„Die Terroristen ermordeten seine Glaubensgenossen, seine Freunde. Waqqas A. betete gerade in der Moschee im pakistanischen Lahore, als bei Anschlägen dort und in einem weiteren Gotteshaus der muslimischen Minderheit Ahmadiyya 86 Gläubige getötet wurden.“ [1]
Das ist natürlich scheiße. Aber wer macht denn sowas? Kleiner Tipp: Es waren keine Hindus. Keine Buddhisten. Keine Christen. Keine Juden. Keine Schamanen, Druiden, Voodoo-Priester oder Veganer. [2] (Falls ich in dieser Aufzählung jemanden vergessen haben sollte, bitte ich um Vergebung!)
„Waqqas A. überlebte, doch seit diesem Tag im Mai 2010 war ihm klar, dass sein Heimatland nicht mehr Heimat für ihn und seine Familie sein kann. Zu viel Angst hatte er seitdem vor der Verfolgung aufgrund seines Glaubens. Seit diesem Tag plante der heute 35-Jährige seine Flucht. Sein Vater verkaufte ein Haus, damit sein Sohn die 35.000 Dollar für einen Schleuser aufbringen konnte, der ihn, seine Frau und seine damals drei Monate und zwei Jahre alten Kinder außer Landes bringen konnte.“
Und was läge da näher als…
„Im Mai 2015 kamen die Familie in Gießen an, landeten dann in einer Flüchtlingsunterkunft, einem ehemaligen Hotel, im bayerischen Bad Bayersoien.“
Moment, das liegt aber überhaupt nicht nah. Zu Fuß sind das locker 6.737 Kilometer. Auf dem Weg Nach Deutschland müssen sie ein halbes Dutzend islamische und ein halbes Dutzend europäische Staaten durchquert haben. Und dort war niemand bereit, einen Asylantrag anzunehmen? Nun, wie dem auch sei, dann kam es zu einem echten Einzelfall:
„Im August 2016 fand der IT-Experte dann einen Job in München. Für die Familie war dies der eigentliche Start in ihr neues Leben in Deutschland.“
Ich will an dieser Stelle nicht spoilern, aber sein Asylantrag wurde abgelehnt. Nur so als Hinweis. Natürlich ziehen am Himmel des Traumlands unvermeidlich die ersten Wolken auf. Zum Glück haben wir den FOCUS, der uns behutsam an das Drama heranführt und in dieser Angelegenheit absolut neutral und unparteiisch berichtet:
„Doch dieses Leben beginnen sie mit einer großen Schuldenlast. Waqqas A. sitzt in einem fünfstöckigen Bürogebäude im Münchner Osten. Vor ihm flirren mehrere Bildschirme. Er ist Systemadministrator bei dem Medien-Unternehmen ‚Burda Forward‘. (Anmerkung der Red.: FOCUS Online gehört ebenfalls zu Burda Forward). Er arbeitet hart, ist mittlerweile fest angestellt. Er hat nun sogar eine neue Wohnung im einem Münchner Vorort gefunden. ‚Ich bin rundherum zufrieden. Wenn da nur diese Rechnung nicht wäre.‘ “
Willkommen in Deutschland. Hier beginnt und endet das Meiste mit einer Rechnung. Warum sollte es Waqqas A. besser ergehen? Als Systemadministrator verdient er in München kaum weniger als 2.500 Euro (Einstiegsgehalt). Wenn er davon nur 10 Prozent zur Tilgung der Schulden aufwendet, ist die Summe in ungefähr drei Jahren abgezahlt. Nicht schön, aber kein Weltuntergang. Dann folgt eine Menge Paragraphen-Blah blah (kann ja jeder selbst im Original-Artikel nachlesen) und:
„Es ist sehr viel Geld für mich und außerdem habe ich nie damit gerechnet, dass ich für die Flüchtlingsunterkunft zahlen muss.“
Ja, wer denn sonst? Ich vielleicht? Oh, warte mal… ich zahle ja dafür! Dabei bin ich gar nicht auf der Flucht. Also noch nicht. Mich würde mal brennend interessieren, wie er sich verhalten hätte, wenn er es gewusst hätte. Wäre er woanders hin geflohen? Oder hätte keine Arbeit angenommen? Leider kommt der FOCUS nicht auf diese spannende Frage und so werden wir es nie erfahren.
Es folgt eine Menge Behörden-Hickhack (wer kennt das nicht), ewiges Hin und Her, falsche Auskünfte, gar keine Auskünfte, Abzocke, etc. was wohl jeden an den Rand der Verzweiflung treiben würde. Menschlich absolut nachvollziehbar. So ist eben Deutschland. Egal wie man sich bückt, man wird immer irgendwie gef… genervt. Dafür wird man im Gottesdienst nicht in die Luft gesprengt. Meistens jedenfalls. Kommen wir zum Höhepunkt:
„Der IT-Experte zahlt nun monatlich 100 Euro ab und hat sich in sein Schicksal gefügt. Er ist froh, dass er in Deutschland die Gelegenheit bekommen hat, ein sicheres Leben mit seiner Familie führen zu können. Er will bleiben. Sein Asylantrag wurde zwar abgelehnt, über seinen Einspruch muss noch entschieden werden. Waqqas A. ist optimistisch: ‚Es wird schon klappen.‘ “
Stopp. Stand da nicht eben, dass sein Asylantrag abgelehnt wurde? Offensichtlich liegt kein Asylgrund (mehr) vor. Auf welcher Grundlage will er dann hier bleiben? Weil er schon mal da ist? Wie hat er es geschafft, einen vielversprechenden Einspruch zu formulieren, wo er sich mit den deutschen Vorschriften und Gesetzen sonst so schwer tut? Und: Wer bezahlt das Verfahren eigentlich?
Jede Menge Fragen, auf die der FOCUS irgendwie nicht gekommen ist. Malte, was ist los, keinen Bock gehabt? Oder bist Du auf den Tränen in der Reaktion ausgerutscht und hast versehentlich auf „Veröffentlichen“ geklickt, bevor der richtige Artikel anfing? Meine Güte. So langsam beginne ich zu verstehen, warum Journalisten in manchen Ländern verfolgt werden (und nein, das ist selbstverständlich furchtbar). Aber ich hätte da einen Vorschlag zur Güte:
Burda hat 10.440 Mitarbeiter (Stand Juli 2017). Lass doch mal den Klingelbeutel rumgehen, Malte (kann man auch über’s Intranet „crowdfunden“, PayPal-Konto einrichten und so). Jeder wirft einen Euro rein und Herr Waqqas A. ist seine Schulden auf einen Schlag los. Wie wäre das? So machen wir Konservativen das, wenn Kollegen in Schwierigkeiten stecken. Problem sehen, Problem verstehen, Problem abstellen. 1 Euro, Malte. Nicht? Klar, dann ist natürlich die Soap-Opera vom gebeutelten, aber fleißigen Flüchtling im Eimer…
Dämlicher Gutmensch-Vollpfosten!
[1] http://www.focus.de/politik/deutschland/asylbewerber-aus-pakistan-fluechtling-findet-job-dann-stellen-die-behoerden-eine-unerwartete-forderung_id_7730560.html
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Terroranschläge_in_Lahore_am_28._Mai_2010