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10 Dinge, die Sie nicht über den israelisch-arabischen Konflikt wussten

Oren Cahanovitc, Oktober 2015, TravelingIsrael.com

Als Reiseleiter in Israel spreche ich über Geschichte, Religion, die Wüste, und alles, was Israel zu bieten hat. Aber es ist immer ein grosser Elefant im Raum – der israelisch-arabische Konflikt. Manchmal denke ich, dieses Thema ist interessanter als jedes andere. Hier habe ich versucht, die wichtigsten Erkenntnisse, die ich von Hunderten von Gesprächen zu diesem Thema gewonnen habe, zusammenzufassen.

Der israelisch-arabische Konflikt ist kleiner als man denkt

Wenn Sie versuchen, den folgenden Satz zu vervollständigen: „Der israelisch-arabische Konflikt ist wichtig, weil …“, werden Sie entdecken, dass Sie keine Antwort haben. Der Konflikt ist einer der kleinsten der Welt. Israel ist ein kleines Land ohne strategische Bedeutung. Es gibt kein Öl in Israel oder in den Ländern rund um Israel, ausser in Syrien. Der einzige Grund, warum Sie von Israel hören, ist, dass genug Leute entschieden haben, dass es wichtig ist, aber es gibt keinen objektiven Grund. Jeder Augenblick, den Sie sich mit diesem Konflikt befassen, ist ein Augenblick, in dem Sie sich nicht mit den wirklich grossen und wichtigen Problemen befassen, wie China, eine Diktatur mit über einer Milliarde Menschen, die auch die grösste Volkswirtschaft der Welt ist; der blutige und scheinbar unlösbare Konflikt in Syrien; und der Völkermord, der im Sudan stattfindet.

Die Medien der Welt sind besessen von Israel

Das Medium ist die Botschaft. Normalerweise, je näher und je dramatischer das Ereignis, desto höher die Chancen, dass Sie davon in den Medien hören. Diese Regel gilt nicht für den israelisch-arabischen Konflikt. Der kleinste Zwischenfall in Israel macht sofort Schlagzeilen in der ganzen Welt. Hier ist eine wichtige Tatsache im Auge zu behalten: In mehr als 100 Jahren von Konflikten haben rund 25’000 Palästinenser ihr Leben verloren. In der arabischen Welt haben mehr als 15 Millionen Menschen ihr Leben allein in den letzten 50 Jahren verloren. Sie hören viel weniger über sie oder die Millionen, die in Afrika getötet werden (oder die rund 80 Prozent der Weltbevölkerung, die unter totalitären Regimen lebt). Einer der Gründe dafür ist, dass es sehr einfach ist, in Israel als Auslandskorrespondent zu arbeiten. Es gibt eine moderne Infrastruktur, Redefreiheit, und Journalisten fühlen sich dort sicher. Die Palästinenser fühlen sich auch sicher. Beachten Sie, dass die Palästinenser niemals anonym sprechen oder ihre Gesichter verdecken, wie das Menschen tun, wenn sie die Behörden fürchten. Israel, wie alle Länder, ist nicht perfekt, aber es ist sehr wichtig, sich daran zu erinnern, dass auch das Recht, sich gegen die Regierung zu beschweren, ein Privileg ist, das nur wenige Menschen in unserer Welt geniessen können.

Es ist absurd, aber die europäischen Medien berichten mehr über Israel, als über die Beteiligung Europas im Irak und in Afghanistan. Hier ist ein interessantes Beispiel. 2011 hat die britische Zeitung The Guardian Israel mehr als 1000-mal erwähnt. In diesem Jahr starben 115 Palästinenser, die meisten von ihnen Terroristen. Der Irak wurde 504 mal erwähnt, obwohl mehr als 4’000 Iraker getötet wurden, viele von ihnen in Zwischenfällen mit britischen Soldaten.

Diese Besessenheit ist auch in der akademischen Welt weit verbreitet. Heute gibt es mehr Kurse, Seminare, Bücher und Foren über diesen Konflikt als über jeden anderen Konflikt.

Die Bedingungen für die Palästinenser sind gut

Viele bekannte Leute kritisieren Israel. José Saramago, der Nobelpreisträger; Roger Waters, Mitbegründer von Pink Floyd, und andere berühmte Leute haben das, was die Israelis tun, mit den Nazis verglichen. Hier sind einige Fakten, die das Gegenteil beweisen. Die Lebenserwartung in Judäa, Samaria und im Gazastreifen im Jahre 1967 (dem Jahr, als Israel diese Gebiete besetzte) war 48 Jahre. Heute beträgt sie mehr als 75 Jahre – mehr als alle arabischen Länder um Israel herum. Im Jahre 1967 war die Kindersterblichkeit höher als 150 von 1’000 Geburten. Heute ist sie weniger als 19. Die Palästinenser sind die gebildetsten Araber im Nahen Osten und Nordafrika. Im Jahr 1967 gab es keine Universitäten in Judäa und Samaria. Heute gibt es dort 11 Universitäten und 13 Fachhochschulen. Im Jahr 1967 hatten nur 4 arabische Siedlungen fliessendes Wasser. Heute verfügen mehr als 640 darüber. (In Amman, der Hauptstadt von Jordanien, nur zehn Kilometer entfernt, gibt es nur einen Tag pro Woche fliessendes Wasser). Nach Angaben der Weltbank haben die Palästinenser viermal mehr Hilfe erhalten, als Europa aus dem Marshall-Plan nach dem Zweiten Weltkrieg. Jeder Teilnehmer meiner Touren wusste, dass die Vereinigten Staaten Israel unterstützen. Aber keiner von ihnen wusste, dass die Palästinenser mehr Hilfe aus den Vereinigten Staaten, der Europäischen Union, Japan, den arabischen Ländern und den Vereinten Nationen erhalten, als alle anderen Menschen auf der Welt.

Der Staat Israel wurde nicht als Entschädigung für den Holocaust gegründet

Die Vorstellung, dass die Welt so schockiert war durch den Holocaust, dass sie den Juden ein Land gab, ist naiv. Das ist nicht die Art und Weise, wie die Weltpolitik arbeitet. Zu der Zeit des Zweiten Weltkrieges gab es bereits eine halbe Million Juden mit einem nationalen Bewusstseins und mit allen Einrichtungen, die ein Land so hat – Bildung, Gesundheit, politische Systeme, und so weiter. Die Gründung des Staates Israel, wie die Einrichtung von Dutzenden von Ländern, hatte mehr mit dem Zweiten Weltkrieg selbst zu tun. Nach jedem Weltkrieg gibt es eine neue Weltordnung. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden eine Reihe von Ländern gegründet – wie Jugoslawien (1918), Polen (1918), die Tschechoslowakei (1918), Finnland (1917) und die Türkei (1923). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden viele Länder gegründet – wie Jordanien (1946), Syrien (1946), Indien (1947), Pakistan (1947), Israel (1948) und Korea (1948). Nach dem Kalten Krieg, der sich auf der ganzen Welt abgespielt hatte, wurden auch viele Länder etabliert – wie Kroatien (1991), Georgien (1991), Estland (1991) und die Republik Moldau (1991).

Israel wurde in der Welle der Länder, die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurden, gegründet. Die meisten der Länder des Nahen Ostens wurden auf französischen und britischen Territorien etabliert, die sie nach dem Krieg verloren hatten.

Israel wurde nicht auf gestohlenem palästinensischem Boden gegründet

Viele denken, dass es ein palästinensisches Territorium gab, und dann kamen die Juden und nahmen ihnen ihr Land weg. Dem ist nicht so. Der Name Palästina stammt von dem Wort „Pleshet“, was nach der hebräischen Bibel ein altes Volk ist, das wahrscheinlich von der griechischen Insel Kreta herkam und sich an der südlichen Küste des Landes Israel niederliess. Der Name Pleshet oder Philister war nicht üblich, bis der römische Kaiser Hadrian beschloss, die Juden wegen des Bar-Kochba-Aufstand zu bestrafen, und im Jahre 135 den Namen von Jerusalem zu Aelia Capitolina sowie den Namen von Judäa auf Syrien Palestina änderte. Der Name wurde nicht verwendet in den muslimischen Reichen, die den Nahen Osten beherrschten. Das meiste des modernen Israel war ein kleiner, vernachlässigter und unwichtiger Teil Syriens. Jerusalem war nie eine Hauptstadt. Kairo und Damaskus waren die wichtigsten Städte der Region in der muslimischen Ära. Nur unter britischer Herrschaft, beginnend im Jahr 1917, nachdem das Osmanische Reich im Ersten Weltkrieg zusammengebrochen war, ist der Name Palästina wieder verwendet worden. Wenn die Briten nicht gekommen wären, dann gäbe es kein palästinensisches Volk. Und die Araber, die in der Gegend lebten, wären Ägypter oder Syrer.

Juden lebten seit Hunderten von Jahren in Jerusalem, Hebron, Safed und Tiberius. Im Jahre 1860 begannen die Juden den Kauf von Grundstücken ausserhalb der vier Städte. Im Gegensatz zu den ersten weissen Siedlern in den Vereinigten Staaten, die das Land von den Indianern raubten, und im Gegensatz zu den Australiern, die das Land von den Aborigines stahlen, ist das ganze Land, auf dem sich Juden niederliessen, gekauft und bezahlt worden, bis auf den letzten Cent. Beginnend in den 1930er Jahren haben die Briten und die Vereinten Nationen viele Vorschläge gemacht, wie man das Land Israel in zwei Ländern aufteilen könnte – einen jüdischen und einen arabischen Staat Seite an Seite. Die Juden stimmte den Vorschlägen zu, aber die Araber nicht und begannen einen Krieg. Die Juden gewannen. Viele der Araber, die Israel eroberte, lebten weiterhin in Israel, und heute sind 20 Prozent der israelischen Bevölkerung arabisch.

Juden und Araber haben nicht friedlich zusammengelebt in arabischen Ländern

Es stimmt, dass es den Juden unter der Naziherrschaft noch schlimmer erging, aber das bedeutet nicht, dass Juden auf Augenhöhe lebten oder Religionsfreiheit genossen unter arabischer Herrschaft. Ja, es gab ein goldenes Zeitalter der friedlichen Koexistenz, aber es war kurz und geht 800 Jahre zurück. In allen muslimischen Ländern, in denen Juden lebten, von Marokko im Osten bis zum Iran im Westen, von Syrien im Norden bis zum Jemen im Süden, wurden Juden diskriminiert, erlitten Pogrome und rassistische Gewalt vor dem Aufkommen des Zionismus. Nach der Gründung des Staates Israel mussten die meisten von den Juden, die in den arabischen Ländern gelebt hatten, ca. 800’000, nach Israel fliehen.

Die israelische Besatzung ist nicht die Quelle des Konflikts

Im Jahre 1967 drohten die arabischen Staaten rund um Israel, den Staat zu vernichten und zogen ihre Armeen an den Grenzen zusammen. In einem Überraschungsangriff der israelischen Armee besiegte sie alle arabischen Armeen in sechs Tagen, und Israel verdreifachte seine Grösse. Der Gazastreifen war von Ägypten und das Westjordanland von Jordanien kontrolliert worden. In den 19 Jahren (1948 bis 1967), die die Palästinenser unter jordanischer und ägyptischer Herrschaft litten, redete keiner von ihnen. Wenn der Sechstagekrieg nicht stattgefunden hätte, würden die Palästinenser unter arabischer Unterdrückung leben und niemand würde sich mit dem Thema beschäftigen. Das beste Beispiel sind die Palästinenser, die in Lagern im Libanon und in Syrien leben. Obwohl die Bedingungen dort viel schlimmer sind als in Judäa und Samaria, hören sie nichts davon in den Medien.

Viele denken, dass es besser wäre, wenn Israel sich aus Judäa und Samaria zurückziehen würde, während andere sagen, dass dies die Sicherheit Israels gefährdet. Es gibt gute Argumente auf beiden Seiten, aber zu denken, dass die Besatzung für den Konflikt verantwortlich ist, ist falsch. Es gibt drei grundlegende Fakten, die das beweisen: Erstens, und am offensichtlichsten ist, dass der Konflikt lange vor dem Sechstagekrieg begann und sogar vor 1948 Die Araber waren nicht bereit, eine Zweistaatenlösung zu vereinbaren. Der zweite Beweis ist der Libanon; obwohl es keine israelischen Soldaten im Libanon gibt, befürwortet die Hisbollah eindeutig die Beseitigung Israels. Das gleiche gilt für den Iran – allerdings gibt es 1’000 Kilometer (oder grob 620 Meilen) und zwei Ländern dazwischen, obwohl sie Perser sind und eine völlig andere Kultur und Sprache haben als die Araber des Nahen Ostens, fordert die iranische Führung die Vernichtung Israels. Der Ursprung des Konflikts ist, dass die Muslime keinen nicht-muslimischen Staat im Nahen Osten akzeptieren wollen.

Das palästinensische Flüchtlingsproblem ist nicht der Ursprung des Konflikts

Es gibt viele Übertreibungen und Verzerrungen, die den israelisch-arabischen Konflikt umgeben, doch es gibt eine grosse Lüge, und es geht dabei um die „palästinensischen Flüchtlinge“ und das „Rückkehrrecht“. Wer hat nicht einen Eltern- oder Grosselternteil, der wegen eines Konfliktes migrierte? Die Kriege und andere Konflikte des 20. Jahrhunderts produzierten Hunderte von Millionen von Flüchtlingen. In der neuen Weltordnung nach dem Zweiten Weltkrieg wanderten ganze Populationen. Über 15 Millionen Deutsche mussten ihre Häuser verlassen aus dem, was vorher ein östliches Gebiet Deutschlands war. Hunderttausende von Menschen auf dem Balkan waren gezwungen, wegen der neuen Länder, die dort gegründet wurden, zu migrieren. Etwa 65 Millionen Menschen in dem, was die Sowjetunion war, mussten migrieren. Wer hat jemals von den über 300’000 Muslimen gehört, die Bulgarien verlassen mussten, oder von den 250’000 Griechen und Türken, die ihre Häuser verlassen mussten, nachdem die Türken 1974 einen Teil Zyperns besetzten? Die Flüchtlingsprobleme setzen sich fort. Über zwei Millionen Christen mussten wegen der muslimischen Angriffen aus dem Nahen Osten migriert werden. Aber es gibt eine Gruppe, von der Sie mehr hören als von allen anderen – die palästinensischen Flüchtlinge.

Als Ergebnis des Unabhängigkeitskrieges im Jahre 1948 gab es etwa eine halbe Million arabische Flüchtlinge, die ihre Heimat verlassen hatten. Viele gingen weg, weil die arabische Führung ihnen sagte, sie sollten weggehen und ihnen versprach, dass sie zurückkommen könnten. Und wie in allen Kriegen gab es einige Fälle von Evakuierungen. Aber im Gegensatz zu Deutschland, das den deutschen Migranten geholfen hat, im Gegensatz zu Indien, das den Indus half und Pakistan, das die Muslime willkommen hiess, oder Israel, das die jüdischen Flüchtlinge aufnahm, haben die Ägypter, Syrer und Libanesen den Palästinensern nicht geholfen, auch wenn sie vom selben Volk sind (im Jahr 1948 gab es keinen Unterschied zwischen einem arabischen Dorf im Norden Israels und einem arabischen Dorf im südlichen Libanon). Jordanien ist das einzige arabische Land, das den Palästinensern Staatsbürgerschaft gab. Die Vereinten Nationen sind ein Teil des Problems. Nicht viele wissen, dass die UNO zwei Flüchtlingsbüros hat – UNRWA, ausschliesslich für die palästinensischen Flüchtlinge und UNHCR, für alle anderen Flüchtlinge in der Welt. Die beiden Agenturen haben unterschiedliche Definitionen, was ein Flüchtling ist. Die von der UNRWA verwendete Definition des Flüchtlingsstatus gewährt ihn den Kindern der palästinensischen Flüchtlinge, so dass jedes Jahr die „offizielle“ Zahl der palästinensischen Flüchtlinge wächst.

Eine der Gruppen von Flüchtlingen, die keinerlei Aufmerksamkeit erhält, sind die jüdischen Flüchtlinge aus den arabischen Ländern. Die Juden, die die muslimischen Ländern verliessen, hatten den Muslimen nie geschadet, doch als Israel gegründet wurde, mussten rund 800’000 von ihnen fliehen und alles zurücklassen, was sie hatten, und ein neues Leben in Israel beginnen.

Zurück zu den Ursprüngen

Wir leben in einer post-postmodernen Welt. Wir versuchen, die Wirklichkeit nicht nur über herkömmliche Kanälen zu verstehen, sondern auch über alternative Formen der Kommunikation. Nicht das, was die Führer sagen, sondern was die Leute denken; nicht aus den Geschichtsbüchern, sondern von den Landwirten auf dem lokalen Markt. Einer schreibt einen Artikel über das tägliche Leben, ein anderer macht einen Dokumentarfilm über die Kinder, die mit dem Krieg leben; einer überträgt Optimismus, der andere Pessimismus. All diese verschiedenen Winkel können helfen, den Konflikt besser zu verstehen, doch manchmal ist es gut, zu den Grundlagen zurückkehren, zu dem, was jede Seite über sich selbst sagt. In der israelischen Unabhängigkeitserklärung heisst es: „Wir bieten unsere Hand allen Nachbarstaaten und ihren Völkern an in einem Angebot von Frieden und guter Nachbarschaft.“ Die Präambel der Hamas Charta erklärt: „Israel wird existieren, und wird weiterhin bestehen, bis der Islam es auslöscht.“

Es gibt keinen Widerspruch zwischen Israel als jüdischem und demokratischem Staat

Die meisten Länder sind Nationalstaaten, die einen gemeinsamen ethnischen und kulturellen Nenner haben. Alle arabischen Länder bezeichnen sich als muslimisch. Die meisten europäischen demokratischen Staaten sind auch Nationalstaaten. In Ländern wie Dänemark, Norwegen, Polen und Island hat das Christentum eine Sonderstellung inne. Die Juden haben auch das Recht auf einen eigenen Staat. Etwa 29 Nationalflaggen tragen Kreuze, 13 Nationalflaggen den moslemischen Halbmond, und nur eine Nationalflagge den Davidstern.

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