Douglas Murray, 4.11.2016, Gatestone Institute
- Europa sieht derzeit die Wiedereinführung von Gotteslästerungsgesetzen sowohl durch die Vorder- als auch durch die Hintertür, angefangen in einem Land, das einst als eines der ersten der Welt bekannt war, das klerikale Eindringen in die Politik zu verwerfen.
- Durch das gerichtliche Vorgehen gegen Wilders urteilen die Gerichte in Holland effektiv, dass es nur eine richtige Antwort auf die von Wilders gestellte Frage gibt. Sie sagen, dass, wenn jemand sie fragt, ob sie mehr oder weniger Marokkaner wollen, dass die Menschen immer mit „mehr“ antworten müssen, sonst begehen sie ein Verbrechen.
- Niemals würde es mir einfallen, dass jemand, der sagt, er wolle keinen endlosen Fluss von, sagen wir, Briten, die in die Niederlande kommen, juristisch verfolgt werden sollte. Das würde auch nicht passieren.
- Die langfristigen Implikationen für die niederländische Demokratie wegen der Kriminalisierung einer Mehrheitsmeinung sind katastrophal. Doch der Prozess von Wilders ist auch ein offensichtlich politischer Schachzug.
- Die niederländischen Gerichte verhalten sich wie ein religiöses Gericht. Sie versuchen, die veröffentlichte Meinung und die öffentliche Meinung zu reglementieren, wenn es um die Anhänger einer Religion geht. Dabei streben sie offensichtlich danach, kurzfristig den Frieden zu erhalten, aber sie können nicht wissen, welche Schwierigkeiten sie in unsere Zukunft verschieben.
Europa sieht derzeit die Wiedereinführung der Blasphemiegesetze durch die Vorder- und Hintertür. In Großbritannien wird der Gymnast Louis Smith gerade für zwei Monate von den British Gymnastics suspendiert. Diese 27-jährige Sportler-Karriere wurde auf Eis gelegt und möglicherweise ruiniert, nicht wegen etwas, was mit Leichtathletik zu tun hätte, sondern wegen etwas, was mit dem Islam zu tun hat.
Im vergangenen Monat ist ein Video im Netz aufgetaucht vom viermaligen Olympia-Medaillengewinner, der mit einem Freund nach einer Hochzeit betrunken Mätzchen macht. Das Video – mit Smiths Telefon in den frühen Morgenstunden aufgenommen – zeigte einen Freund, der einen Teppich von der Wand nahm und eine Nachahmung islamischer Gebetsrituale vollführte. Als das Video von Smiths Telefon in den Händen einer Zeitung landete, gab es eine sofortige Untersuchung, Presse-Kasteiung und öffentliche Demütigung für den jungen Sportler. Smith – der selbst gemischtrassig ist – wurde gezwungen, am Tagesfernsehen in Großbritannien zu paradieren und zu bestreiten, dass er Rassist, Frömmler oder xenophob ist. Notorisch linke Figuren aus den britischen Medien schlossen sich an, um ihn zu schelten dafür, sich zu betrinken oder bloss daran zu denken, an irgendeiner Religionsverspottung mitzumachen. Dies in einem Land, in dem Monty Python’s Life of Brian regelmäßig zum beliebtesten komischen Film der Nation gewählt wird.
Nach einer „Untersuchung“ hat der britische Sportverband nun Smiths Verhalten für ausreichend gehalten, einen Stopp seiner Finanzierung und eine zweimonatige Sperre auszusprechen. Dies ist eine Wiedereinführung von Blasphemiegesetzen durch die Hintertür, wobei Zeitungen, Talk-Shows und Sportverbände unter sich ausmachen, dass eine Religion besonderen Schutzes wert ist. Sie tun es, weil sie die eigene Einschätzung der Religion des Islams für bare Münze nehmen und ausserdem die Warnungen der islamischen Blasphemie-Polizei weltweit fürchten.
Die Wiedereinführung der Blasphemie-Gesetze durch die Vordertür wird inzwischen in einem Land begonnen, das sich einst als eines der ersten der Welt gesehen hat, das klerikale Eindringen in die Politik zu verwerfen. Der niederländische Politiker Geert Wilders wurde vor Gericht gestellt. Im Jahr 2010 wurde er vor Gericht angeklagt für den Inhalt seines Films „Fitna“ sowie eine Reihe von Artikeln. Der Prozeß brach zusammen, nachdem einer der sachverständigen Zeugen – der inzwischen verstorbene großartige niederländische Islamgelehrte Hans Jansen – aussagte, daß ein Richter in dem Fall versucht hatte, ihn zu beeinflussen, seine Zeugenaussage abzuändern. Der Prozess ist auf durchsichtige Weise manipuliert worden und liess die niederländische Justiz aussehen wie die einer Bananen-Diktatur und nicht die einer der weltweit am weitesten entwickelten Demokratien. Der Prozeß wurde verschoben und nach beträchtlichem juristischem Streit wurde Wilders schließlich im Jahr 2011 eines Nichtverbrechens „nicht schuldig“ gesprochen.
Doch es scheint, dass die niederländische Justiz, wie die Mounties, darauf aus ist, immer ihren Mann zu kriegen. Am Montag dieser Woche begann der jüngste Prozess gegen Geert Wilders in Holland. Dieses Mal wird Wilders der Prozess gemacht wegen einer Erklärung bei einer Kundgebung vor seinen Unterstützern im März 2014. Vor den Kommunalwahlen und nach Berichten über eine unverhältnismäßige Menge an Verbrechen, die in Holland von Muslimen marokkanischen Ursprungs begangen wurden, fragte Wilders eine Menschenmenge, „Wollen Sie mehr oder weniger Marokkaner in dieser Stadt und in den Niederlanden?“ Das Publikum antwortete: „Weniger, weniger.“ Wilders antwortete: „Nun, dann werden wir dafür sorgen.“
Meinungsumfragen deuten darauf hin, dass etwa die Hälfte der niederländischen Öffentlichkeit weniger Marokkaner in den Niederlanden wollen und viele Meinungsumfragen aus den vergangen Jahrzehnten deuten darauf hin, dass die Niederländer generell weniger Einwanderung wollen. Und so wird also zumindest Wilders vor Gericht gestellt dafür, eine Meinung zu äußern, die weit vom politischen Rand entfernt ist. Die langfristigen Implikationen der Kriminalisierung einer Mehrheitsmeinung für die niederländische Demokratie sind katastrophal. Aber der Prozess von Wilders ist auch ein offensichtlich politischer Schachzug.
Ob man nun Wilders Empfindungen unterstützt oder nicht, darum geht es hier gar nicht. Der Punkt ist, dass durch die juristische Verfolgung von jemandem dafür, dass er sagt, was er sagte, effektiv die Gerichte in Holland entscheiden, dass es nur eine richtige Antwort auf Wilders Frage gibt. Sie sagen, dass, wenn sie jemand fragt, ob sie mehr oder weniger Marokkaner möchten, dass die Menschen immer „mehr“ antworten müssen, sonst begehen sie ein Verbrechen. Was ist das für eine Art, eine öffentliche Debatte über die Einwanderung zu führen oder sonst etwas anderes? Man kann sagen: „Das dürfte er über keine andere Gruppe von Menschen sagen.“ Und Wilders selbst sagt es vermutlich nicht über jede andere Gruppe von Menschen, weil er seine eigenen politischen Ansichten und seine eigene Interpretation der Probleme seines Landes hat.
Es lohnt sich, ein Gedankenexperiment durchzuspielen: Wenn Wilders oder irgendein anderer Politiker aufstehen und eine Menschenmenge fragen würde: „Wollen Sie mehr oder weniger Briten in Holland,“ dann fühle ich – als Brite – mich nicht sehr glücklich über diese Frage fühlen, noch sehr glücklich über die Menge, wenn sie „weniger“ schreien. Obwohl, wenn britische Expats in Holland für eine unverhältnismäßig hohe Zahl von Verbrechen und Unordnung im Land verantwortlich wären, dann kann vielleicht etwas mildernde Sympathie für das Gefühl aufkommen. Aber an keinem Punkt würde es mir einfallen, dass jeder, der sagt, er wolle keinen endlosen Strom von Briten, juristisch verfolgt werden sollte. Und er würde das auch nicht.
Wie der britische Gymnastikverband verhalten sich die niederländischen Gerichte wie ein religiöses Gericht. Sie versuchen, die veröffentlichte Meinung und die öffentliche Meinung zu reglementieren, wenn es um die Anhänger einer Religion geht. Dabei streben sie offensichtlich danach, kurzfristig den Frieden zu erhalten, aber sie können nicht wissen, welche Schwierigkeiten sie in unsere Zukunft verschieben.
Douglas Murray, britischer Autor, Kommentator und Analytiker öffentlicher Angelegenheiten, lebt in London, England.
- Folgen Sie Douglas Murray auf Twitter
Erstveröffentlichung hier. Reproduktion mit freundlicher Genehmigung des Gatestone Instituts.