Jemand müsste mal…
Es erinnert an das humorige Bild, das die Verständnisprobleme zwischen Männern und Frauen verdeutlichen soll. Sie, erwartungsvoll: „Jemand müsste mal den Müll runter bringen!“ Er, mit fachmännischem Blick: „Das stimmt.“
Jetzt könnte man darüber spekulieren, ob sich beim EU-Gipfel die selbe Panne ereignet hat, als Merkel ihren Kollegen schonend vermitteln wollte, dass mal jemand die Migrationskrise lösen müsste. Das Ergebnis jedenfalls spricht dafür: Ohne vorprogrammierten Streit wird sich gar nichts bewegen, da zwar alle dem Sachverhalt zustimmen, aber sich niemand für die Ausführung zuständig fühlt. Und das ist so gewollt.
Freiwillige vor!
Ungefähr so: „Die EU-Staaten haben sich bei ihrem Gipfel in Brüssel darauf geeinigt, in der EU geschlossene Aufnahmelager für gerettete Bootsflüchtlinge einzurichten. Diese sollen in Ländern entstehen, die sich freiwillig dazu bereit erklären. Aus den Lagern heraus sollen die Menschen wiederum auf Staaten verteilt werden, die freiwillig mitmachen. Welche das sein könnten, ist noch unklar.“
Ernsthaft? Ich gehe wohl recht in der Annahme, dass jedem (außer der Tagesschau) glasklar sein dürfte, wo diese — überwiegend illegalen — Migranten am Ende landen: Da, wo sie jetzt schon hin wollen und kommen. Nach Deutschland. Bzw. in absteigender Reihenfolge in die restlichen (zunehmend weniger werdenden) Flüchtilanten-Paradiese mit laschen Kontrollen und üppigen Sozialleistungen. Was ich übrigens auch nicht anders machen würde.
Wer wird sich nun also freiwillig auf seinem Territorium diese „geschlossenen Lager“ ans Bein heften, in der vagen Hoffnung, dass sich für deren Insassen freiwillige Abnehmer zur Weiterflucht finden? Entweder gibt es da bereits Absprachen und Übereinkünfte, von denen wir nichts erfahren, oder die Antwort lautet schlichtweg: Niemand. Auch das wäre absolut nachvollziehbar.
Über Afrika reden
Noch grotesker wird diese ganze Inszenierung, wenn es darum geht, die nordafrikanischen Durchgangsländer in die Pläne einzubeziehen: „Zugleich sollen nach dem Willen der EU-Staaten auch Sammellager in nordafrikanischen Staaten entstehen […]“ Was, wenn überhaupt irgendwo, dort absolut sinnvoll wäre. Problem nur: „Allerdings lehnen die betroffenen Staaten dies bislang ab.“ Der Wille der EU-Staaten interessiert die schlichtweg nicht. „Bislang“ jedenfalls.
Ob das gut oder schlecht ist, darüber bin ich mir selbst noch nicht ganz im Klaren, denn eigentlich habe ich bisher auch für diese Vorgehensweise geworben. Die Sache hat allerdings einen Haken, also abgesehen davon, dass die Afrikaner gar nicht mitmachen: „Bei diesen möglichen Sammelstellen werde mit dem UN-Flüchtlingswerk UNHCR und der Internationalen Organisation für Migration zusammengearbeitet und internationales Recht eingehalten, versicherte Bundeskanzlerin Angela Merkel.“ Vereinfacht ausgedrückt:
Bock tritt Gärtnerjob an
Die Instanz schlechthin, wenn es um die Einhaltung von Recht und Gesetz geht, unsere Angela Merkel, möchte in Zusammenarbeit mit den Vorkämpfern von „No borders“, „Resettlement“ und „Replacement migration“, UNHCR und IOM, dafür Sorge tragen, dass irgendwo außer Sichtweite ordentlich und möglichst geräuschlos über die Umverteilung von Flüchtlingen (nach Europa) entschieden wird. Geht mir das nur so, oder klingt das verdächtig nach BAMF in der Wüste?!
Immerhin, die dafür eingeplanten Staaten denken gar nicht daran. „Bislang“. Sie haben nichts dagegen, wenn wir ihre Küstenwachen aufrüsten und bei der Grenzsicherung im Süden tatkräftig (oder auch nur monetär) mit anpacken, aber damit hat es sich dann auch. Und vielleicht sollte man diese sture Weitsichtigkeit auch einfach akzeptieren, denn den betroffenen Ländern dürfte klar sein, dass Europa in absehbarer Zeit die durchreisenden Massen aus Subsahara weder aufnehmen wollen wird, noch kann.
Der zweite Ring der Festung
Die zusätzlichen drei Milliarden Euro, die nun Richtung Ankara wandern, damit aus dieser Richtung (zumindest bis nach den Wahlen in Hessen und Bayern) niemand nach Berlin wandert, weisen gewissermaßen schon den gangbaren Weg für Nordafrika. Wir erkaufen uns damit Zeit. Und ja, wir machen uns für all die dubiosen Regime an Europas Peripherie zugleich auch erpressbar. Aber das ist spottbillig im Vergleich zu den Kosten (und Folgekosten) daheim. Und, wie gesagt, es verschafft uns Zeit, Abstand und ein Frühwarnsystem zugleich, bis die Festung Europa steht.
Fazit
Es ist nichts beim EU-Gipfel heraus gekommen, abgesehen von Floskeln („Frontex ausbauen“, „Außengrenzen schützen“) und „falls jemand Lager bauen will, das geht in Ordnung“. Und, ehrlich gesagt: Mehr habe ich von Merkel auch nicht erwartet. Sie wird uns das in den nächsten Tagen natürlich blumig als Erfolg verkaufen und Seehofer wird unter einem erleichterten „Ja, wenn das so ist!“ geräuschvoll einknicken. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.