Nachwehen und Vorbeben
Manches war vorhersehbar. Beispielsweise, dass Mutti auf stur schaltet und die Repressalien-Karte ausspielt. Die AfD sollte doch besser vom Verfassungsschutz darauf überprüft werden, ob sie nicht vielleicht beobachtet werden könnte. Aha. Ein Glück, dass nicht diverse Wahlen vor der Tür stehen. Ist zwar Schwachsinn, aber bitte, sollen sie. Wer heute nicht wenigstens mit einer Beobachtung bedroht wird, engagiert sich offensichtlich nicht genug. Das mag im Moment unangenehm sein, aber glaubt mir: Wer nichts Unrechtes tut, wird in fünf Jahren darüber lachen können und es stolz herumzeigen.
A propos Stolz… Leute, lasst endlich diese peinliche Distanzeritis! Wir müssen uns für niemanden schämen, der für die vielbeschworene freiheitlich-demokratische Grundordnung eintritt. Ich sage das auch mit PEGIDA (Dresden) im Hinterkopf. Es gibt dann auch Fälle, wo ich mir denke „Hm!“. Sagen wir mal die Junge Alternative, die jetzt panisch ihre Landesverbände Niedersachsen und Bremen entsorgt. Die Wähler, die AfD wählen, irritiert das (die anderen interessiert es nicht). Sie belohnen so ein vorsorgliches Wegducken nicht, wenn die Vorwürfe haltlos sind. Und falls sie es nicht sind: Habt ihr da vorher gepennt? PR-technisch ist das ausbaufähig.
Aber das nur am Rande. Ich weiß nicht, ob die AfD das statistisch nachvollziehen kann, aber Chemnitz, bzw. die peinlichen Tage danach, haben einige Leute aus meinem Umfeld von Wählern zu Mitgliedern konvertiert. Ich habe das auch schon von anderen gehört. Die Wahlprognosen deuten ebenfalls nach oben. Das hat mich gar nicht so sehr überrascht. Womit ich absolut nicht gerechnet hatte, ist, dass einen Tag später die selben Politiker, die gestern noch die AfD beobachten lassen wollten, heute fast einhellig nach einer Beobachtung des Verfassungsschutzes rufen. Weil sein Chef der Raute nochmals ihre beharrliche Lüge zerlegt hat! Kann man sich echt nicht ausdenken sowas…
Und Chemnitz? Läuft!
„Eine Demonstration der rechtspopulistischen Bewegung ‚Pro Chemnitz‘ hat nach Schätzungen von Beobachtern am Freitagabend an die 2000 Teilnehmer angezogen“, schreibt der Merkur. Ja, nee, oder? Das ist natürlich Unfug. Die haben sich alle selbst angezogen! Schon vor der Demo. Ich verlinke den Artikel nicht — wer sich unbedingt Fäkalien in die Augen träufeln will, bitte, einfach dem penetranten Geruch bei Google folgen.
Die realistischere Ziffer dürfte zwischen 5.000 und 6.000 Demonstranten gelegen haben. Eher mehr. Aber bitte, zählt doch selbst nach. [1] Und, liebe Fakten Light-Presse: Bei 1:29 h. So geht Demo-Hygiene in Chemnitz. Ja, da hat einer „Ausländer raus!“ geplärrt. Deshalb wurde er unter Beifall aus der Kundgebung… äh, „entlassen“. Großes Lob an Veranstalter und Ordner! Nächste Woche gerne wieder. Und da Merkel sich kaum vor, während oder nach ihres geplanten Besuchs entschuldigen wird, vermutlich noch einige Wochen mehr. Willkommen im Widerstand, Chemnitz!
Eines dürfen wir natürlich nicht verschweigen: Es waren tatsächlich ungefähr 500 Nazis anwesend. Aber zumindest für zwei Stunden konnten sie damit ihr selbst gestecktes Plansoll erfüllen — größtenteils war „Chemnitz nazifrei“. Bis auf die eine Stelle. Dank eines Großaufgebotes der Polizei aus sechs Ländern nebst Bundespolizei wurde verhindert, dass bei deren friedlicher Gegen-Demo die Stadt versehentlich abbrennt. Sowas passiert ab und zu (halloooo Hamburg).
Das kann weg
Eventuell sollte man doch mal evaluieren, ob die Gelder im „Kampf gegen Extremismus“ sinnvoll angelegt und zielführend verteilt werden. Man beachte die Art der Straftaten und die prozentualen Veränderungen. Sind nur ein paar Seiten, keine Angst, schaut mal rein. [2] Und damit schließt sich so ein bisschen der Kreis zum Anfang:
Was nun, Frau Merkel? Bleiben Sie weiter bockig und verordnen allen andere ihre Realität (also im Grunde wie immer), oder rollt jetzt der Kopf von Hans-Georg Maaßen? Und falls Letzteres: Wenn dann einer der wenigen Protagonisten in diesem Umfeld, der verglichen mit den anderen Schlapphut-Armleuchtern regelrecht neutral wirkt (und ab und an einen Treffer landet) — wer schert sich dann überhaupt noch um die Erkenntnisse eines derart plump politisch restlos gesäuberten Geheimdienstes? Schönes Dilemma, was? Viel Spaß damit!
Wo wir gerade dabei sind, darüber zu reden, was weg kann: Reflexartig springt „Faktenerfinder“ Patrick Gensing (so eine Art Merkeljugend-Rottenführer) aus dem Busch und wirft spontan seine geheimdienstliche Expertise in den Ring. Nicht ungewöhnlich, aber dann haut er so eine Schote raus: „Eine Anfrage an das Bundesamt für Verfassungsschutz, welche Indizien es für eine gezielte Fälschung gebe, ist bislang nicht beantwortet worden.“ [3] Blödes Gefühl, oder, wenn der VS irgendwas behauptet, ohne sich über Details oder gar Beweise auszulassen. Ist halt geheim. Sonst wäre es ja ein Transparenzdienst! Lusche.
[1] https://www.facebook.com/wfdwirfeurdeutschland/videos/231310494228462/
[2] https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/2018/pmk-2017.pdf?__blob=publicationFile&v=4
[3] https://faktenfinder.tagesschau.de/inland/maasen-video-chemnitz-101.html