Dass ich viel von Frauke Petry halte, ist kein großes Geheimnis. Ich hätte sie gern als Kanzlerin gesehen. Nicht, dass sie es nicht immer noch werden könnte, aber nach dem heutigen Tag wahrscheinlich nicht mit der Alternative. Den Bonus als „Gesicht der AfD“, der ihr eine gewisse Unangreifbarkeit verliehen hat, dürfte sie spätestens mit diesem Eklat nicht nur in der eigenen Partei nahezu restlos aufgebraucht haben.
Der Wahlkampf ist vorbei. Die Wähler erwarten jetzt zurecht eine starke Opposition und keine personellen Dramen oder Alleingänge. Frauke Petry hat viele Qualitäten. Taktisches Feingefühl und die Gewinnung von Verbündeten sind offenbar keine davon. Führte noch vor einem dreiviertel Jahr praktisch kein Weg an ihr vorbei, was sie sehr wohl wusste, hat sie sich seither fast vollständig in der Partei isoliert.
Ihr eigener Landesverband, der (nicht zuletzt vor allem dank Frauke Petry!) in Sachsen die CDU auf den zweiten Platz verwiesen hat, lud sie nicht einmal zum für Montag angesetzten Treffen ein. Der Plan, die Partei auf ihren Kurs zu bringen, ist nun für alle sichtbar endgültig und krachend gescheitert. Und ob sie nach dem Parteitag im Dezember noch Vorsitzende ist, darf bezweifelt werden.
Ohne nennenswerte eigene Hausmacht und Rückhalt dürfte das Experiment, für die AfD im Bundestag, aber eben nicht in der AfD-Fraktion zu sitzen, einen interessanten Verlauf nehmen. Kaum jemand wird ihr bei diesem Schritt folgen. Und das ist auch ein Teil der Antwort auf die Frage, ob sich die AfD nun spaltet. Ich denke nein. Vielleicht spaltet sie sich von Frauke Petry (oder umgekehrt), aber insgesamt, nein. Das ist die gute Nachricht.
Die schlechte ist: Mit ihr geht der AfD ein großes Talent und eine sympathische Identifikationsfigur verloren. Mich stimmt das traurig. Weil es so unnötig war. Es gab, meiner Meinung nach, nie einen tatsächlichen „fundamental-oppositionellen“ oder einen „realpolitischen“ Kurs, für den man sich hätte entscheiden können (oder gar müssen). Ich weiß nicht, ob sie das tatsächlich geglaubt hat, oder ob dem primär ein machttechnisches Kalkül zugrunde lag. Was immer auch das erwünschte Ergebnis war, der Plan ging nicht auf.
Es ist ein grundlegender Irrtum zu glauben, dass sich die AfD das Wohlwollen der anderen Parteien dadurch erkaufen könnte, indem sie aerodynamischer wird und ihren Forderungen die nötige Schärfe nimmt. Den (potentiellen) Wähler wird es erst recht irritieren. Die Alternative ist durch ihren realpolitischen Kurs zwangsläufig (vorerst) in der Position einer fundamentalen Opposition. Das ist kein Widerspruch, und ihn auflösen zu wollen würde bedeuten, zu einer Art FDP zu werden. Das braucht nun wirklich niemand.
Ja, mag sein, dass sich der eine oder Funktionär gelegentlich im Ton vergreift und (entweder aus Dussligkeit oder mit Hintergedanken) Aussagen tätigt, die mitunter befremdlich wirken. Das hat auch Frauke Petry immer wieder geschafft. Die AfD geht allerdings konsequent wie kaum eine andere Partei gegen schädigendes Verhalten eigener Mitglieder vor. Auch das gehört zur Wahrheit. Darüber hinaus ist jede Art von „Appeasement-Politik“ absolut kontraproduktiv. Nichts, was die AfD tun oder sagen könnte, würde ihre Gegner zufrieden stellen. Nichts.
Wie geht das nun weiter? Ich habe keine Ahnung. Die AfD hat gezeigt, wie viel Potential sie besitzt. Ich hoffe, es gibt einen Weg, die Differenzen zwischen der Partei und ihrer (noch) Vorsitzenden dauerhaft beizulegen. Allerdings, ich sehe ihn derzeit nicht. Dazu müssten vermutlich alle Beteiligten weiter über ihren eigenen Schatten springen, als ihnen lieb ist. Eine AfD ohne Frauke Petry mag ich mir nicht vorstellen. Eine zersplitterte, kleinteilige Opposition allerdings auch nicht.
Daher mein dringender Appell: Bekommt euren Kram auf die Reihe! In der AfD ist Platz genug für unterschiedliche Strömungen und Köpfe. Sie hat die Möglichkeit, ein großes Spektrum an Menschen aus der gesellschaftlichen Mitte, dem liberal-konservativen, dem libertären, dem rechts-nationalen und was weiß ich noch Spektrum demokratisch unter einen Hut zu bekommen. Wir haben einfach keine Zeit mehr für so ein Kasperletheater. Das immerhin haben die etablierten Parteien verstanden:
Der gemeinsame Gegner ist wichtiger als jegliche inhaltliche Differenzen (gut, das ist nicht schwer heutzutage) oder taktische Erwägungen. Es muss nicht jeder jeden lieb haben oder sich von ihm distanzieren. Es geht um die Sache. Sonst nichts.