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Warum wollen alle die Ex-Muslime zum Schweigen bringen?

Zubin Madon, 22.1.2016, Huffington Post, mit Co-Autor Eiynah

Nach jedem islamistischen Terroranschlag gehen wir Liberalen in Overdrive mit unserer Hashtag-Empathie. #IllRideWithYou und #TerrorismHasNoReligion sind voll im Trend von Calgary bis Canberra. Nicht-muslimische Frauen, die nicht eine Sure aus der Shahada sagen können, laden Selfies auf Instagram in ihrer floralen Kopfbedeckung aus Kirschblütenhijabs für £ 4,80 (plus £ 3,25 Versandkosten der Royal Mail), aus Solidarität mit ihren muslimischen Schwestern. Die Ironie der Wahl dieser mittelalterlichen Insignien der Repression als Symbol für Kameradschaft ist so dick, es erfordert einen separaten 1000-Wort-Beitrag, um sie zu sezieren.

Liberale haben immer die Last des Schutzes der Muslime aus der Bigotterie genommen (und zu Recht), haben dabei aber oft die Debatte über den radikalen Islam unterdrückt. Allerdings gibt es eine Minderheit innerhalb dieser Minderheit – die Ex-Muslime, deren Existenz wir nur selten anerkennen. Diese kleine Gruppe von Freidenkern hat die Fesseln des Dogmas gebrochen und das krasseste Vergehen im Islam begangen – den Abfall vom Glauben, ein Verbrechen, für das ihnen in mehr als 20 Ländern Gefängnis oder Hinrichtung droht.

YouTube und Facebook – die bisher als Bastionen der freien Meinungsäusserung galten – haben begonnen, diese abweichenden Stimmen zu ersticken.

Zwischen der regressiven linken Heuchelei eines Jeremy Corbyn und den fremdenfeindlichen Ermahnungen Donald Trumps haben Ex-Muslim-Aktivisten eine klare Perspektive auf den Islamismus. Leute wie Armin Navabi, Maryam Namazie, Ali Amjad Rizvi und Eiynah artikulieren, dass es möglich ist, religiöse Ideologien zu kritisieren, während sie gleichzeitig Bigotterie gegen deren Praktizierende denunzieren; dass das menschliche Leben unantastbar ist, aber Ideen nicht. Man könnte meinen, dass diese weltlichen Krieger (in nicht-Jihad Varianten) die Lieblinge der westlichen Liberalen wären, doch stattdessen behandelt die politische Linke sie als Parias, so wie es ihre ursprüngliche Gemeinde tut.

Von den Mainstream-Medien ignoriert (und an den Universitäten unter moralischen Druck gesetzt), haben sie in erster Linie soziale Medienplattformen benutzt, um ihre Geschichten an die Öffentlichkeit zu tragen. Allerdings haben YouTube und Facebook – die bisher als Bastionen der freien Meinungsäusserung galten – haben begonnen, diese abweichenden Stimmen zu ersticken.

Wie es Eiynah erklärt:

Als Ex-Muslim kann ich gar nicht anfangen, die Anzahl der Möglichkeiten, mit denen unsere Stimmen zum Schweigen gebracht werden, auszudrücken. Wir werden aus den Gesprächen über unsere eigenen Gemeinschaften und Leben ausgeschlossen, die Mainstream-Medien verweigern uns Plattformen, um keine muslimischen Gefühle zu beleidigen, und seit kurzem werden wir auf sozialen Medien brutal attackiert. Wo genug Beschwerden über Inhalte diese nicht nur ohne wirklichen Grund entfernen, sondern auch noch zur Sperrung unserer Benutzerkonten führen können; so schneidet uns das plötzlich ab vom einzigen Ort, wo wir es auf sichere Weise geschafft haben, unsere Geschichten zu erzählen und eine offenherzige Gemeinschaft zu bilden.

Mein Facebook-Konto ist zweimal gelöscht worden, ich habe den Kontakt verloren mit vielen, die auf mich angewiesen sind, um ihnen zu helfen mit Ressourcen und Unterstützung. Mein bisheriger Joint-Venture-Podcast, der ironisch betitelt ist mit „Polite Conversations“ wurde zweimal ins Visier genommen und von YouTube fast so schnell entfernt, wie er hochgeladen wurde – und wir haben bisher erst eine Folge produziert. Wird jede Episode mit eingebauter Zensur und bergauf-Kämpfen daherkommen, so frage ich mich …

Es gibt eine organisierte, systemische Anstrengung, die Stimmen derer, die den Islam von innen kritisieren, zum Schweigen zu bringen. Sie dient nur dazu, zu zeigen, wie viel Gewicht unsere Stimmen in einem solchen politischen Klima haben. Inzwischen dürfen Neonazi-Videos, klerikal gefördertes Schlagen von Frauen und tatsächlicher antimuslimischer Fanatismus problemlos existieren. Richtlinien wie Facebooks Richtiger-Name-Politik gefährden weiter diejenigen, die bereits an den Rand gedrängt werden – diejenigen, die ihr Leben riskieren, um sich einer gewalttätigen Ideologie zu widersetzen.

Fanatische Hasskanäle wie etwa dieser hier blühen auf YouTube.

Dieser militante rechtsextreme verrückte Hindutva postet ein Video von Lynchjustiz gegen zwei Muslime, weil sie angeblich eine Kuh geschlachtet haben. Weiterhin stösst er üble Drohungen aus gegen „rinderfressende Muslime“ (sic), beschreibt im Detail, wie morbide er plant, ihre Exgtremitäten abzuhacken. Der Clip war abrufbar seit Oktober 2012.

Während „Redefreiheit“ die Rechte aller anderen hochhält, sind wir sind von islamischen Blasphemie-Codes gebunden, auch im Westen.

Ebenso blockiert Facebook routinemässig säkulare Seiten und Beiträge, die sich kritisch über Religion äussern, während unverhohlen rassistische Seiten straflos weiterbetrieben werden können. Dieser zum Nachdenken anregende Beitrag von Simi Rahman wurde prompt von Facebook entfernt (möglicherweise aufgrund von Massenprotesten durch organisierte islamistische FB-Gruppen), und später nach öffentlichen Aufschrei wieder eingesetzt.

Screenshot einer Brahminischen Vorherrschaftsseite auf Facebook.

Slut-shaming ist eindeutig innerhalb der Grenzen der Facebook Politik, anders als Religionskritik.

Eiynah hat dies zu sagen:

Die Ex-muslimische Perspektive ist eine wertvolle Sicht, die die Welt verpasst. Eine, die die Idee ans Licht bringt, dass nicht alle innerhalb der muslimischen Gemeinschaft einen homogenen orthodoxen Block bilden. Derzeit werden die falschen Stimmen zum Antrieb der Konversation.

Durch das Ignorieren und zum Schweigen zu bringen der muslimischen Dissidenten in einem Klima, in dem der radikale Islam blüht, schauen wir über wertvolle Einblicke hinaus auf ein zentrales Thema unserer Zeit. Warum werden Ex-Christen und Ex-Scientologen als liberale Helden gefeiert? Sie werden als tapfer angesehen dafür, den erstickenden Griff der Religion, die einst die Macht über sie hatte, herausgefordert zu haben. Warum also werden, ganz im Gegensatz dazu, Ex-Muslime in liberalen Kreisen gemieden?

Wir leben unter dem konstantem Druck, zu schweigen. Obwohl mein YouTube Podcast jetzt wieder eingestellt worden ist, warte ich nur auf das nächste Mal, wenn meine Arbeit, meine Stimme, meine Social-Media-Präsenz angegriffen wird. Während die „Redefreiheit“ die Rechte aller anderen hochhält, sind wir auch im Westen von islamischen Blasphemie-Codes gebunden.

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