Rakesh Ramchurn, 10. Februar 2015, yourmiddleeast.com
Der prominente marokkanische Atheist Imad Iddine Habib hat isch über die Schwierigkeiten ausgelassen, den Islam zu verlassen, und über den ‚Verrat‘ der säkularen Linken, sowohl in der arabischen Welt als auch im Westen.
„Marokko scheint wie ein liberales Land zu sein, für jene im Westen,“ sagte Habib. „Das Land hat UNO-Resolutionen für sexuelle und religiöse Rechte unterzeichnet, doch alles unter Festhalten an der eigenen ‚unveränderlichen Identität‘, wo Menschen verhaftet werden können, wenn sie den König in Frage stellen, oder den Islam, oder politische Themen ansprechen wie die Westsahara.“
Habib gründete den Rat der Ex-Muslime Marokkos – die erste öffentliche atheistische Organisation in einem Land mit dem Islam als Staatsreligion – eine Tat, die zu Todesdrohungen geführt und ihn gezwungen hat, im Verborgenen zu leben.
Anlässlich einer Rede an der säkularen Konferenz 2015 in London beschrieb Habib, wie die Bildung der atheistischen Organisation zu Kritik nicht nur aus religiösen Institutionen führte, sondern auch von linken säkularen Gruppen.
„Ich fand mich auf endlosen Fronten kämpfen: gegen die panarabischen Faschisten; die arabischen weltlichen totalitären Regime; antifeministischen säkularen Bewegungen; und Islamismus-Apologeten der Linken „, sagte er. „Die Linke will Stimmen, so dass sie islamisch aussehen wollen.“
Habib fügte hinzu, dass er sich mehr Unterstützung im Westen erwartet hatte, aber von liberalen und linken Gruppen enttäuscht war, die nur ungern für seine Sache zu gewinnen waren, die ihn in einem Fall sogar einen „Extremisten“ schimpften für seine Ansichten über Religion.
„Ich wurde sowohl vom Osten als auch vom Westen verraten,“ sagte Habib, und fügte hinzu: „Ich habe die Hoffnung für die arabische und muslimische Welt aufgegeben. Schaut euch nur an, wie die Religion in den 1970ern war. Wieviel Fortschritt haben wir in 45 Jahren gemacht?“
Ich bin CHARLIE HEBDO. Und die anderen…
Der Verrat der politischen Linken war ein gemeinsames Thema auf der Konferenz, die einberufen wurde, um Scharia, Apostasie und Säkularismus in der Folge des Charlie Hebdo Massakers in Paris und der öffentliche Auspeitschung des liberalen Bloggers Raif Badawi in Saudi-Arabien zu diskutieren.
Pragna Patel, ein Gründungsmitglied der Frauen gegen Fundamentalismus, sprach davon, wie der Wunsch der Linken, nicht als Rassisten gesehen zu werden, bedeutete, dass sie viele der extremistischen Handlungen, die im Namen des Islam durchgeführt werden, ignorierten.
“Die Linken wollen Stimmen, deshalb müssen sie islamisch aussehen.”
„Menschen, die sich ‚antirassistisch‘ sehen, sagen, dass Charlie Hebdo das Massaker selber heraufbeschworen hat,“ sagt Patel. „Viele Linke sind unfähig, religiösen Extremismus anders als durch die ‚Antirassismus‘-Linse zu betrachten. Trotz der grausamsten Akte der Brutalität hausieren viele Linke mit der Idee, dass Charlie Hebdo rassistisch war.“
Die iranisch-stämmige Maryam Namazie, Sprecherin für den Rat der Ex-Muslime in Grossbritannien und der Frauenrechtegruppe Fitnah, sprach zur Verteidigung der satirischen französischen Publikation, sagte, dass Charlie Hebdo vielmehr „antiklerikal“ war statt rassistisch.
„Jene, die das Massaker verdammen, doch Charlie Hebdo die Schuld dafür geben, Muslime beleidigt zu haben, haben die Idee gekauft, dass Muslime beleidigter sind als andere Minderheiten,“ sagte sie, und fügte hinzu: „Es gibt eine lange und historische Tradition, Mohammed abzubilden, doch es sind die Faschisten und Extremisten, von denen man meint, dass sie den Islam repräsentieren.“
Sie betonte die grosse Zahl der Menschen in der muslimischen Welt, die sich für die Unterstützung der Mitarbeiter von Charlie Hebdo ausgesprochen hatten, oft unter Inkaufnahme grosser Gefahr. Dazu gehören zwei Kolumnisten in der Türkei, gegen die derzeit ermittelt wird wegen des Nachdrucks der Titelblätter der Zeitschrift; Journalisten im Iran, die versuchten, eine Kundgebung zur Unterstützung der französischen Publikation zu organisieren, die jedoch von den Sicherheitskräften unterdrückt wurde; und Karikaturisten in Ägypten, dem Libanon und Katar.
Namazie würdigte auch die „anderen Charlies ‚- viele von ihnen Muslime – die gelitten haben oder gestorben sind im Kampf um die Meinungsfreiheit, wie Mustapha Ourrad, Lektor bei Charlie Hebdo, der zusammen mit seinen Kollegen getötet wurde; der algerische Romancier Kamel Daoud, der in Todesangst lebt wegen seiner Arbeit; und Mohsen Amir-Aslani, im Iran unter dem Vorwurf der „Innovation in der Religion“ exekutiert für die Veröffentlichung von Broschüren, die behaupten, dass die Geschichte des Propheten Jona, der im Bauch eines Wals überlebte, metaphorischen war.
Wie wichtig Säkularismus ist
Der Vorwand für die Ermordung der Charlie Hebdo Mitarbeiter war ihre vermeintliche Blasphemie, und diese Anklage, zusammen mit dem Vorwurf der Apostasie, wird regelmässig dazu benutzt, andere Meinungen zum Schweigen zu bringen. In der muslimischen Welt betrachten 19 Länder Apostasie als Offizialdelikt, mit Strafen, die von Bussen über den Ausschluss von Bürgerrechten bis zu Stockschlägen oder Gefängnisstrafen reichen. In 10 Ländern wird Apostasie mit der Todesstrafe bedroht, während sowohl in muslimischen als auch nicht-muslimischen Ländern Extremisten häufig als selbsternannte ‚Wächter‘ handeln dessen, was ihre Gemeinden oder die Gesellschaft dazu sagt.
Sprecher an der Londoner Konferenz vereinte ihr Ruf nach Säkularismus als Sicherheit gegen den Anstieg der ‚religiösen Rechten‘, die zu Beeinträchtigungen der Rechte von Minderheiten im gesamten mittleren Osten und anderswo geführt hat.
Säkularismus wurde auch als von grundlegender Bedeutung für die Sicherung der Frauenrechte angesehen. Imad Iddine Habib diskutierte, wie, nach der Wahl der islamistischen Ennahda in Tunesien, es einen Anstieg der Fälle von weiblicher Genitalverstümmelung (FGM) in dem Land gegeben hatte.
Nahla Mahmoud, eine Menschenrechtsaktivistin, die ursprünglich aus dem Sudan stammt, sprach darüber, wie Beschränkungen für muslimische Frauen auch in Grossbritannien stattfanden, wo die Ideale des Multikulturalismus bedeutet, Kritik an den Gepflogenheiten der anderen Kulturen oft zu vermeiden.
„Der Zweck der Burka ist es, Frauen, die als Fitna (Versuchung oder Sünde) gesehen werden, zu kontrollieren“, so Mahmoud. „In muslimischen Ländern laufen wir nicht auf Zehenspitzen herum, sondern wir sagen das klar und deutlich. In Grossbritannien wird das unter der Idee „Wahlfreiheit“ diskutiert.
Die Wirkung des Aufstiegs des politischen Islams in Grossbritannien auf Frauen wurde auch von Yasmin Rehman diskutiert, einer Forscherin und Mitglied des Vorstandes der End-Violence-Against-Women-Koalition, die sagte, dass der Hijab (Kopfbedeckung), zum „authentischen Bild muslimischer Frauen in England“ geworden ist in der britischen Kultur. Das Symbol des Schleiers wurde dann den muslimischen Frauen in der Werbung und in den Medien wieder vorgeführt, was einer Tradition neue Kraft verlieh, die viele muslimische Frauen nicht freiwillig gewählt haben.
Der Bedarf nach Solidarität der moderaten Muslime und des Westens
Yasmin Rehman sagte, sie fürchtete, dass moderate Muslime mit Islamisten „konspiriert“ hätten durch die Weigerung, extremistische Lehre und Verhalten zu kritisieren.
„Ich muss der schwierigen persönlichen Wahrheit ins Gesicht sehen. Haben Muslime, die weltlich, feministisch, liberal sind; Haben wir mit den Islamisten konspiriert? „, fragte Rehman. „Wenn Shiiten Sunniten ermorden, bleiben wir still. Wenn Sunniten Shiiten ermorden, bleiben wir still. Wenn sie Frauen und Kinder unterdrücken, bleiben wir still. Durch unser Schweigen konspirieren wir mit ihnen. “
„Extremisten fungieren oft als selbsternannte ‚Beschützer‘ von dem, was in ihren Gemeinden oder der Gesellschaft insgesamt gesagt wird.“
Rehman ist eine ausgesprochene Kritikerin des Extremismus innerhalb der moslemischen Gemeinschaft, eine Tatsache, die viele geärgert hat und die dazu führte, dass einige ihrer Glaubensbrüder sie eine Kafira (Ungläubige) schimpften. Zur Betonung ihrer Position wies sie auf eine Demonstration vom muslimischen Aktionsforum gegen Darstellungen des Propheten hin, organisiert für den Tag nach der Konferenz, und sagte: „Das Massaker in Peshawar hat sie nicht mobilisiert. Das Massaker von Charlie Hebdo hat sie nicht mobilisiert. Doch morgen gehen sie hin, um gegen die Karikaturen zu demonstrieren. “
Allerdings wurde die Arbeit der liberalen Aktivisten in der muslimischen Welt nicht von den westlichen Regierungen und Organisationen unterstützt, die die Menschenrechtsverletzungen weiterhin ignorieren.
Ramin Forghani, der im Iran geborene Gründer der Ex-Muslime von Schottland und stellvertretender Vorsitzender der Scottish Secular Society, wies darauf hin, wie die internationale Empörung über Raif Badawi Behandlung Saudi-Arabien gezwungen hatte, die Bestrafung zu stoppen und möglicherweise zu reduzieren oder zu annullieren.
Forghani sagte, er sei enttäuscht, dass, im Gegensatz zu Deutschland und Kanada, Grossbritanniens Regierung nicht bereit gewesen sei, Badawis Verurteilung lautstark zu verurteilen, während die Fahnen auf Halbmast gingen, um den Tod von König Abdullah zu betrauern. Er deutete an, dass das Vereinigte Königreich seine Kritik an anderen Ländern verstummen liess wegen Handel oder Diplomatie.
„Es gibt Linke im Nahen Osten, die sich vor den Extremisten stellen. Aber wir verschliessen unsere Augen wegen des Öls. Im Iran sind viele Menschen für die Kritik des Regimes inhaftiert. Doch viele Augen sehen weg aufgrund der laufenden Atomverhandlungen. Der Westen sollte die Opposition im Nahen Osten unterstützen; es ist der einzige Weg zur Bekämpfung des Extremismus.“
Forghani verglich die Reform, die in der muslimischen Welt stattfinden muss, mit dem langen Kampf für Säkularismus und gegen Klerikalismus in den westlichen Ländern.
„Das Christentum hat all dies früher durchgemacht. Es ist Zeit für den Islam, dasselbe durchzumachen.“