Die libanesische Terrorgruppe bräuchte keine Hilfe aus Syrien oder dem Iran, um rudimentäre chemische Sprengköpfe zu bauen, so die Verteidigungsforschungseinrichtung The Alma Center.
Yaakov Lapin, 28. November 2022, JNS.org
aus dem Englischen von Daniel Heiniger
Am 20. November veröffentlichte die saudische Nachrichten-Website Al-Hadath einen Bericht, in dem behauptet wurde, dass der Iran Raketen mit chemischen Sprengköpfen an die Hisbollah im Libanon liefern wolle.
Dem Bericht zufolge sind die Raketen in der Region Masyaf im Nordwesten Syriens gelagert und sollen über das Beka’a-Tal nach Al-Qusayr im Westen des Landes und anschließend in die Region Bint Jbeil im Südlibanon gebracht werden.
Denjenigen, die Israels Kampagne gegen iranische Aktivitäten in Syrien verfolgen, könnte der Name Masyaf bekannt vorkommen. Am 25. August berichteten internationale Medien, dass eine Einrichtung in Masyaf, die dem Zentrum für wissenschaftliche Studien und Forschung (SSRC), besser bekannt unter seinem französischen Namen CERS, gehört, von einem Luftangriff getroffen wurde.
Nach Ansicht von IDF-Major (a.D.) Tel Beeri, Leiter der Forschungsabteilung des auf Syrien und den Libanon spezialisierten Alma-Zentrums, sind die Behauptungen des Berichts über den Schmuggel von Chemiewaffen zwar mit Vorsicht zu genießen, aber das Szenario, dass die Hisbollah rohe chemische Sprengköpfe einsetzt, ist keine Fantasie.
„Das in dem Bericht [Al Hadath] beschriebene geografische Gebiet … ergibt Sinn. Das ist das Gebiet des iranischen Landkorridors, über den Waffen nach Syrien und in den Libanon geschmuggelt werden“, sagte Beeri. Dennoch, so Beeri weiter, ist Al-Hadath eine saudische Medienplattform, deren Informationsquellen fragwürdig sind. Es ist auch bekannt, dass die saudischen Behörden Al-Hadath dazu benutzen, Material zu verbreiten, um Einfluss zu gewinnen.“
Dennoch könne die Hisbollah durchaus Raketen zusammenbauen, die den leicht verfügbaren chemischen Stoff Chlor verwenden, sagte er. Die Hisbollah müsste kein Chlor aus Syrien in den Libanon schmuggeln, bemerkte er.
„Wir reden hier nicht über Senfgas oder Sarin. Chlor wird üblicherweise in der zivilen Industrie verwendet“, sagte Beeri. „Es ist kein Hexenwerk, es in Granaten oder Raketen einzusetzen.“
Während des syrischen Bürgerkriegs setzte der Islamische Staat in Syrien Chlorgas ein. Wenn es mit dem menschlichen Körper in Berührung kommt, verursacht es chemische Verbrennungen und kann in einigen Fällen auch zum Ersticken führen.
„Was Chlor anrichtet, kann man an dem Industrieunfall sehen, der sich im Juni dieses Jahres im jordanischen Hafen Akaba ereignete. Ein Chlorbehälter explodierte, und innerhalb von Sekunden verbreitete sich die Chemikalie, wobei 12 Menschen starben und 250 verletzt wurden“, so Beeri.
„Dies ist eine einfache und rudimentäre Taktik, aber sie hat das Potenzial, Schaden anzurichten“, fügte er hinzu.
Das syrische Militär habe während seines Krieges gegen die Rebellen in Duma im April 2018 und in Idlib im September 2018 Chlor in Granaten und Raketen sowie in Fassbomben aus Hubschraubern abgeworfen, sagte Beeri.
„Die Hisbollah braucht dafür keine Unterstützung aus Syrien“, fügte er hinzu.
„Wir können nicht ausschließen, dass die Hisbollah im nächsten Konflikt mit Israel taktisch chemische Waffen einsetzen wird. Der wahrscheinlichste Kandidat ist Chlor. Sollte dies der Fall sein, wird es sich wahrscheinlich um einen begrenzten Einsatz handeln, sei es durch Granaten oder Raketen, wenn die Hisbollah mit dem Rücken zur Wand steht“, erklärte er.
Die wahrscheinlichsten Ziele wären laut Beeri Einheiten der israelischen Verteidigungskräfte, die im Libanon manövrieren, sowie an der Grenze stationierte Kräfte. „Die Ausrede wäre, dass es zur Verteidigung des Libanon eingesetzt wird“, sagte er.
Das Ziel eines solchen letzten Mittels wäre es, Angst vor der Hisbollah einzujagen und ihr ein Bild des Sieges zu vermitteln, denn sie ist sich wahrscheinlich bewusst, dass ein solcher Angriff schwere und möglicherweise beispiellose israelische Vergeltungsmaßnahmen auslösen würde.
Die israelische Heimatfront werde wahrscheinlich nicht angegriffen, so Beeri.
„Die Hisbollah ist ideologisch radikal und auf die Zerstörung Israels ausgerichtet, aber sie ist nicht dumm. Daher wäre der Einsatz solcher Waffen auf die Bewegungen der IDF beschränkt“, sagte er.
Die IDF ihrerseits müssten möglicherweise ein Szenario in Betracht ziehen, in dem die Hisbollah in ihrer Not chemische Substanzen gegen ihre Streitkräfte einsetzen könnte, und dieses Szenario rechtfertige Vorbereitungen.