Mark Pellegrino, 27.3.2016, Israellycool.com
Im Sommer 2014 änderte sich meine Beziehung zu Social Media für immer. Das war der Sommer, als Agenten der Hamas drei israelische Jugendliche entführt und brutal ermordeten. Was folgte, war ein israelischer Einmarsch in Gaza, der ca. 2’220 tote Palästinenser und 72 tote Israelis zur Folge hatte.
Mir schien die Sache klar: Unschuldige Zivilisten einer pluralistischen Gesellschaft wurden von Agenten einer autoritären Regierung ermordet. Eine Regierung, die ihren eigenen Leute für politischen und materiellen Gewinn unterdrückgt und politische Dissidenten regelmässig ermordet. Als die Invasion ein dichtes Netz von „Terror-Tunneln“ aufdeckte (benutzt in unzähligen Verbrechen gegen die zivile und militärische Population von Israel) war das, wie mir schien, das Sahnehäubchen auf dem sprichwörtlichen moralischen Kuchen. Wir waren hier Zeugen eines Klacks im Bereich der moralischen Schuld … .oder so, dachte ich.
Wie sich herausstellte, ist das offensichtliche heutzutage nicht mehr so offensichtlich. Zuerst brachte Hollywood eine Petition in Umlauf zur Verurteilung Israels. Dann protestierten Studenten gegen israelische Kriegstaktiken, und weitere Nachrichten häuften sich an, berichteten auf täglicher Basis von Opfern (meist palästinensischen).
Schon nach kurzer Zeit begannen Karten in sozialen Medien zu zirkulieren mit Narrativen, die den jüdischen Staat eines konzertierten Genozids gegen das palästinensische Volk beschuldigten. Diesem Wahnsinn von der Seitenlinie aus bei der Entfaltung zuzuschauen wurde ein Ding der Unmöglichkeit, weshalb ich mich schliesslich ins Kampfgetümmel begab.
Den ganzen Sommer diskutierte ich mit jedem, der die Kühnheit besass, über die moralische Umkehr der palästinensischen Opfer in den Händen von Israel zu schreiben. Und nach zwei Monaten der Widerlegung ihrer Forderungen und Aufdeckung ihrer Lügen (wodurch meine Tweets oft auf grossen Medien-Websites veröffentlicht wurden), überzeugte ich niemanden. Wie konnte das sein, dachte ich. Fakten sind hartnäckig, und sie waren auf meiner Seite, doch die Menschen, die für die „Sache“ der Palästinenser agitierten, schienen seltsam immun dagegen zu sein. Zuerst dachte ich, die Antwort liege in unserer allgegenwärtigen Sucht nach einem bestimmten Narrativ von Gut und Böse. Das Narrativ ist vor allem: Wenn du reich bist, bist du korrupt, und wahrscheinlich bist du auf dem Weg dorthin über und/oder auf jemand anderes getreten. Wenn du arm bist, bist du arm, weil jemand anderes dich der Mittel beraubt hat, dich aus der Armut zu erheben. Der Mensch, der dich beraubt hat, war wahrscheinlich … Sie ahnen es … reich. Diese Art des sozialen Determinismus ist seit Jahrhunderten das thematische Rückgrat der Geschichtenerzählung gewesen (beginnend zu der Zeit, als sozialer Determinismus tatsächlich ein Faktor in der Mobilität des Einzelnen WAR), und das ist uns bis heute geblieben. Diese Tatsache, dass Israel mutmasslich schlecht war, weil es reich und die Palästinenser mutmasslich gut (oder unterdrückt) waren, weil sie arm waren, konnte eine schwer zu überwindendes Vorurteil sein, aber nicht unmöglich. Es musste etwas anderes sein.
Erst fast zwei Jahre später, während ich eine Reality-Show mit meiner Frau schaute (bitte verurteilt mich nicht), dass ich auf die Idee der Antwort kam. Wir sahen eine Show namens „Are You The One“. In der Show haben zwanzig junge Erwachsene, die kläglich an Beziehungen gescheitert sind, die Aufgabe, ihre „passende wahre Liebe“ zu finden. Jetzt war dieser „passende Partner“ – nach computerisierten Tests, Interviews mit Angehörigen und anderen halb objektiven Kriterien – eigentlich dort mit ihnen. Sie müssen ihn oder sie nur finden. Wenn alle zwanzig ihren passenden Partner finden, gewinnen sie eine Million Dollar. Wenn sie das nicht schaffen, nun, dann nicht. Als ich darüber nachdachte, dann erfordert das Spiel (und das ist es am Ende) einen rationalen Verstand. Sie müssen Informationen lernen, diese Fakten zu Schlussfolgerungen integrieren und aufgrund dieser Schlussfolgerungen agieren. Jedoch waren Vernunft und Fakten NICHT der Standard von IRGEND EINEM der mitspielenden Kinder. Was war? Gefühle, Instinkt, chemische Verbindungen. Fakten, Gedanken, und das verrückte kleine Ding namens Unterscheidung figurierte nirgends in ihren Bewertungen der anderen Menschen. Und dies trotz Versagen nach Versagen nach Versagen ihrer erprobten und nicht so tollen Methode der ‚Gefühle als Werkzeuge der Erkenntnis‘.
Da traf es mich. Diese Kinder KÖNNEN nicht denken. Nun, ich will damit nicht sagen, dass ihr Gehirnsynapsen irgendwie unfähig waren, die physischen Verbindungen zu machen, sondern ich meine, dass ihnen die Werkzeuge, das Gehirn zu benutzen, vor allem in diesem Bereich, FEHLTEN. Warum? Weil ihnen vom Kindergarten bis zur 12. Klasse (falls sie aufs College gingen) gelehrt worden war, dass Vernunft keine vertrauenswürdige Institution ist. Diese Kinder haben völlig die Maxime von fast jedem Philosophen und Intellektuellen (wiederum als Echo von den Autoren und Künstlern überall wiedergegeben) aufgenommen, dass das Herz dem Kopf überlegen ist; besonders, wenn es darum geht, die grossen Themen zu beurteilen, wie die Bewertung, wen zu heiraten; welchen Job zu übernehmen; wen in wichtige Positionen wählen; und welche Seite in einem Kampf auf Leben und Tod unterstützen. Wir hatten Jahrzehnte, in denen die Gefühlskultur ihr Gift aus den gepriesenen Hallen der Wissenschaft in die leeren Schädel der Jugend der Welt rieseln lassen konnte, und ich erlebte die hoffnungslosen und hilflosen Ergebnisse davon in einer relativ harmlosen und leicht amüsanten TV-Show. Aber wenn diese Art der Orientierung ihren Weg in die reale Welt findet, dann ist das Ergebnis nicht das niedrige Niveau der Reality-TV-Komödie, sondern es ist die hohe Tragödie der moralischen Inversion.
Wenn man durch das Herz regiert wird, dann dient Beweismaterial nur so viel, wie es die Gefühle, die aus dem Herzen ausgehen, bestätigt. Wenn es mit ihnen in Konflikt steht, wird der Beweis einfach verworfen. Gott bewahre, dass der Konflikt durch einen Prozess des DENKENS gelöst würde. Der Standard des Guten ist daher nicht die Realität oder OBJEKTIV Gutes, sondern die eigenen, halb bewussten Beurteilungen, seien sie nun korrekt (genaue Reflexionen der Wirklichkeit) oder falsch (wahnhaft). Was zählt, ist das Gefühl. Die Hamas versteht dies bis zum Anschlag. Und obwohl sie vielleicht nicht in der Lage sind, den Aufstieg der Emotionalität und den Fall der Vernunft durch das Pantheon der Wissenschaft und Literatur zu verfolgen, können sie es ganz sicher fühlen und die Vorteile aus diesem Trend ziehen. Was bedeutete das für mich und meine Internet-Kriege? Es bedeutete, dass Bilder für ein Argument genügten, und der Versuch, den moralischen Unterschied zwischen eingeleiteter Gewalt und Vergeltungsgewalt zu erklären, auf taube Ohren fiel. Es bedeutete, dass die Zahlen der Toten und Verwundeten mit Moral und Unmoral verschmolzen wurden, auch wenn diese Zahlen nicht zeigen, wer der Angreifer oder wer der Verteidiger war, nur wer beim Töten effektiver war. Die Zahlen zeigten auch nicht die Bevölkerungsdichte, die mit Sicherheit Kollateralschäden hervorruft, oder die rücksichtslose Politik des Feindes, mit Märtyrern Schaden anzurichten, um ihre PR-Kampagne zu fördern. Es bedeutete, dass Argumente bezüglich der Legitimität Israels eingekocht wurden auf blosse Indigenität oder Nativismus als DER Legitimitätsstandard PUNKT, weil was ein Land TATSÄCHLICH legitim macht – seine Versuche, eine Regierung zu schaffen, die die Rechte seiner Bürger respektiert – ein viel zu abstraktes Thema ist für die Kultisten des Gefühls.
Was für eine erschreckende Perspektive, dass die Welt zu einem Mob geworden ist, weil sie unfähig ist, über mit dem Löffel eingetrichterte Narrative und Vorurteile hinaus zu denken. Mobs sind in erster Linie für ihren Emotionalismus bekannt, und in zweiter Linie für die Leichtigkeit, mit der ihre Gefühle zu ungerechten Zwecken manipuliert werden können. Schrecklichkeiten werden in der Regel am geschäftlichen Ende einer Lüge begangen, die eine irrationale Schlussfolgerung unterstützt. Die institutionalisierten Morde in den Händen der antikapitalistischen Diktatoren und die Schlachtungen von ganzen Rassen von Menschen, von denen man dachte, sie seien inhärent böse, zeugen von dieser Tatsache. Die gleiche Art der Schlachtung findet heute statt, jetzt, doch es ist der Ruf eines Landes, der geschlachtet wird von denen, die nicht tiefer als ein Bild oder eine Reihe konkreter Zahlen denken können.
Mir scheint, dass die Menschen den Sieg über die Natur durch den kompromisslosen Gebrauch der Vernunft erreichen. Doch sie erreichen noch etwas anderes durch den Einsatz der Vernunft, das genauso wichtig ist; nämlich GERECHTIGKEIT. Vernachlässige den Verstand, und das Konzept der Gerechtigkeit wird von einem Schlägertypen definiert werden, der eine Kamera hat, eine Story und einen Mythos von Gut und Böse, den er ausspielen kann.