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Europa am Wendepunkt

Das Jahr 2017 neigt sich dem Ende zu und auch wenn es sicher noch die eine oder andere Überraschung bereit halten wird, lohnt sich eine erste Zwischenbilanz. Welche Prognosen sind eingetroffen, welche nicht? Welche Hoffnungen haben sich erfüllt, welche Befürchtungen bestätigt und welche neuen Herausforderungen zeichnen sich ab? Kurzum: Quo vadis, Europa?

NExit, FrExit, DExit…

Das war dann wohl nichts. Alle drei potentiellen Brandbeschleuniger für eine rasche Neuordnung des Kontinents, Niederlande, Frankreich und Deutschland, wollten nicht so recht zünden. Es wäre auch zu einfach gewesen. Und, ganz ehrlich: Das war ein Stück weit Wunschdenken. Geboren aus der Hoffnung, „jemand anderes“ möge diese längst überfällige Entwicklung für uns in Gang setzen (dass Deutschland das sein könnte, war selbst für mich eine rein theoretische Überlegung). Vielleicht ist es auch besser so — für den Augenblick. Wir sehen später noch, warum.

BrExit: Einsam in den Abgrund?

Großbritannien geht, was ich immer noch für eine kluge Entscheidung halte, aber irgendwie läuft es ganz anders, als erwartet. Und das hat nichts mit Brüssel zu tun, sondern ausgerechnet mit London. Eigentlich war ja die Motivation für den EU-Austritt die Wiedererlangung der Souveränität, gerade auch im Hinblick auf die Migrationsfrage. Es hat inzwischen aber eher den Anschein, als wolle die Insel ihre eigene Islamisierung nur noch entschlossener vorantreiben. Möglicherweise einer der Gründe, warum die Attacken aus Brüssel relativ leise geworden sind. „Läuft ja“. Das Kalifat England kann man auch später wieder einfangen, wenn es weniger widerborstig geworden ist…

Der Osten hält Stand!

Als überraschend widerstandsfähig haben sich die Staaten im Osten und Süden erwiesen. Sie ziehen unbeirrt ihr Ding durch, ungeachtet aller Drohgebärden und Sanktionsgelüste der EU. Offensichtlich hat sich das Jahrzehnte währende Training hinter dem Eisernen Vorhang gelohnt. Das gilt in gewisser Weise auch für Ostdeutschland. Dort sind freiheitliche, dezentralistische Kräfte (potentiell oder tatsächlich) mehrheitsfähig und das ist auch der Grund, warum sie dem äußeren Druck widerstehen können: Sie sind nicht ständig mit dem Flicken des Risses quer durch die eigene Gesellschaft beschäftigt. Wichtiger noch als Signal: Und sie kommen damit durch.

Die Freude am Teilen.

Fortgesetzt hat sich der Trend zur Sezession. Immer mehr Regionen streben eine größere Autonomie oder gar vollständige Unabhängigkeit an. Die Bruchlinien scheinen hier vor allem eher kulturell, traditionell und lokalpatriotisch als politisch oder wirtschaftlich zu verlaufen: Der Unterschied zwischen dem tendenziell mehr „rechten“, strukturschwachen Schottland und dem relativ „linken“, wohlhabenden Katalonien könnte größer auf den ersten Blick kaum sein. Einig sind sie sich darin, über ihr eigenes Schicksal selbst bestimmen zu wollen (wobei sie seltsamerweise alle übersehen, dass ein innigeres Kuscheln mit der EU diesem Bestreben komplett zuwider läuft).

Alles Heimat, oder was?

Generell lässt sich feststellen, dass in allen Wahlen dieses Jahres die patriotischen Kräfte ordentlich zugelegt haben und, wo sie noch nicht regieren, zumindest auf zweite oder dritte Plätze vorgerückt sind. Hier zeichnet sich ungebrochen eine deutliche Trendwende ab, die in Österreich mit der voraussichtlich kommenden schwarz-blauen Koalition ihren vorläufigen Höhepunkt für 2017 erleben wird. Es ist zum Glück ein gesunder Patriotismus, der den höchsten Respekt vor der Heimatliebe seiner Nachbarn hat. Hier wächst Europa tatsächlich und aus freien Stücken zusammen — aber so hatte sich das Brüssel sicher nicht vorgestellt.

Der kommende Bürgerkrieg.

Kommt nicht. Zugegeben, einigen Regionen (Frankreich, Schweden, Rest-Britannien, etc.) stehen raue Zeiten bevor und vermutlich auch gewaltsame Unruhen. Wünschen sollte man sich so etwas aber nicht, auch wenn es den Prozess des Zurvernunftkommens beschleunigen würde. Die EU würde es als willkommenen Anlass für mehr Überwachung, mehr Entwaffnung und drakonischere Zensur „im Kampf gegen den Terror“ zu nutzen wissen. Wir sind bereits mitten im Bürgerkrieg. Aber es ist ein Krieg um die Köpfe und Herzen der Menschen! Mit Waffengewalt ist er nicht zu gewinnen.

2018!

Während sich Westeuropa immer mehr in eine muselmanisch geprägte No-Go-Area verwandelt, erweist sich ausgerechnet der Osten als Stabilitätsfaktor und gelebter Gegenentwurf. Manche Menschen mögen etwas langsam sein, aber auch den Dümmsten dürfte irgendwann dämmern, dass Terror und Kriminalität nur dann zum Leben in einer modernen Großstadt gehören, wenn sich jene im falschen Land befindet. 2018 wird diesen Erkenntnisprozess weiter befeuern. Und die EU wird ihn in mit ihren verzweifelten Abwehrmaßnahmen erheblich beschleunigen.

Die gespaltene Gesellschaft.

Meine Prognose: Sie wird sich weiter spalten. Aber weniger entlang einer (oft ohnehin eher fiktiven) „Rechts-Links-Linie“, vielmehr entlang des Grabens zwischen Vernunft und Dogma, zwischen Freiheit und Totalitarismus. Es werden sich neue, ganz überraschende Allianzen bilden, die sich aus der Not heraus über alle ideologischen Grenzen hinweg mit den drängenden Fragen unserer Zeit auseinandersetzen. Europa bleibt spannend.

Und das ist auch gut so!

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