Ich hätte jetzt vermutet, dass der eigentliche Skandal, der Grund, warum „VoteBuddy“ für Aufsehen gesorgt hat, der öffentliche Aufruf zur Wahlfälschung (§ 107a StGB) in ca. 8 Millionen Fällen ist — immerhin nur ein Drittel aller Wahlberechtigten. Bereits der Versuch ist strafbar. Aber weit gefehlt, das scheint die ARD weniger zu beunruhigen als „Rechte Seiten zürnen“ (geht ja mal gar nicht), der humorlose Bundeswahlleiter ermittelt einfach so drauf los (da ist er übrigens nicht der Einzige), und dabei war’s doch alles nur „Satire“ (kann ja hinterher jeder behaupten)…
Es hat jetzt wenig Zweck, sich mit dem Artikel als solchem inhaltlich auseinanderzusetzen, da er vom Verfasser vor allem dafür genutzt wird, unbequeme Zeitgenossen von David Berger bis Erika Steinbach runterzumachen und ansonsten sichtlich bemüht ist, das für den Skandal verantwortliche „Künstlerkollektiv“ mit dem urkomischen Namen „Peng!“ in ein positives Licht und zugleich eine Opferrolle zu rücken. Wer den Scheiß lesen will, kann das ja auf eigene Verantwortung selbst machen. Interessant ist, was sich die „Künstler“ bei ihrer Aktion eigentlich gedacht haben:
„Im Gespräch mit dem ARD-Faktenerfinder erklärt Sara Conti von ‚Peng!‘, mit dem ‚VoteBuddy‘ habe die Gruppe darauf aufmerksam machen wollen, dass in Deutschland Millionen Migranten kein Wahlrecht hätten.“
Stopp mal. Eingangs wurde doch behauptet, die Debatte hätte sich daran entzündet, dass „angeblich Migranten“… Nun ging es also im Kern doch darum? Vielleicht hätte der Herr Gensing von der Tagesschau mal seinen eigenen Artikel vor der Veröffentlichung komplett lesen sollen. Nun, wie dem auch sei. Und für diese Erkenntnis musste man eine Straftat begehen? Hätte es nicht ein Leserbrief an die ARD auch getan?
“ ‚Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben, sollten das Recht haben, legal wählen zu können, ohne dafür auf die Hilfe anderer oder auf Rechtsbrüche angewiesen zu sein‘, so Conti. Das Künstlerkollektiv fordert daher ein Wahlrecht für alle Menschen, die mindestens seit einem Jahr in Deutschland leben – unabhängig von der Staatsbürgerschaft.“
Warum? Das ergibt nicht mal Sinn. Warum sollte jeder wählen dürfen, der hier grad zufällig wohnt? Binnen Jahresfrist ist oft nicht mal ein Asylverfahren abgeschlossen. Gut möglich, dass der potentielle Wähler nach dem Urnengang ausreisepflichtig wird und wir müssen dann mit seiner Wahlentscheidung die nächsten Jahre leben, während er im Idealfall gar nicht mehr anwesend ist.
„Conti betont, sonst könnten Millionen Menschen nicht über die Politik mitbestimmen, die sie selbst betrifft – beispielsweise die Arbeits- und Familienpolitik. Über diesen Widerspruch habe man eine Debatte entfachen wollen.“
Wo genau ist hier ein Widerspruch? Und zu welchem sinnvollen Ergebnis sollte so eine Debatte führen? Es gibt ja auch Millionen nicht Wahlberechtigter, die zweifellos und legal ihren Wohnsitz und Lebensmittelpunkt jahrelang in Deutschland haben, die Deutsche sind, die beispielsweise auch von der Familienpolitik betroffen sind — und trotzdem nicht wählen dürfen. Wir nennen sie Kinder. Die dürfen nicht wählen. Wie gemein ist das denn!
Es gibt auch Millionen Menschen, die einen Führerschein besitzen, aber gar nicht Auto fahren. Und es gibt Millionen Menschen, die gerne Auto fahren würden und keinen Führerschein haben. Die finanzieren sogar mit ihren Steuern die Straßen. Warum basteln wir nicht einfach eine Website, wo die sich… merkste selber, Frau Conti, oder? Das ist haarsträubender Stuss und wird nicht dadurch sinnvoller, dass man ihn mit einer illegalen Aktion zu einer Diskussion aufplustert.
Entweder jemand erfüllt die Anforderungen, die für eine bestimmte Handlung erforderlich sind, oder eben nicht. Diese Anforderungen sind ja nicht willkürlich. Das Wahlrecht setzt voraus, dass man halbwegs in der Lage ist, die Konsequenzen seiner Entscheidung abzuschätzen (gut, das würde ich spontan mal den meisten Leuten absprechen, aber darum geht es nicht) und es ist vor allem eines der Privilegien einer Staatsbürgerschaft, die mit Rechten und Pflichten einhergeht. Einfach irgendwo wohnen reicht nicht, auch wenn Frau Merkel das irrtümlich annimmt.
Ganz ehrlich, ich verstehe nicht, was bei solchen Leuten im Kopf vorgeht… Ich habe eine unheilvolle Ahnung, was es sein könnte, aber ich weiß es natürlich nicht mit Sicherheit. Faszinierend an diesem Typus Mitmensch ist allerdings, dass es dabei immer drei Dinge im Paketangebot gibt: Schwachsinnige Idee, grenzwertige bis illegale Umsetzung und natürlich die Täter-Opfer-Umkehr. Und keine Sorge, hier kommt auch schon die unvermeidliche Opferrolle rückwärts:
„Allerdings ging dieser Plan nur teilweise auf. Zwar diskutierten einige Nutzer in den sozialen Netzwerken über die Frage nach dem Wahlrecht für Migranten, die in Deutschland leben – doch es überwog der Hass. So erreichten ‚VoteBuddy‘ zahlreiche Beleidigungen und Morddrohungen. Sara Conti meint, rechte Aktivisten seien im Netz so aktiv und beherrschend, dass sie die Richtung einer Debatte vorgeben könnten.“
War irgendwie klar. „Rechte Aktivisten“ haben sie quasi dazu genötigt, ein illegales Angebot ins Internet zu stellen, nur um sie danach runterputzen zu können. Genial. Komischerweise bekommen solche Gehirnakrobaten dann auch immer bergeweise Morddrohungen (Auf welchem Wege eigentlich? Bis vorhin war nicht mal klar, wer eigentlich hinter der Aktion steckt?). Ganz ehrlich: Heul hier nicht rum, Sara, geh zur Polizei und gut ist. Von der Tagesschau gibts jedenfalls keinen Personenschutz!
Interessant wäre vielleicht noch die Frage, welche Richtung die Debatte denn abseits von „es ist strafbar“ sonst nehmen könnte? Diese Richtung ist vorgegeben. Vom verdammten Strafgesetzbuch. Möglich, dass sich viele „rechte Aktivisten“ wünschen, sie hätten es geschrieben oder könnten es umschreiben, aber ich fürchte, dafür ist gerade Heiko Maas zuständig (SPD). Sozusagen ein ziemlich unbeherrschter linker Aktivist. Und ist das nicht eigentlich ein Grund zur Freude, wenn die Zivilgesellschaft ein derart wachsames Auge auf die Demokratie hat?
Aber juristische Feinheiten sind ohnehin nicht jedermanns Spezialgebiet: „Wegen der Strafanzeigen mache man sich hingegen weniger Sorgen, sagt Conti. Die Künstler hätten die Aktion bereits seit Juli geplant und sich juristisch beraten lassen: ‚VoteBuddy‘ habe keine Stimmen vermittelt und sei eindeutig Satire, mit der man auf die Exklusion von Millionen Menschen bei der Bundestagswahl habe hinweisen wollen.“
Der Bundeswahlleiter ist da zum Glück etwas geerdeter und schrieb auf Twitter: „Bitte umgehend auf der Homepage & dem Twitterkanal deutlich darauf hinweisen oder löschen. Sonst werden Ermittlungen fortgesetzt.“ [2] Da sich mittlerweile ein entsprechender Hinweis versteckt im Impressum der „VomitBuddy“-Seite findet, dürfte davon auszugehen sein, dass das Künstlerkollektiv in nächster Zeit das eine oder andere interessante Nachgespräch mit dem eigenen Rechtsberater führen wird.
Die Ermittlungen gehen übrigens trotzdem weiter, Pech gehabt… 😉
[1] https://www.tagesschau.de/inland/btw17/votebuddy-btw17-fake-101.html
[2] https://mobile.twitter.com/Wahlleiter_Bund/status/906069986896216064