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Dschihad gegen Israel: Wo steht die Türkei?

Burak Bekdil, 10. Oktober 2023, Gatestone Institute
aus dem Englischen von Daniel Heiniger

Das fanatische anti-israelische Erbe des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan hat eine ohnehin schon fremdenfeindliche Gesellschaft „erfolgreich“ vergiftet; es wird wahrscheinlich Generationen dauern, um das zu bereinigen. Im Bild: Erol Erdoğan mit dem Hamas-Führer Ismail Haniye am 20. November 2012. (Bildnachweis: Mehmettorun, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Als die Terrorgruppe Hamas am 7. Oktober einen barbarischen Angriff auf Israel startete, bei dem mehr als 900 israelische Männer, Frauen und Kinder getötet und Tausende weitere verletzt wurden, riet der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan anstelle seiner üblichen hetzerischen Anti-Israel-Tiraden auf untypische Weise beiden Seiten zur Zurückhaltung.

Der Aufstieg des politischen Islams in der Türkei in den letzten zwei Jahrzehnten und Erdoğans inhärenter Antizionismus – er bezeichnete den Zionismus einmal als Verbrechen gegen die Menschlichkeit – haben jedoch offensichtlich unauslöschliche Spuren in der türkischen Psyche hinterlassen. Neben seinem ausgewogenen, angeblich unvoreingenommenen Rat zur Zurückhaltung hat Erdoğan auch gesagt, dass ein palästinensischer Staat eine Forderung sei, die nicht aufgeschoben werden könne.

Der oberste muslimische Geistliche der Türkei, Professor Ali Erbaş, der Erdoğan direkt unterstellt ist, war weniger unvoreingenommen. Erbaş, Präsident der türkischen Direktion für religiöse Angelegenheiten (Diyanet), einer Regierungsbehörde, die über ein Budget verfügt, das größer ist als das von 12 Ministerien zusammen, sagte, Israel solle sich „aus den besetzten palästinensischen Gebieten zurückziehen“, und fügte hinzu: „Wir stehen an der Seite des unterdrückten palästinensischen Volkes und des Kampfes für die Freiheit der Al-Aqsa-Moschee…“

„Der Widerstandskampf der Palästinenser ist legitim“, kommentierte Erdogans Koalitionspartner Zekeriya Yapıcıoğlu, Vorsitzender der Partei HUDA-PAR.

Der mörderische Angriff der Hamas, den die Gruppe „Operation Al-Aqsa-Sturm“ nannte, hat einmal mehr die vorherrschende türkische Haltung zum arabisch-israelischen Konflikt offenbart. Es ist bizarr, dass die Türkei, eine Nation, die in den letzten 40 Jahren unter Terroranschlägen mit 50.000 Toten gelitten hat, angesichts unsäglicher Terroranschläge auf eine andere Nation so radikal jeden Anflug von Empathie vermissen lässt. Aber Empathie gehört nicht zu den herausragenden türkischen Eigenschaften.

Die militante islamistische Zeitung Yeni Akit nannte die Hamas-Terrorkampagne einen „historischen Sieg“. Weiter heißt es dort: „Hier sehen Sie, wie viele Zionisten getötet wurden“. Vermutlich gilt: Je mehr zionistische Leichen, desto besser. Die Journalisten dieser Zeitung sind regelmäßig Gäste in Erdoğans Privatjet.

Als ein kurdischer Lokalpolitiker die Palästinenser als „Kinder eines Stammes, der neugeborene Mädchen lebendig begräbt“ bezeichnete, griff Yeni Akit den Mann an und nannte ihn „israelischen Abschaum“.

Die Pro-Erdoğan-Tageszeitung Yeni Şafak schrieb, dass der „Terrorstaat Israel Zivilisten ins Visier nimmt.“ Was?! Die „Post-Wahrheit“ erreicht neue Höhen.

Eine andere pro-Erdoğan-Tageszeitung, Star, bezeichnete die gesamte Spirale der Gewalt als „israelische Unterdrückung“. Während die Hamas Hunderte von israelischen Zivilisten ermordete und mindestens 100 Männer, Frauen und Kinder als Geiseln nahm, lautete eine Schlagzeile des Star: „Israel greift ein 14-stöckiges Gebäude in Gaza an“.

Sabah, eine weitere streng pro-Erdoğan orientierte Tageszeitung, verkündete freudig, dass „israelische Massen aus dem Land fliehen“.

Yeni Akit behauptete, dass die „Zionisten Journalisten ins Visier genommen haben… [es] ist nicht nur eine Verletzung der Menschenrechte, sondern auch ein Versuch, die Presse zu zensieren und ein Verrat am universellen Recht.“ Ernsthaft? Ihr respektiert die Menschenrechte, indem ihr euch die Hände reibt und die israelischen Todesopfer zählt.

Unterdessen versammelten sich von drei türkischen islamistischen NGO organisierte Menschenmengen in der Fatih-Moschee in Istanbul, um ihre Solidarität mit den „Al-Aqsa-Helden“ zu bekunden. Es wurden Gebete für die Terroristen gesprochen. Yeni Akit verkündete, dass „Dschihadisten, die die Belagerung durchbrochen haben, in Istanbul sind“. Die Schlagzeile lautete: „Dem Zionismus ins Herz gestochen“.

Dieser Zeitung zufolge ist das, was seit dem 7. Oktober passiert, „eine weitere Welle des israelischen Terrors“. Und laut einer anderen regierungsnahen Tageszeitung, Türkiye, „massakriert Israel Menschen auf dem Land- und Luftweg“.

Der staatliche türkische Fernsehsender TRT erklärte in einem Nachrichtenartikel, warum dies alles geschehen musste: „… nachdem ein Palästinenser bei Zusammenstößen mit illegalen Siedlern in der besetzten Westbankstadt Huwara getötet wurde.“ Und ein Zitat: „Ein Angriff wurde gestartet, um Israel für seine Aggression zur Rechenschaft zu ziehen.“

Yeni Akit beschwerte sich darüber, dass die Zionisten den Strom nach Gaza gekappt haben. Sie sagte, der Angriff der Hamas sei „Dschihad gegen den Terrorstaat Israel“. Türkische Islamisten beschuldigen Israel, der Hamas Hilfe, um mehr Israelis töten zu können, zu verweigern, indem es die Lieferung von Strom, Geld, Waffen, Ausrüstung und Training für die Bewohner des Gazastreifens stoppt.

Inmitten all dieses Unsinns sendete der Nachrichtensender HaberTürk ein Live-Interview mit Irit Lillian, der israelischen Botschafterin in der Türkei. Die islamistische Milli Gazete reagierte darauf: „Wie können Sie es wagen! Während die Freiheitskämpfer der Hamas Dutzende von Besatzern in die Hölle schicken…“ Laut Milli Gazete ist dies eine „Apokalypse für Israel“, und die palästinensischen Opfer sind „Märtyrer„.

Zwischen Ankara und Jerusalem herrscht ein brüchiger Frieden. Theoretisch hat sich Erdoğan mit Israel ausgesöhnt, aber die diplomatischen Beziehungen wurden erst wieder vollständig hergestellt, nachdem sein Versprechen, Israel international zu isolieren, die Türkei einen hohen geopolitischen Preis gekostet hatte.

Das fanatische anti-israelische Erbe von Erdoğan hat eine ohnehin schon fremdenfeindliche Gesellschaft „erfolgreich“ vergiftet; es wird wahrscheinlich Generationen dauern, bis das bereinigt ist.

Burak Bekdil, einer der führenden Journalisten der Türkei, wurde kürzlich nach 29 Jahren von der renommiertesten Zeitung des Landes entlassen, weil er in Gatestone über die Geschehnisse in der Türkei schrieb. Er ist Fellow beim Middle East Forum.


Erstveröffentlichung bei Gatestone Institute. Reproduktion mit freundlicher Genehmigung.

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