Die sudanesische Übergangsregierung hat sich mit den Rebellengruppen auf ein Abkommen geeinigt, das 30 Jahre Herrschaft unter islamischem Recht und dem Islam als offizieller Staatsreligion beendet
7.9.2020, Middle East Monitor.com
aus dem Englischen von Daniel Heiniger
Die sudanesische Übergangsregierung hat sich mit den Rebellengruppen auf ein Abkommen geeinigt, das die 30-jährige Herrschaft nach islamischem Recht und den Islam als offizielle Staatsreligion beendet.
Premierminister Abdalla Hamdok und der Führer der Sudanesischen Volksbefreiungsbewegung im Norden (SPLM-N), Abdelaziz Al-Hilu, unterzeichneten das Abkommen am Donnerstag in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba.
„Der Staat soll keine offizielle Religion einführen“, heißt es in dem Abkommen. „Kein Bürger darf aufgrund seiner Religion diskriminiert werden. Damit der Sudan ein demokratisches Land wird, in dem die Rechte aller Bürger verankert sind, sollte die Verfassung auf dem Prinzip der ‚Trennung von Religion und Staat‘ beruhen, in Ermangelung dessen das Recht auf Selbstbestimmung respektiert werden muss“.
Die Entwicklung kommt einige Tage, nachdem die Regierung ein Friedensabkommen mit einer Koalition von Rebellengruppen der Sudanesischen Revolutionären Front in Juba im Südsudan vereinbart hat. Die endgültige Unterzeichnung des Abkommens ist für nächsten Monat geplant, wenn auch die Hoffnung besteht, dass die Konflikte in der Region Darfur und in anderen Teilen des Landes ebenfalls ein Ende finden könnten.
Die von den sudanesischen Behörden unternommenen Schritte sind die jüngsten Versuche, drei Jahrzehnte Schariah-Gesetz, das unter der Herrschaft von Omar Al-Bashir implementiert wurde, abzuschaffen. Er wurde im vergangenen April nach monatelangen regierungsfeindlichen Protesten in der Hauptstadt Khartum vom Militär gestürzt. Eine Interimsverfassung, die jeglichen Verweis auf die Schariah als wichtigste Rechtsquelle im Sudan ausschloss, wurde im August letzten Jahres unterzeichnet.
Al-Bashir kam 1989 durch einen Militärputsch an die Macht, der von Hassan Al-Turabi, dem Führer der wichtigsten islamistischen Bewegung des Landes, der die strikte Umsetzung des islamischen Rechts überwachte, orchestriert wurde. Unter der neuen Führung kommt der Sudan aus der internationalen Isolation heraus, nachdem er seit 1993 auf der US-Liste der staatlichen Sponsoren des Terrorismus stand und bis 2017 mit Sanktionen belegt ist.
Es wird berichtet, dass die USA neben anderen Reformen die Streichung des Sudans von der Liste von der Normalisierung der diplomatischen Beziehungen zu Israel abhängig gemacht haben. Trotz des Widerstands gegen die Normalisierung wurde im vergangenen Monat bekannt, dass sich der israelische Mossad-Chef mit einem sudanesischen Spitzenbeamten in den VAE getroffen hat.
Während die Reformen von Menschenrechtsaktivisten begrüßt wurden, berichtet die Epoch Times, dass sie von islamistischen Parteien im Land, darunter die Popular Congress Party (PCP), öffentlich kritisiert wurden. „Es ist klar, dass diese Regierung, die dem Westen gehorcht, eine vollständige Säkularisierung des Landes anstrebt, was gegen unsere Werte und unsere Religion verstößt“, betonte die PCP.