Website-Icon Politisches & Wissenswertes

Mittendrin: Jüdische Hasskriminalität und Vandalismus sind NICHT Terrorismus

Martin Sherman, 6.8.2015, JPost.com

Öffentliche Aufmerksamkeit wurde im Kongress mit scheinheiligem Händeringen vom Verriss des Nuklearabkommens mit dem Iran zu Verbrechen von Einzeltätern am äusseren Rand der israelischen Gesellschaft umgeleitet.

Angriff auf der Jerusalem Gay Pride Parade. (Foto: REUTERS)

Wir können es und wir tun es, wir verbrennen Kinder bei lebendigem Leib, begehen mörderische, inhumane, unverständliche Terrorakte. Und, nein, wir sind nicht besser als sie… – Sima Kadmon, “Wir sind nicht besser als unsere Feinde,” Ynet

Sie sind nicht anders als ISIS … das ist jüdischer Dschihadismus, bis aufs Detail identisch mit islamischem Dschihadismus – Ron Ben-Yishai, Ynet

Israelis stechen auf Schwule Menschen ein und verbrennen Kinder. In dieser trockenen Beschreibung steckt keine Spur von Verleumdung, nicht die kleinste Spur der Übertreibung – Gideon Levy, Ha’aretz

Die Ereignisse von letzter Woche (im August 2015, A.d.Ü) wecken Zweifel an der Fähigkeit Israels, die gnadenlose Brutalität, die es umgibt, zu überleben.

Schändliche Taten von Randgruppen

Der Wahnsinn – und es gibt kein anderes Wort, um die Raserei zu beschreiben, der die öffentliche Debatte über Taten, wie abscheulich auch immer, die von einer Handvoll Einzelpersonen (einige noch nicht identifiziert) begangen wurden – am äußersten Rand der israelischen Gesellschaft verrät eine gefährliche und dysfunktionale Unfähigkeit der Nation, ihre Prioritäten zu ordnen.

Denn in dem, was wohl für den jüdischen Staat die schicksalhafteste 60-Tage-Periode in den letzten Jahrzehnten ist, in der alle Energien der Nation mit laserhafter Intensität auf die Verderben des gefährlichen Iran-Atomabkommens vor dem Kongress fokussiert werden sollten, wurde die Aufmerksamkeit durch frömmlerisches Händewringen und moralische Selbstgeißelung über Verbrechen einzelner Täter am Rande der Gesellschaft abgelenkt.

Lassen Sie mich von Anfang an kategorisch festhalten, dass das Abfackeln eines Familienhauses im palästinensischen Dorf Duma, von noch unbekannten Angreifern, das den Tod ihres kleinen Sohnes verursacht; die Messerstecherei gegen Teilnehmer der Gay Parade in Jerusalem und die Brandstiftung der Kirche der Multiplikation an den Ufern des Sees Genezareth, alles beklagenswerte Verbrechen sind.

Keine demokratische Gesellschaft kann solche Taten akzeptieren und es ist imperativ, dass die Täter gesucht, vor Gericht gebracht, und mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft werden.

Doch bei aller Abscheulichkeit, die man für diese schändlichen Taten empfinden mag – eine Abscheu, die vom ganzen israelischen Mainstream ausgedrückt wird – , dafür der israelischen Gesellschaft als Ganzes die Schuld zu geben, ist ebenso trügerisch wie verabscheuungswürdig, so verlogen wie bösartig, so absurd wie schädlich.

Es ist wenig mehr als eine verächtliche und zynische Ausbeutung der Tragödie, um einem politischen Credo wieder Relevanz zu verleihen, das regelmäßig von den Wählern bei Wahlen zurückgewiesen und wiederholt durch blutige Realitäten vor Ort widerlegt wurde.

Insel der Demokratie in einem Meer der Tyrannei

Denn in Wirklichkeit ist die israelische Gesellschaft eine bemerkenswerte Insel der Freiheit und der Menschlichkeit in einem Meer von Tyrannei und Theokratie, eine außergewöhnliche Oase der Demokratie und Freiheit in einer Wüste des Despotismus.

Natürlich hat sie ihre Makel – wie jedes andere demokratische Land in der entwickelten Welt.

Israel hat eines der offensten und tolerantesten Regime des Planeten, das sich im Herzen einer der geschlossensten und intolerantesten Regionen der Erde befindet.

Während die Unterdrückung von Frauen, die Repression von politischen Dissidenten und die Unterdrückung von Schwulen das Markenzeichen aller Nachbarländer ist, hält Israel die Standards der Ersten Welt hoch, den politischen Pluralismus, die Pressefreiheit, die Gleichstellung der Geschlechter, die Toleranz der sexuellen Präferenzen und die Religionsfreiheit. Darüber hinaus hat es all dies trotz der erschreckenden Herausforderungen, sein Überleben zu meistern, sowohl gegenüber externen Feinden als auch gegenüber „widerspenstigen“ inländischen ethnischen Minderheiten erreicht, was für weit mehr autoritäre gesellschaftspolitische Realitäten sorgen könnte, wie sie in Ländern mit weit weniger belastenden und gefährlichen Bedingungen entstanden sind.

Dies ist ein eindeutiger Hinweis auf das tiefgreifende Engagement der überwiegenden Mehrheit der israelischen Gesellschaft, trotz ihrer vielfältigen soziokulturellen Komposition, zu einem fundamentalen demokratischen Ethos, auch unter den schwierigsten Bedingungen.

‚Alle Israelis sind schuldig…‘

Doch das ist sicher nicht das Bild, das die Mainstream-Medien in den letzten Tagen vermittelt haben.

Jeder uninformierte Neuling, der den großen Nachrichtenkanälen in Israel ausgesetzt war, hätte den Eindruck bekommen, dass Israel ein homophobes, fremdenfeindliches Land ist, das am Rande des Totalitarismus taumelt; ein Land, das von Horden von religiösen Eiferern beherrscht wird, unrasiert, mit weit aufgerissenen Augen, zerknitterte, glatzköpfige Hügeljungen, die von einer bösen Clique allmächtiger, bärtiger, schwarzverkleideter Rabbiner angegriffen wurden, die darauf abzielen, die Zivilgesellschaft zu vernichten, die derzeitige Rechtsordnung aufzuheben und sie durch einen klerikalen Code von halachischen Edikten zu verdrängen.

Natürlich, für jedermann, der bloß ein bisschen vertraut ist mit den Realitäten der israelischen Gesellschaft – der Glut von Fischrestaurants, die ihre Waren Freitagabends anpreisen, die verstopften Autobahnen am Samstag, die knappen Bikinis an überfüllten Stränden am Wochenende, die fleischlichen Inhalte, die kostenlos in den nationalen Medien zur Verfügung stehen – ist das eindeutig komplettes Gewäsch; nichts als betrügerischer Unsinn, der dazu designt ist, einer taumelnden politischen Agenda zu dienen, die wenig mit den palästinensischen Kindestötungen oder dem homophoben Mord zu tun hat.

Es ist ein Versuch, alle ideo-politischen Gegner mit demselben Pinsel zu malen; Mit dem delegitimierenden Fleck des religiösen Fanatismus all jene zu bekämpfen, die mit einer Vielzahl von begründeten Argumenten – Sicherheitsbedürfnisse, historische Bedeutung, nationales Erbe, ökonomischer Pragmatismus – territoriale Konzessionen und politisches Appeasement im Konflikt mit den palästinensischen Arabern ablehnen.

Deshalb, wie das palästinensische Sprachrohr Gideon Levy anklagt: „Alle Israelis sind schuldig, eine palästinensische Familie in Brand gesteckt zu haben“, anscheinend, weil Israel sich nicht den Forderungen der Palästinenser fügt – sowohl diejenigen Israelis, die einer solchen Kapitulation widerstehen und jene, die die Kapitulation nicht durchsetzen.

‘Wir sind nicht besser als unsere Feinde…’

Trotz der äußerst schädlichen und wild verzerrenden Angriffe von Levy auf sein Land und seine Landsleute, in denen er die Ränder der israelischen Gesellschaft als Vertreter des Mainstreams porträtiert und die von den schlimmsten Gelehrten Israels als Beweis für ihre giftige judeophobischen Verunglimpfung gierig aufgegriffen werden, wird er perverser weise, vom israelischen Establishment innig umarmt. Ein häufiger Gast auf TV-politischen Diskussionsrunden und Teilnehmer in Primetime Doku-Dramas, ist die Tatsache, dass ihm erlaubt wird, seine giftigen Tiraden ungehindert – ja sogar mit Applaus – zu verbreiten, an sich schon die kategorischste Widerlegung seiner lächerlichen Anklagen.

Man kann nur schaudern vor dem Schicksal eines palästinensischen Gegenparts, der es wagen sollte, die palästinensische Autonomiebehörde – geschweige denn die Hamas – zu kritisieren – geschweige denn zu verunglimpfen – auf eine Art und Weise, die sich auch nur von Ferne an Levys Verunglimpfung Israels annähert. Es gibt wenig Zweifel daran, dass nicht nur seine journalistische Karriere, sondern vermutlich wesentlich mehr – vielleicht sogar buchstäblich – plötzlich abgeschnitten würde.

Doch Levy ist nicht allein im Crescendo der irreführenden und geistlosen Mainstream-Verteufelung des jüdischen Staates. Zum Beispiel plärrt das ärgerlich imbezile Stück des Massenzirkulations-Tageszeitungs-Yediot-Aharonots-Redaktors Sima Kadmon, „Wir sind nicht besser als unsere Feinde“ in einem primitiven Versuch, Gesellschaften, die Mord verurteilen, mit Gesellschaften, die ihn lobpreisen, gleichzusetzen; die Moral derer, die ihre Mörder geisseln, mit derjenigen derer, die sie feiern, in einen Topf zu werfen.

Verstörende Unehrlichkeit

Dann gab es Ron Ben-Yishai, den Militärveteranen-Korrespondenten, der, vermutlich mit todernstem Gesicht, schrieb: Sie [Jüdische Extremisten] sind nicht anders als ISIS …

Das ist jüdischer Dschihadismus, in jedem Detail identisch mit islamischem Dschihadismus.“

Identisch? In jedem Detail? Ja, klar. Wie Massenenthauptungen? Wie Massenvergewaltigungen? Wie systematische Folter? Wie Milliardenbudgets? Wie internationaler Expansionismus? Es ist traurig, solch transparente professionelle Unehrlichkeit zu sehen von jemandem wie Ben-Yishai, der, wenn überhaupt irgend jemand, genau wissen sollte, dass es keinen Krümel an Ähnlichkeit gibt zwischen sporadischen jüdischen Hassverbrechen und durchdringendem dschihadistischem Terrorismus – weder in seinen Zielen, seinem Umfang, seinen Möglichkeiten, noch seinem Modus Operandi.

Es ist eine monströse Lüge, so etwas vorzuschlagen.

Dieser Missbrauch journalistischer Privilegien hat ein klares Ziel.

Es geht nicht darum, Homosexuellenrechte zu bewahren oder palästinensische Kleinkinder vor der wahnhaften Bedrohung durch einen drohenden Leviathan jüdischen Fundamentalismus‘ zu retten. Nein, es dient vielmehr einem ganz eigenen Programm.

Auf einer Ebene haben sich Journalisten / Publizisten bemüht, sich mit blanker Besudelung zu übertrumpfen, um Gunst und Status bei den linksgerichteten Bonzen-Truppen in der israelischen Zivilgesellschaft zu gewinnen, wo jemandes „Pietätsstufe“ durch die Wildheit der selbstgerechten Angriffe bestimmt wird, so unbegründet und außergewöhnlich sie auch sein mögen, auf die jüdischen Siedler / Gemeinden hinter der Vor-1967-Linie.

Versuch, die Debatte abzuwürgen

Auf einer anderen Ebene wurden die jüngsten Angriffe gestartet, um die politischen Gegner auf der rechten Seite durch angebliche Assoziation mit den Tätern zu delegitimieren – entweder ihre Ideologie zu billigen oder sie nicht kräftig genug zu bekämpfen – und damit jede substantielle Debatte niederzuschlagen.

Jedem, der das für unbegründet hält, schlage ich vor, dass er die Kolumne von Gideon Levy liest, wo er verkündet: „Es ist einfach nicht möglich, … von den Siedlern geschockt zu sein, die eine Familie in Brand stecken [oder] Schwulenrechte unterstützen [aber] eine Gründungskonferenz in Ariel abhalten … Das Böse kennt keine Grenzen; Es beginnt an einem Ort und breitet sich rasch in alle Richtungen aus … „

Levy (anders als die Polizei und die IDF) „weiss“ also nicht nur, dass die nicht identifizierten Brandstifter bei Duma „Siedler“ waren, sondern er stellt das Böse der Babyverbrennung in eine Linie mit einer Konferenz über die Vor-1967-Linie in einer „Siedlung“ wie Ariel, die 1977 von der Arbeiterpartei gegründet wurde und wo Yair Lapid seine neue Partei, Yesh Atid, im Jahr 2012 ins Leben gerufen hat.

Darüber hinaus, für Levy: „Der primäre Nährboden derer, die die Dawabsha-Familie verbrannten, waren die israelischen Streitkräfte … Weil, was ist der Unterschied zwischen dem Entzünden eines Brandsatzes und dem Abwerfen einer Bombe? In Bezug auf die Absicht oder den Vorsatz gibt es keinen Unterschied.“

Da haben wir es also. Eine jüdische Stadt aufzubauen, israelische Bürger gegen Raketen zu verteidigen und die Einäscherung palästinensischer Babys sind Teil derselben unvermeidlichen Kausalkette. Was könnte klarer sein?

Jüdische Hassverbrechen, NICHT arabischer Terror

Natürlich haben die politischen Repräsentanten des Rechtes wieder einmal gezeigt, dass sie weder die intellektuelle Tiefe noch das ideologische Verständnis haben, gegenzuhalten und sind vor diesem Angriff der Linken eingeknickt. Von Premierminister Netanyahu, über Verteidigungsminister Ya’alon, bis zu Sicherheitsminister Erdan, übernahmen alle gehorsam das verlogene Mantra der Linken, dass jüdische Hassverbrechen, Vandalismus und Hooliganismus äquivalent seien zum arabischen Terrorismus und dass daher äquivalente außergerichtliche Maßnahmen ergriffen werden müssten, um sie zu bekämpfen.

Das ist eine massive Falschdarstellung. Denn während die beiden Phänomene vielleicht ein paar Ähnlichkeiten haben, wäre irgendeine Äquivalenz zwischen den beiden zu ziehen ähnlich, wie ein Nashorn mit einem Chihuahua gleichzusetzen, nur weil beide Vierbeiner sind.

Die Regierung kann gute Rechtfertigungen haben, außergerichtliche Maßnahmen zu ergreifen, wie administrative Haft gegen arabisch / muslimische Terrororganisationen, denn diese werden von ausländischen Regierungen unterstützt, finanziert und ausgerüstet und haben somit Kapazitäten, die weit über jene einer Privatperson oder einer Gruppe von Privatpersonen hinausgehen.

Seit seiner Gründung ist Israel von terroristischen Organisationen angegriffen worden, die die aktive Unterstützung verschiedener arabischer Regierungen wie Ägypten, Jordanien, Syrien und Irak genossen haben.

Heute, anders als arabische Terrororganisationen, haben jüdische Extremisten kein Äquivalent zum Iran, um sie auszurüsten oder zu Katar, um sie zu finanzieren; sie haben keine internationalen Büros mit Kommunikations- / Versorgungsinfrastrukturen rund um den Globus. Dementsprechend müssen die Sicherheitskräfte mit Befugnissen ausgestattet werden, um mit arabischen Terrororganisationen umzugehen, die sie für jüdische Extremisten nicht benötigen (oder zumindest nicht benötigen sollten).

Es genügt, die dürren Jugendlichen zu betrachten, die durch Verwaltungsdekret ohne formale Anklagen verhaftet werden, um zu erkennen, wie pathetisch ein Vergleich zwischen den ideologisch getriebenen Verbrechen der Juden und den völkermörderischen Zielen der dschihadistischen arabischen Terrororganisationen ist.

Seltene Übereinstimmung mit Gal-On

Diejenigen, die jüdische Hassverbrechen / Vandalismus mit arabischem Terrorismus gleichsetzen, behaupten, dass präventive außergerichtliche Maßnahmen vergangene Übertretungen hätten verhindern können.

So behauptet Ben-Yishai: „Hätten sie jüdische Terroristen so behandelt, wie sie arabische Terroristen behandelt haben, hätten sie viele dieser Taten von Mord, Brandstiftung und Vandalismus verhindern können. Hätten sie diese „Preisschildkriminellen“ jahrelang in Administrativhaft gehalten, wie sie es mit arabischen Terroristen tun, wenn es nicht genügend Beweise für eine Verurteilung gibt, hätten die jüdischen Terroristen von der Durchführung ihrer Pläne abgehalten werden können.“

Kadmon drückt ähnliche Gefühle aus: „Verurteile nicht die kriminellen Handlungen, nachdem sie geschehen sind. Verhindere sie.“

Doch das kann von jedem Verbrechen und jedem vermuteten Übeltäter gesagt werden.

Verdienen ihre Opfer weniger präventiven Schutz als palästinensische Opfer jüdischer ideologischer Täter? Und wenn nicht, warum nicht außergerichtliche Maßnahmen durchsetzen, um ihre Sicherheit zu gewährleisten? Klar, die Logik derer, die den jüdischen Extremismus mit dem dschihadistischen Terrorismus gleichsetzen, zeigt keine wirkliche Rücksicht auf demokratische Regierungsführung – nur heftige politische Partisanenschaft.

In einem seltenen Augenblick von Gleichgesinntheit fand ich mich mit der Meretz-Vorsitzenden Zehava Gal-On einverstanden, die in Bezug auf administrativen Inhaftierungen kommentierte: „Es kann nicht sein, daß die Lösung für schlechte Polizeiarbeit Verhaftungen ohne anständigen Prozess und Gerichtsverfahren sind.“

Ich hätte nie gedacht, dass ich das je sagen würde, aber Gal-On hat recht.

Martin Sherman (www.martinsherman.org) ist Gründer und CEO des Israel Institute for Strategic Studies (www.strategic-israel.org).

Die mobile Version verlassen