Omar Mahmood, 16. 10. 2015, The College Fix
Vor einem Raum voller Michigan-Studenten stehend, gab ihnen die kanadische muslimische Aktivistin Raheel Raza am Donnerstagabend eine Warnung: Die Islamophobie-Industrie nutzt die Schwäche des linken weissen Schuldgefühls.
Muslime sind die „schweigende Mehrheit, die auf dem Zaun sitzt,“ geworden, erklärte Raza. „Wenn es Müll in meinem Haus und Müll im Haus meines Nachbarn gibt, glaube ich, so ist es meine ethische Verantwortung, meinen Müll wegzuräumen, bevor ich Kritik an meinem Nachbarn übe.“
Raza wird es am besten wissen – das fasst nämlich ihr Leben als Aktivistin zusammen.
Ihr weltbekannter Dokumentarfilm „Honor Diaries„, der Frauen porträtiert, welche die Unterwerfung muslimischer Frauen, der sie sich über Zwangsehen, Genitalverstümmelungen und andere Misshandlungen innerhalb der islamischen Welt gegenüber sehen, aufdecken wollen – war ein Blitzableiter für Kontroversen.
Im vergangenen Jahr wurden geplante Vorführungen des Films an einigen Universitäten abgesagt, darunter an der University of Michigan-Dearborn und der University of Illinois. Häufige Kampagnen gegen den Film benutzen das Hashtag #DishonorDiaries zu diesem Zweck. Der Council on American-Islamic Relations und einige muslimische Studentenorganisationen prangern den Film als „Anti-Islam-Propaganda“ an.
Doch eine halbstündige Version von Honor Diaries wurde am Donnerstag an der University of Michigan vor einem Publikum von etwa 40 Studenten gezeigt, auf Einladung der konservativen Campus-Gruppe Junge Amerikaner für Freiheit, die als einzige dafür steht, für die Gleichberechtigung muslimischer Frauen zu kämpfen.
„Null feministische Gruppen und muslimische Gruppen nahmen unsere Einladung, diese Veranstaltung mit zu sponsern, an, die sich mit Ehrenmorden und
Der Film, der jetzt auf Netflix verfügbar ist, kann schwierig zu betrachten sein, weil er manchmal sehr grafisch weibliche Genitalverstümmelung und Gewalt gegen Frauen im Namen der Ehre darstellt.
„Hoffentlich rüttelt er uns auf und bewegt uns,“ sagte Raza nach der Vorführung.
Der Film erklärt, dass Ehre in mehrheitlich muslimischen Gesellschaften als in den Körper der Frau übertragen ausgelegt worden ist, und es ist an den Männern, diese Ehre zu verteidigen. Manchmal geschieht dies auf Kosten eines Mannes eigener Tochter, Schwester oder Mutter – die im Namen der „Ehre“ getötet werden.
Selbst in den Vereinigten Staaten sind grob 506’795 Mädchen gefährdet, Genitalverstümmelungen zu erleiden, und es gibt Ehrenmorde und Zwangsehen, sagte Raza. Diese Bedrohungen sind in muslimisch-amerikanischen Gemeinden viel grösser.
„Sie können entweder wahrhaftig sein, oder Sie können beliebt sein“, sagte Raza. „Ich habe vor langer Zeit aufgehört, beliebt zu sein.“
Aufgewachsen in Pakistan und später acht Jahre in Dubai lebend, sagte Raza, verstehe sie die Bedeutung der Freiheit. Sie sagte, sie schätze die Meinungsäusserungsfreiheit, die in Gottesstaaten nicht existiere. Es ist deshalb alarmierend für Raza, dass diese Freiheit auf US-Universitäten zunehmend eingeschränkt wird.
„Was sollen wir unsere Kinder lehren, wenn nicht die Freiheit der Meinungsäusserung?“, fragt sie.
Als Raza vor zwei Jahren von den Produzenten des Films angefragt wurde, bestand sie darauf, dass es kein Drehbuch gibt, und das wurde beherzigt. Raza hatte sich bereits einen Namen gemacht als Aktivistin für ein liberales Verständnis der islamischen Schriften. Sie ist Präsidentin des Council for Muslims Facing Tomorrow. Ihr Buch „Ihr Jihad, Nicht Mein Jihad“ wurde im Anschluss an 9/11 veröffentlicht. Für ihren Dienst für Kanada ist sie mit der Königin Elizabeth II Diamant-Jubiläumsmedaille ausgezeichnet worden.
In Toronto ist Raza ein Herold der Reform. Als eingebürgerte Kanadierin hat sie sich der Aufklärung Jugendlicher über die Gefahren von Radikalisierung und Terrorismus gewidmet. Sie gilt als die erste Frau, die in Kanada muslimische Gebete organisiert hat, in denen Frauen Männer führen. Und sie arbeitet mit der muslimischen Homosexuellengemeinschaft, um sie sich im Islam willkommen fühlen zu machen. Jede Woche bekommt Raza einen Anruf oder eine E-Mail von einer muslimischen Frau in Not, und es erinnert sie daran, wie wichtig diese Arbeit ist.
Aber Raza steht oft allein in ihrem progressiven Aktivismus.
„Die Frauenbewegung war nicht freundlich zu Honor Diaries„, sagte Raza. „Westlicher Feminismus ist aus den Fugen geraten.“
So sehr, dass sie aufgehört hat, sich eine Feministin zu nennen.
Raza ist kritisch gegenüber Rassismus und Sexismus im Islam und der Arabisierung des Islam. Aber sie behauptet, dass ihr Glaube an Gott immer ihr Anker war, und als praktizierende Muslimin sei es ihre Verantwortung, zu sprechen.
„Ich bin niemandem verantwortlich“, sagt sie, „ausser meinem Schöpfer.“
BILD: Alison Hacker