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Das Land ohne Muslime

Die Japaner haben nicht das Bedürfnis, sich bei den Muslimen für die negative Art und Weise zu entschuldigen, mit der sie mit dem Islam umgehen.

Dr. Mordechai Kedar, 19.5.2013, jewishpress.com
aus dem Englischen von Daniel Heiniger

Tokio-Moschee, Tokio/Präfektur Tokio, Japan. Bildquelle: Wikimedia Commons

Es gibt Länder auf der Welt, vor allem in Europa, die derzeit infolge der muslimischen Einwanderung einen bedeutenden kulturellen Wandel durchlaufen. Frankreich, Deutschland, Belgien und die Niederlande sind interessante Beispiele für Fälle, in denen sich die Einwanderung aus muslimischen Ländern zusammen mit der hohen Fruchtbarkeitsrate der Muslime auf alle Lebensbereiche auswirkt.

Es ist interessant zu wissen, dass es ein Land auf der Welt gibt, dessen offizieller und öffentlicher Umgang mit der muslimischen Angelegenheit völlig anders ist. Dieses Land ist Japan. Dieses Land hält sich auf allen Ebenen in Bezug auf die muslimische Angelegenheit sehr zurück: Auf der diplomatischen Ebene besuchen hochrangige politische Persönlichkeiten aus islamischen Ländern fast nie Japan, und japanische Führer besuchen selten muslimische Länder. Die Beziehungen zu den muslimischen Ländern beruhen auf Anliegen wie Öl und Gas, die Japan aus einigen muslimischen Ländern importiert. Die offizielle Politik Japans besteht darin, Muslimen, die nach Japan kommen, nicht die Staatsbürgerschaft zu geben, und selbst Genehmigungen für einen dauerhaften Aufenthalt werden Muslimen nur spärlich erteilt.

Japan verbietet es, Menschen zur Annahme der Religion des Islam (Dawah) zu ermahnen, und jeder Muslim, der aktiv den Übertritt zum Islam fördert, wird als Missionar einer fremden und unerwünschten Kultur angesehen. Nur wenige akademische Institutionen unterrichten die arabische Sprache. Es ist sehr schwierig, gedruckte Exemplare des Korans nach Japan zu importieren, und Muslime, die nach Japan kommen, sind normalerweise Angestellte ausländischer Firmen. In Japan gibt es nur sehr wenige Moscheen. Die offizielle Politik der japanischen Behörden ist es, alle Anstrengungen zu unternehmen, um Muslimen die Einreise zu verweigern, auch wenn es sich um Ärzte, Ingenieure und Manager handelt, die von ausländischen Firmen, die in der Region tätig sind, geschickt werden. Die japanische Gesellschaft erwartet von den muslimischen Männern, dass sie bei sich zu Hause beten.

Japanische Unternehmen, die ausländische Arbeitskräfte suchen, weisen ausdrücklich darauf hin, dass sie an muslimischen Arbeitnehmern nicht interessiert sind. Und jeder Muslim, dem es gelingt, nach Japan einzureisen, wird es sehr schwierig finden, eine Wohnung zu mieten. Überall dort, wo ein Muslim lebt, werden die Nachbarn unruhig. Japan verbietet die Gründung islamischer Organisationen, so dass die Einrichtung islamischer Institutionen wie Moscheen und Schulen fast unmöglich ist. In Tokio gibt es nur einen Imam.

Im Gegensatz zu dem, was in Europa geschieht, fühlen sich nur sehr wenige Japaner zum Islam hingezogen. Wenn eine Japanerin einen Muslim heiratet, wird sie von ihrem sozialen und familiären Umfeld als Ausgestoßene betrachtet. Es gibt keine Anwendung der Scharia in Japan. Es gibt in Japan einige Lebensmittel, die nach islamischem Recht halal, also koscher, sind, aber es ist nicht leicht, sie im Supermarkt zu finden.

Die japanische Herangehensweise an Muslime zeigt sich auch an den Zahlen: In Japan gibt es 127 Millionen Einwohner, aber nur zehntausend Muslime, weniger als ein Hundertstel Prozent. Die Zahl der Japaner, die konvertiert sind, wird als gering eingeschätzt. In Japan gibt es einige Zehntausend ausländische Arbeiter, die Muslime sind, hauptsächlich aus Pakistan, die es geschafft haben, als Arbeiter bei Bauunternehmen nach Japan einzureisen. Wegen der negativen Einstellung zum Islam halten sie sich jedoch zurück.

Für diese Situation gibt es mehrere Gründe:

Erstens neigen die Japaner dazu, alle Muslime als Fundamentalisten in einen Topf zu werfen, die nicht bereit sind, ihre traditionelle Sichtweise aufzugeben und moderne Denk- und Verhaltensweisen anzunehmen. In Japan wird der Islam als eine seltsame Religion wahrgenommen, die jeder intelligente Mensch vermeiden sollte.

Zweitens haben die meisten Japaner keine Religion, stattdessen sind Verhaltensweisen, die mit der Shinto-Religion zusammen mit Elementen des Buddhismus verbunden sind, in die nationalen Sitten und Gebräuche integriert. In Japan ist die Religion mit dem nationalistischen Konzept verbunden, und es gibt Vorurteile gegenüber Ausländern, ob sie nun Chinesen, Koreaner, Malaysier oder Indonesier sind, und auch die Westler entgehen diesem Phänomen nicht. Es gibt diejenigen, die dies als „entwickelten Sinn für Nationalismus“ bezeichnen, und es gibt diejenigen, die dies als „Rassismus“ bezeichnen. Es scheint, dass keines von beiden falsch ist.

Und drittens lehnen Japaner das Konzept des Monotheismus und den Glauben an einen abstrakten Gott ab, weil ihr Weltbild offenbar mit dem Materiellen verbunden ist, nicht mit dem Glauben und den Emotionen. Es scheint, dass sie das Judentum mit dem Islam in einen Topf werfen. Das Christentum existiert in Japan und wird nicht negativ betrachtet, anscheinend weil das in Japan wahrgenommene Jesusbild den Bildern von Buddha und Shinto ähnelt.

Das Interessanteste an Japans Herangehensweise an den Islam ist die Tatsache, dass die Japaner nicht das Bedürfnis verspüren, sich bei den Muslimen für die negative Art und Weise zu entschuldigen, mit der sie mit dem Islam umgehen. Sie unterscheiden klar zwischen ihrem wirtschaftlichen Interesse an den Öl- und Gasressourcen aus muslimischen Ländern, was Japan dazu verpflichtet, gute Beziehungen zu diesen Ländern zu unterhalten, und den japanischen nationalistischen Standpunkten, die den Islam als etwas sehen, das für andere, nicht für Japan, geeignet ist, und deshalb müssen die Muslime draußen bleiben.

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