Micha Danzig, 17. November 2025, algemeiner.com
aus dem Englischen von Martin Christen
Stoppt den Völkermord, rettet die Kinder von Gaza – Demonstration vom 28. Oktober 2023 (Foto: rajatonvimma /// VJ Group Random Doctors, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons)
Seit einigen Wochen erhalte ich regelmäßig Hassnachrichten, in denen ich als „Eichmann mit Kippa“ beschimpft werde. Diese Phrase taucht in wütenden Tiraden anonymer Accounts auf – oft von Personen, die sich offenbar als jüdische Frauen ausgeben, die sich für meine Verteidigung Israels „schämen“. Das Muster bleibt immer gleich: Israel ist Nazideutschland, Zionisten sind Faschisten, und die israelische Armee begeht „Völkermord“.
Die Wortwahl mag neu klingen. Der Hass ist es nicht. Diese moralische Verdrehung – die Nachkommen von Flüchtlingen und Überlebenden von Pogromen und Völkermorden zu Erben ihrer Mörder zu machen – ist einer der ältesten Tricks des Antisemitismus, neu interpretiert für die moderne Politik.
Die Verleumdung wegen „Völkermords“ ist weit älster als der 7. Oktober.
Die Behauptung, Israel begehe „Völkermord“, entstand nicht erst nach dem 7. Oktober 2023. Auch nicht während der Gaza-Kriege 2008 oder 2014. Sie ist Jahrzehnte alt – Teil einer Propagandakampagne, die dem aktuellen Krieg lange vorausging.
Nur wenige Stunden nach dem Massaker der Hamas am 7. Oktober und noch bevor Israel einen einzigen Vergeltungsschuss abgab, skandierten Demonstranten von London bis Los Angeles bereits „Völkermord“. Der Vorwurf war nicht provoziert, sondern im Vorfeld angelegt – er wartete nur darauf, in die folgenden Ereignisse hineingezogen zu werden.
Seine Wurzeln reichen bis in die 1970er-Jahre zurück, als die Propaganda der Sowjetunion und der arabischen Liga Israel als „die neuen Nazis“ brandmarkten. Staatlich kontrollierte Medien in Moskau, Kairo und Damaskus instrumentalisierten Holocaust-Bilder gegen den jüdischen Staat und deuteten das jüdische Überleben als jüdische Vorherrschaft um.
In den 1980er Jahren war „zionistischer Völkermord“ ein gängiger Slogan – obwohl die palästinensische Bevölkerung in Gaza und Judäa und Samaria schneller wuchs als fast jede andere Region der Welt.
Allein die Bevölkerungszahlen hätten diese Behauptung widerlegen müssen. Doch es ging nie um Demografie oder Beweise. Es ging um Dämonisierung – die Darstellung der jüdischen Souveränität selbst als moralisches Vergehen.
Warum „Israel = Nazis“ antisemitisch ist
Die Arbeitsdefinition von Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) führt ausdrücklich den Vergleich der aktuellen israelischen Politik mit derjenigen der Nazis als antisemitisch auf. Das ist keine Zensur, sondern moralische Klarheit.
Israel mit Nazi-Deutschland gleichzusetzen, entweiht das jüdische Andenken und leugnet das Recht der Juden auf Selbstverteidigung. Es instrumentalisiert den Holocaust für politische Zwecke, entzieht Juden ihre moralische Legitimität und stilisiert ihre Souveränität und ihr Überleben zu Verbrechen.
Deshalb häufen sich diese Vergleiche immer dann, wenn Israel sich zur Wehr setzt. Es handelt sich nicht um moralische Kritik, sondern um psychologische Projektionen – Versuche, die kollektive jüdische Selbstverteidigung als Verkörperung des Bösen darzustellen.
Der Fehlschluss des Autoritätsarguments
Wenn herausgefordert, greifen diejenigen, die die „Genozid“-Verleumdung verbreiten, typischerweise auf das zurück, was Aristoteles als Autoritätsargument bezeichnete. Sie führen verschiedene Akademiker und NGOs an – die Internationale Vereinigung der Völkermordforscher, UNO-Kommissionen und andere selbsternannte Schiedsrichter – als ob ein Zitat gleichbedeutend mit Wahrheit wäre.
Keine dieser Institutionen ist eine glaubwürdige Justizbehörde. Viele sind aktivistisch geprägt und politisch voreingenommen. Der UNO-Menschenrechtsrat hat Israel häufiger verurteilt als alle anderen Nationen zusammen, einschließlich Iran, China und Nordkorea. Selbst der stark politisierte Internationale Gerichtshof hat keinen Völkermord festgestellt – lediglich Verfahrensentscheidungen getroffen, die es Südafrika ermöglichten, das Verfahren fortzusetzen.
Und selbst diese Argumente halten einer genauen Prüfung nicht stand. Vor dem 7. Oktober war die Behauptung, es habe sich um Völkermord gehandelt, absurd: Israel hatte sich 2005 aus dem Gazastreifen zurückgezogen und ihn unter palästinensischer Herrschaft zurückgelassen, obwohl sich die Bevölkerung des Gazastreifens verdoppelt hatte.
Nach dem 7. Oktober bezeichneten dieselben Aktivisten den Krieg der Hamas – der mit barbarischen Massenmorden und Geiselnahmen begann – als „israelischen Völkermord“. Dabei ignorierten sie das zentrale Element des Völkermords: die Absicht.
Israels Vorgehen zeigt die gegenteilige Absicht – die Absicht, zivile Opfer zu vermeiden. Es gibt Evakuierungswarnungen heraus, öffnet humanitäre Korridore, koordiniert Hilfslieferungen und riskiert das Leben von Soldaten bei Bodenoperationen, um Zivilisten zu schützen. Keine Nation in der Geschichte, die des Völkermords beschuldigt wird, hat jemals so gehandelt.
Die ethische Realität
Wenn Völkermord die Absicht zur Vernichtung eines Volkes voraussetzt, dann erfüllen die Hamas und ihr Unterstützer Iran diese Definition weitaus besser als Israel.
Die Charta der Hamas fordert die Ausrottung der Juden weltweit. Ihre Anführer prahlten damit, dass der 7. Oktober „nur der Anfang“ gewesen sei, und schworen, dies „immer und immer wieder zu wiederholen“.
Irans Oberster Führer, Ayatollah Khamenei, erklärt seit Langem, Israel müsse „von der Landkarte getilgt“ werden, während er gleichzeitig die Hamas, die Hisbollah und die Huthis bewaffnet – allesamt Gruppen, die Israels Vernichtung geschworen haben.
Im Gazastreifen versteckt sich die Hamas in Krankenhäusern und Schulen, feuert Raketen aus Wohngebieten ab und missbraucht die eigene Zivilbevölkerung als menschliche Schutzschilde. Sie besitzt sogar Uniformen für Paraden, aber nicht für den Kampf – sie kämpft absichtlich in Zivilkleidung, um die eigene Bevölkerung zu gefährden. Die Hamas hat über 700 Kilometer Tunnel gebaut, nicht um Zivilisten zu schützen, sondern um ihre Kommandeure zu beherbergen und Waffen zu lagern. Wenn Gaza-Bewohner versuchen, in von Israel eingerichtete Schutzzonen zu fliehen, blockiert oder attackiert die Hamas sie oft, um die Zahl der zivilen Opfer zu erhöhen.
Dies ist keine Befreiungsbewegung. Es ist ein faschistischer Todeskult, der vom Leid der Zivilbevölkerung profitiert. Jeder palästinensische Todesfall wird zur Propaganda der Hamas.
Israel hingegen investiert Milliarden in die Verteidigung – in Bunker, das Raketenabwehrsystem Iron Dome und Präzisionswaffen – und wird dennoch als Völkermörder verurteilt, weil es sich weigert, vor den offen völkermörderischen Kräften zu kapitulieren, die der Iran um das Land herum bewaffnet und finanziert hat.
Wäre der Begriff „Völkermord“ ehrlich angewendet worden, hätte er für Syrien verwendet werden müssen, wo über eine halbe Million Nicht-Alawiten getötet wurden, oder für Jemen, Sudan und Äthiopien, wo Hungersnot und ethnische Massaker tatsächlich völkermörderische Ausmaße annehmen. Doch dieselben NGOs und Akademiker, die am lautstärksten von „Israels Völkermord“ sprechen, schweigen angesichts dieser Gräueltaten weitgehend. Ihre Empörung steht nicht im Verhältnis zum Leid – sie steht im Verhältnis zur jüdischen Souveränität.
Der psychologische Trost der Lüge
Der Vorwurf des „Völkermords“ hält sich hartnäckig, weil er zwei Bedürfnisse befriedigt.
Erstens beruhigt er diejenigen, die sich nach moralischer Einfachheit sehnen. Zuzugeben, dass Hamas und Iran faschistische Aggressoren sind, hieße anzuerkennen, dass das Böse auch außerhalb des Westens existiert – und dass Juden erneut dessen Zielscheibe sind.
Zweitens beschwichtigt er diejenigen, die Israels Existenz ablehnen – die es hassen, dass Juden „Nie wieder!“ ernst genommen und einen blühenden demokratischen Staat errichtet haben, um dies zu gewährleisten. Die Verleumdung stellt die von ihnen bevorzugte moralische Hierarchie wieder her: Juden entweder als Bösewichte oder als Opfer, aber niemals als Verteidiger.
Israel als „naziähnlich“ zu bezeichnen, lässt diese selbstgerechten Moralapostel sich im Recht fühlen, ohne etwas zu lernen. Es verkehrt Ignoranz in Empathie und Hashtags in Heldentum.
Die Kontinuität antisemitischer Stereotype
Von „Christusmördern“ zu „Babymördern“, von „Brunnenvergiftern“ zu „Völkermördern“ – der Vorwurf selbst bleibt derselbe, nur die Wortwahl ändert sich.
Nun kursiert neben dem Begriff „Völkermord“ eine neue Verleumdung: „Völkermordleugner“. Jeder, der Israel verteidigt oder die Opferzahlen der Hamas infrage stellt, wird als „Völkermordleugner“ gebrandmarkt, als ob die Zweifel an der Hamas-Propaganda gleichbedeutend mit der Leugnung des Holocaust wären. Das ist keine moralische Argumentation. Das ist moralischer Sadismus.
Was wir hier erleben, ist keine politische Debatte, sondern ein Krieg um die moralische Wahrheit. Die eine Seite hält jüdische Souveränität und Selbstverteidigung für Rechte; die andere für Verbrechen.
Der Hass, der niemals stirbt
Wer Israel des „Völkermords“ bezichtigt, verteidigt nicht die Menschenrechte. Er steht in der Tradition antisemitischer Umdeutung – von mittelalterlichen Ritualmordlegenden bis hin zu sowjetischer Propaganda – die nun als „Gerechtigkeit“ neu verpackt wird.
Es sollte selbstverständlich sein: Israel ist nicht Nazideutschland. Es ist die lebendige Widerlegung Nazideutschlands – eine pluralistische Demokratie, in der Juden, Muslime, Christen und Drusen, Männer wie Frauen, volle Bürgerrechte genießen und deren Armee mehr zur Verhinderung ziviler Opfer beiträgt als jede andere Armee in der Geschichte.
Die „Völkermord“-Verleumdung sagt weniger über Israel aus als über diejenigen, die sie glauben müssen. Denn die Wahrheit zu akzeptieren – dass jüdische Selbstverteidigung und Souveränität keine Verbrechen sind – würde bedeuten, sich einem uralten Hass zu stellen, den sie nicht loslassen können.
Und dieser Hass, so lehrt die Geschichte, stirbt nie. Er ändert nur seine Ausdrucksweise.
Micha Danzig ist Rechtsanwalt, ehemaliger Soldat der israelischen Armee und ehemaliger Polizist des NYPD. Er publiziert regelmäßig zu Israel, Antisemitismus und jüdischer Geschichte und ist Vorstandsmitglied von Herut North America.