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Diese seltsame Besessenheit, die die Wahrnehmung von Israel verzerrt

Yiftah Curiel, 12.3.2015, The Jewish Chronicle Online

Die Webseiten des Guardian Middle East für den 25. und 26. Februar

In seinem Buch Wissenschaft der Logik untersucht der deutsche Philosoph Friedrich Hegel den Übergang von Quantität zu Qualität – das heisst, den Moment, wenn ein gradueller quantitativer Prozess eine signifikante qualitative Änderung produziert.

Die Begriffe Quantität und Qualität sind zentral für das Verständnis der Wirkung der Medienabdeckung Israels auf die Art, wie das Land gesehen wird.

Nehmen wir zum Beispiel den Guardian: Die Homepage der Zeitung für den mittleren Osten und Nordafrika (die also vermutlich mehr als 30 Länder abdeckt) enthält gewöhnlich ungefähr 13 bis 15 Newsartikel.

Am 25. bis 26. Februar waren sechs dieser Artikel Berichte über Israel oder Gaza, während drei von sieben Fotos auf der Homepage diese Artikel illustrierten.

Ein flüchtiger Blick auf das Layout der Seite offenbart ihre Weltsicht: Eine Analyse mit dem Titel „Ist Netanyahu darauf aus, den Krieg mit dem Iran zu schüren?“ bereitet die Bühne vor, und falls jemand einen Beweis für Israels Kriegshetze brauchte, drei Stücke über Gaza sind im Angebot, alle fokussieren auf humanitäre Aspekte des Konflikts letzten Sommer. Ein Stück über Hilfsorganisationen sagt, Israel habe Gaza bombardiert, „mit der Behauptung, dass es auf Raketenangriffe der Hamas reagiere.“ Wer weiss, vielleicht waren die 4300 Raketen, die Hamas auf Israel im Sommer abfeuerte, eine israelische Erfindung, ein schlauer Plan, um Gaza völlig grundlos zu bombardieren.

Ein zweites Stück über britische Ärzte zu Besuch in Gaza schafft es, auf mehr als 1’200 Wörtern das Wort „Hamas“ nicht ein einziges Mal zu erwähnen, dafür macht es unbewiesene Anschuldigungen, wie etwa dass Israel das Gaza-Kraftwerk bombardiert habe (eine Aussage, die nach einer Beschwerde an das Blatt korrigiert wurde).

Wenn der Leser sich für das mutmassliche Opfer des Krieges interessieren sollte, den Israel beginnen will, braucht er nicht zu verzweifeln. Iran erscheint auf der Homepage – das Land, das derzeit unter vom Sicherheitsrat verordneten Sanktionen steht für die Entwicklung von Kernwaffen, das Homosexuelle an Kränen aufhängt und Blogger in Gefängnisse steckt, sowie zahlreiche Terrorgruppen sponsert, ist mit einer touristischen Foto-Tour von einem historischen Viertel Teherans vertreten.

Das ist leider noch nicht alles. Im Rahmen der gemeinsamen Guardian / Al-Jazeera Artikel durchgesickerter Geheimdienstinformationen wird uns gesagt, dass Israels Geheimdienst Mossad plante, wasserverschlingende Pflanzen einsetzen wollte, um den Nil auszutrocknen und Ägypten zu bedrohen (Israels enger Verbündeter im Kampf gegen die Terroristen auf dem Sinai).

Anstatt diese Meldung als die abwegigen Verschwörungstheorien zu melden, die sie sind, gibt das Stück ihnen Glaubwürdigkeit mit der Feststellung, dass „es wahr oder absurd sein könnte“.

Ich dachte immer, der Journalismus bestehe in der Unterscheidung zwischen diesen beiden, und die Berichterstattung aus dem „wahren“ Teil, aber anscheinend sind die Regeln bei der Berichterstattung über Israel.

Die Wahrheit ist, dass die schiere Menge der schiefen Berichterstattung über Israel eine qualitative Delle leistet, wie das Land wahrgenommen wird. Ein Fehler kann korrigiert werden, eine fehlerhafte Analyse kritisiert und eine Halbwahrheit läuft Gefahr, lächerlich gemacht zu werden; aber es scheint, dass, wenn Sie genug von diesen nebeneinander platzieren, sie sich in etwas anderes verwandeln, das nicht mehr von Fakten oder auch dem gesunden Menschenverstand gebunden ist. Wenn Sie glauben, Israel bombardiere Gaza ohne Grund, und dass der Raketenbeschuss durch die Hamas nur „eine israelische Behauptung“ sei, dann glauben sie wahrscheinlich auch die Geschichte der wasserfressenden Pflanzen.

Aber vielleicht ist der breitere Punkt hier nicht die Parteilichkeit oder verzerrten Berichte, sondern die einfache, schiere Menge der Berichterstattung.

Wenn mehr als ein Drittel der Nachrichten aus dem Nahen Osten (nicht gerade eine ereignislose Region) auf einer einflussreichen Website aus Berichterstattung über Israel besteht, ist es nicht Zeit, zu verstehen, dass eine bewusste Wahl gemacht wird, zu diktieren, was wir wissen, denken und fühlen sollen über den Nahen Osten?

Wie sollen wir diese selektive Berichterstattung betrachten? Die medizinische Wissenschaft hat einen Namen für „zwanghafte, oft unvernünftige Idee oder Emotion“ – es heisst Obsession.

Yiftah Curiel ist ein Sprecher der israelischen Botschaft in London

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