – ein großes Schild mit der Aufschrift „Hier wird die US-Botschaft errichtet“ aufstellen. Aber das geschah auch nicht, und Trump entschied sich für die amorphe Aussage, dass er das Außenministerium angewiesen habe, ein Team zu ernennen, um sofort mit dem Prozess der Einstellung von Architekten und Planern für den Bau der Botschaft zu beginnen.

Übrigens hat das Übergangsteam der Republikanischen Partei bereits verschiedene Orte in Jerusalem untersucht und hätte einen geeigneten Plan für den Standort der Botschaft vorlegen können. Hätte Trump es gewollt, er hätte sogar Pläne zeigen können.

Demonstranten setzen nach der Erklärung in Bethlehem Trumps Bild in Brand (Foto: AFP)

Trump hat in seiner Erklärung den Palästinensern mit der Erwähnung der Zweistaatenlösung, die er bisher vermieden hat, einen erheblichen Ausgleich verschafft. Wir alle erinnern uns an seine erste gemeinsame Pressekonferenz mit Premierminister Benjamin Netanjahu, in der er sagte, er sei offen für zwei Staaten oder einen Staat für zwei Völker, was auch immer „beide Parteien mögen“. Diesmal sagte Trump zum ersten Mal, dass die USA die Zwei-Staaten-Lösung unterstützen würden, aber nur „wenn beide Seiten zustimmen“.

Die Palästinenser erhielten eine weitere Entschädigung in Trumps Aussage, dass sich seine Erklärung nicht auf das permanente Abkommen und die Grenzen der Souveränität Jerusalems im permanenten Abkommen bezieht. Diese Fragen seien Sache der beteiligten Parteien, sagte der Präsident.

Demonstranten in der Nähe der US-Botschaft in Ankara (Foto: AFP)

Auf der anderen Seite hat Trump den Palästinensern einen weiteren Schlag versetzt, indem er ihr Bestreben, Ost-Jerusalem zur Hauptstadt des künftigen palästinensischen Staates zu machen, völlig ignorierte und unerwähnt ließ. Trump vermied es auch, zu sagen, dass Jerusalem die vereinte Hauptstadt Israels bleiben würde, und hinterließ ein gewisses Opportunitätsfenster für ihre künftige Teilung.

Die Frage ist, was nützt die Erklärung von Trump, wenn sie die Region in Brand setzt und die Palästinenser dazu bringt, die amerikanische Friedensinitiative abzulehnen und die USA nicht mehr als anständigen Vermittler zu sehen. Es ist möglich, dass Trump zu dem Schluss gekommen ist, dass Abbas ein Ablehner ist und dass es keine andere Wahl gibt, als ihm zu zeigen, dass er, wenn sein Ablehnungswahn anhält, weiterhin Preise zahlen wird, wie die Erklärung, die Jerusalem als Israels Hauptstadt anerkennt.

Eine zweite Option ist, dass Trump eine Überraschung auf Lager hat: Er bietet Israel eine große Geste an zur Vorbereitung auf das ultimative Geschäft, das er plant, das schmerzhafte Zugeständnisse von Israel erfordern würde. Nach seiner Ankündigung und Miri Regevs Versprechen, dass der Name Trump auf den Steinen der westlichen Mauer eingraviert werden würde, würde niemand in der israelischen Rechten es wagen, Trump zu einem antiisraelischen Präsidenten zu erklären, wenn er in naher Zukunft einen Friedensplan vorlegen würde, der Israel zwingen sollte, viele Zugeständnisse zu machen.

Premierminister Netanyahu weiß, dass Israel einen Preis zahlen könnte (Foto: GPO)

Netanyahu war wahrscheinlich der erste, der die Brillanz in Trumps Schritt erkannte, als er Regierungsquellen erzählte, dass sobald Trump seinen Friedensvertrag vorlegt, er nicht in der Lage wäre, ihn abzulehnen. Netanyahu und seine Koalitionspartner begrüßen daher die Erklärung von Trump sehr herzlich – auch wenn einige von ihnen in geschlossenen Foren zugeben, dass es sich um einen Bluff handelt -, weil sie denken oder hoffen, dass die Palästinenser die Erklärung als Ausrede sehen würden, nicht mehr nach den Regeln zu spielen, und dann würde Israel nicht der Ablehnung beschuldigt werden.

Präsident Trump hat sich ebenfalls auf diese Möglichkeit vorbereitet und rief die Parteien dazu auf, „auf Meinungsverschiedenheiten mit begründeten Debatten zu reagieren – nicht mit Gewalt“, mit anderen Worten, die Erklärung von Trump ist auch eine Art Test für die Palästinenser. Wenn sie erwartungsgemäß mit Gewalt reagieren, kann Trump zu sich selber sagen, dass die Israelis Recht hatten und dass es anscheinend niemanden gibt, mit dem man reden kann. Wenn sie die Erniedrigung schlucken, Reife üben und Trumps Friedensplan akzeptieren, dann hat Netanyahu ein Problem.

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