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Eine Hirnlänge Abstand, bitte.

Köln verteilt Selbstverteidigungs-Armbändchen mit dem Ehrfurcht einflößenden Aufdruck „Respect!“, verwandelt den Bereich um den Dom in einen Hochsicherheitsbereich und verbietet das Feuerwerk gleich komplett. Damit man (bzw. frau) dort „unbeschwert, respektvoll und sicher“ Silvester feiern kann. Ohne Feuerwerk. Silvester. [1]

Inwiefern in lateinischen Buchstaben bedruckte Armbändchen überhaupt von der potentiellen Zielgruppe entziffert (geschweige denn verstanden) werden, ist vielleicht keine ganz abwegige Frage. Das ahnt vermutlich tief in ihrem Inneren auch die Stadt Köln, die es parallel dazu mit der Verteilung von Comic-Bildchen versucht. „Nix fiki fiki“ dürfte sicher den einen oder anderen Sextäter in seinem Weltbild erschüttern.

Sollten die Armbänder entgegen jedem gesunden Menschenverstand tatsächlich Wirkung zeigen, eröffneten sich dadurch ungeahnte Möglichkeiten. Ich denke da beispielsweise an Halsbänder mit dem Aufdruck „Bitte nicht würgen!“. Mich jedenfalls würde sowas nachhaltig irritieren. Gleichzeitiges Lachen und Erdrosseln ist weitaus schwieriger, als man gemeinhin denkt. Entsprechende Bändchen mit der Aufschrift „Muss das sein?“ könnten gar ein Exportschlager für die Krisenregionen dieser Welt werden.

Wie man unter den Augen zahlloser Überwachungskameras und im Schutze eines Polizeiaufgebotes, das jeden G20-Gipfel vor Neid grün anlaufen lässt, „unbeschwert“ feiern kann, weiß vermutlich auch nur Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker — und die hält nicht erst seit 2016 mindestens eine Armlänge Abstand zur Realität. Aber da wir uns unsere Lebensart nicht vermiesen lassen, darf natürlich auch ein anständiges Feu… warte, doch darf es. Es muss sogar. Keine Böllerei an Silvester. Macht Sinn.

Lustig ist das alles schon lange nicht mehr. Wer sich unsere Weihnachtsmärkte anschaut — sofern sie noch nicht umbenannt wurden — versteht langsam, was mit „Deutschland wird am Hindukusch verteidigt“ gemeint sein könnte. Der ist uns zum Glück ein gutes Stück entgegen gekommen, was sich vorteilhaft auf die Reisekasse auswirkt. Die Illusion der vermeintlichen Sicherheit und „Normalität“ zerschellt spätestens an den Betonsperren der Volksfeste, die ansonsten für kaum etwas anderes zu gebrauchen sind.

Es verwundert daher auch nicht mehr wirklich, wenn die politisch Verantwortlichen und Realitätsverweigerer zur Gefahrenabwehr auf Voodoo-Methoden zurückgreifen. Früher haben sich die Leute Amulette gegen böse Geister umgehängt und das hat schließlich auch super funktioniert. Ich befürchte allerdings, dass wir bald ganz andere Sachen aufhängen müssen, um wieder wirklich unbeschwert, respektvoll und sicher leben zu können.

Bis dahin hilft nur eine Hirnlänge Abstand zu Henriette Reker, um wenigstens geistig gesund zu bleiben.

[1] https://www.ksta.de/koeln/silvester-in-koeln-stadt-fordert-respekt—reker-und-polizei-setzen-auf-klare-regeln-29291056

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