Judith Bergman, 10.11.2018, Gatestone Institute
aus dem Englischen von Daniel Heiniger
- Es kann nicht genug betont werden, dass es bei diesem Abkommen nicht um Flüchtlinge geht, die vor Verfolgung fliehen, oder um ihr Recht auf völkerrechtlichen Schutz. Stattdessen propagiert das Abkommen die radikale Idee, dass Migration – aus welchem Grund auch immer – etwas ist, das gefördert, ermöglicht und geschützt werden muss.
- Die UNO hat kein Interesse daran, zuzugeben, dass ihr Abkommen die Migration als Menschenrecht promotet; bis vor kurzem gab es wenig Diskussionen darüber. Mehr Diskussionen könnten das gesamte Projekt gefährden.
- Die UNO-Mitgliedstaaten sollen nicht nur ihre Grenzen für die Migranten der Welt öffnen, sondern ihnen auch helfen, ihr zukünftiges Land frei zu wählen, indem sie ihnen umfassende Informationen über jedes Land, in dem sie sich niederlassen möchten, zur Verfügung stellen.
Die Vereinten Nationen machen in einer unverbindlichen Vereinbarung, die fast alle UNO-Mitgliedstaaten Anfang Dezember bei einer Zeremonie in Marokko unterzeichnen werden, Migration zu einem Menschenrecht.
Der finalisierte Text der Vereinbarung, des Globalen Paktes für eine sichere, geordnete und reguläre Migration, ist zwar offiziell nicht bindend, „setzt die Migration aber fest auf die globale Agenda. Er wird für die kommenden Jahre ein Bezugspunkt sein und einen echten Wandel vor Ort herbeiführen….“ so Jürg Lauber, der Vertreter der Schweiz bei der UNO – der die Arbeit an dem Abkommen zusammen mit dem Vertreter Mexikos geleitet hat.
Eine unmittelbare Ironie ist natürlich, dass nur wenige Länder über so restriktive Zugangsbedingungen verfügen wie die Schweiz. Wenn man länger als drei Monate bleiben will, ist nicht nur eine „Aufenthaltserlaubnis“ erforderlich, sondern auch: „Um die Zuwanderung aus Nicht-EU-/EFTA-Ländern zu begrenzen, setzen die Schweizer Behörden strenge jährliche Beschränkungen für die Anzahl der Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse für Ausländer fest“.
Diese schwer zugänglichen Aufenthaltstitel sind, wie nicht anders zu erwarten, zu einer Einkommensquelle geworden, da „reiche Ausländer Schweizer Aufenthaltstitel ‚kaufen‘.“
Das UNO-Abkommen hingegen nimmt dies zur Kenntnis:
„Flüchtlinge und Migranten haben Anspruch auf dieselben allgemeinen Menschenrechte und Grundfreiheiten, die stets geachtet, geschützt und gewährleistet werden müssen.“ (Präambel, Abschnitt 4)
Es kann nicht genug betont werden, dass es bei diesem Abkommen nicht um Flüchtlinge geht, die vor Verfolgung fliehen, oder um ihr Recht auf völkerrechtlichen Schutz. Stattdessen propagiert das Abkommen die radikale Idee, dass Migration – aus welchem Grund auch immer – etwas ist, das gefördert, ermöglicht und geschützt werden muss. Es wird erwartet, dass fast alle UNO-Mitgliedstaaten, mit Ausnahme der Vereinigten Staaten, Österreichs, Australiens, Kroatiens, Ungarns und möglicherweise auch der Tschechischen Republik und Polens, es unterzeichnen.
Die UNO hat geleugnet, dass Migration zu einem Menschenrecht gemacht wird. „Die Frage, ob dies ein unpassender Weg ist, ein ‚Menschenrecht auf Migration‘ zu promoten, ist nicht richtig. Es steht nicht im Text; es gibt kein unheilvolles Projekt, um das voranzubringen“, sagte Louise Arbour, die UNO-Sonderbeauftragte für internationale Migration, kürzlich.
Die UNO hat kein Interesse daran, zuzugeben, dass das Abkommen die Migration als Menschenrecht vorantreibt; bis vor kurzem gab es wenig Diskussionen darüber. Mehr Diskussionen könnten das gesamte Projekt gefährden. Der Wortlaut der Vereinbarung, wie unten dokumentiert, lässt jedoch keinen Zweifel daran, dass mit der Unterzeichnung der Vereinbarung die Migration tatsächlich zu einem Menschenrecht wird.
Das Abkommen gliedert sich in 23 Ziele, auf die sich die Unterzeichner offenbar einstellen wollen. Ziel Nummer drei sieht beispielsweise die Förderung und Ermöglichung von Migration durch eine Reihe von Maßnahmen vor. Die Unterzeichnerstaaten verpflichten sich dazu:
„[E]ine zentralisierte und öffentlich zugängliche nationale Website [zu] erstellen und [zu] veröffentlichen, die über Möglichkeiten für eine reguläre Migration informiert, so etwa über landesspezifische Einwanderungsgesetze und -regelungen, Visumspflicht, Antragstellungsformalitäten, Gebühren und Umwandlungskriterien, Voraussetzungen für eine Arbeitserlaubnis, erforderliche berufliche Qualifikationen, Prüfung und Anerkennung von Zeugnissen, Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten sowie Lebenshaltungskosten und Lebensbedingungen, damit Migranten über eine Entscheidungsgrundlage verfügen.“
Mit anderen Worten, die Staaten sollen nicht nur ihre Grenzen für die Migranten der Welt öffnen, sondern ihnen auch helfen, ihr zukünftiges Land frei zu wählen, indem sie sie mit umfassenden Informationen über jedes Land versorgen, in dem sie sich niederlassen möchten.
Auch der Servicelevel, der vorgesehen ist, um mehr Migration zu ermöglichen, ist hoch. Die Länder sind aufgerufen zur:
„Einrichtung offener und zugänglicher Informationspunkte entlang relevanter Migrationsrouten, die Migranten auf eine kindgerechte und geschlechtsspezifische Unterstützung und Beratung verweisen können, die Möglichkeiten zur Kommunikation mit konsularischen Vertretern des Herkunftslandes bieten und relevante Informationen, einschließlich über Menschenrechte und Grundfreiheiten, angemessenen Schutz und Unterstützung, Optionen und Wege für eine reguläre Migration sowie Möglichkeiten der Rückkehr, in einer Sprache, die die betreffende Person versteht, zur Verfügung stellen“.
Sobald die Migranten am Zielort angekommen sind, verpflichten sich die Unterzeichnerländer dazu:
„[E]ntlang wichtiger Migrationsrouten offene und frei zugängliche Informationsstellen einrichten, die Migranten auf Möglichkeiten für eine kindergerechte und geschlechtersensible Unterstützung und Beratung verweisen, Möglichkeiten zur Kommunikation mit der konsularischen Vertretung des Herkunftslandes bereitstellen und in einer für die Betroffenen verständlichen Sprache relevante Informationen bereitstellen können, unter anderem über Menschenrechte und Grundfreiheiten, angemessenen Schutz und angemessene Hilfe, Optionen und Wege für eine reguläre Migration und Rückkehrmöglichkeiten“.
Migranten sind offensichtlich Bürger einer neuen Welt, in der alle Länder jedem Zuhilfe eilen müssen, der sich aus irgendeinem Grund für eine Reise und einen Aufenthalt dort entschieden hat. Grenzen mögen in der Theorie existieren, aber die UNO – die fast alle Regierungen der Welt umfasst – arbeitet hart daran, sie in der Praxis verschwinden zu lassen.
Migranten müssen gemäß der Vereinbarung auch in ihren neuen Ländern befähigt werden „zur Verwirklichung der vollständigen Inklusion und des sozialen Zusammenhalts“ (Ziel 16). Das bedeutet unter anderem, dass die Länder folgendes tun müssen:
„[D]en gegenseitigen Respekt für die Kultur, die Traditionen und die Gebräuche der Zielgesellschaft und der Migranten fördern und zu diesem Zweck bewährte Verfahrensweisen im Bereich von Integrationspolitik, -programmen und -tätigkeiten, einschließlich Wegen zur Förderung der Akzeptanz von Vielfalt und der Erleichterung von sozialem Zusammenhalt und Inklusion, austauschen und umsetzen“.
Alle Kulturen sind gleichberechtigt und müssen gleichermaßen respektiert werden. Vermutlich bedeutet dies, dass beispielsweise die Tradition der weiblichen Genitalverstümmelung (FGM), die fast alle somalischen Frauen in Somalia erleben, in London und Paris in „gegenseitigem Respekt“ anerkannt werden muss, so wie sie es in Mogadischu würde.
In der Vereinbarung wird ferner die Arbeit aufgezählt, die die Staaten unternehmen müssen, um Migranten aufzunehmen. „Nationale… Politikziele zur gesellschaftlichen Inklusion von Migranten, insbesondere zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt, Familienzusammenführung, Bildung, Nichtdiskriminierung und Gesundheit“ sollten entwickelt werden. Darüber hinaus sollte das Gastland dafür sorgen, dass „der Zugang zu einer menschenwürdigen Arbeit und Beschäftigung, für die sie am besten qualifiziert sind, erleichtert wird, im Einklang mit der Arbeitsmarktnachfrage und dem Qualifikationsangebot“.
Mit anderen Worten, neu eingetroffene Migranten in Europa sollten die gleichen oder zumindest sehr ähnliche Rechte auf Bildung, Arbeitsmarkt und Gesundheitswesen haben wie Europäer, die ein halbes Jahrhundert lang hart gearbeitet und Steuern gezahlt haben, um Zugang zu genau diesen Dingen zu bekommen. Die Europäer werden das alles natürlich aus ihren Steuergeldern bezahlen müssen.
Die Autoren des Abkommens erwarten offensichtlich nicht, dass es bei ihren Bevölkerungen so gut ankommt. Ein Abkommen zur Erleichterung der Massenmigration in vor allem westliche Länder aus dem Rest der Welt (es gibt keine nennenswerte Migration in umgekehrter Richtung) könnte sich für die Menschen im Westen als etwas viel erweisen. Die Vereinbarung signalisiert daher deutlich, dass jegliche Meinungsverschiedenheiten mit der Agenda nicht akzeptiert werden und dass die Unterzeichnerstaaten darauf hinarbeiten werden, „um irreführende Narrative, die zu einer negativen Wahrnehmung von Migranten führen,“ zu beseitigen.
Um dieses Ziel zu verwirklichen, verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten als erstes dazu:
„[U]nter voller Achtung der Medienfreiheit eine unabhängige, objektive und hochwertige Berichterstattung durch die Medien, einschließlich Informationen im Internet, [zu] fördern, unter anderem durch Sensibilisierung und Aufklärung von Medienschaffenden hinsichtlich Migrationsfragen und -begriffen, durch Investitionen in ethische Standards der Berichterstattung und Werbung und durch Einstellung der öffentlichen Finanzierung oder materiellen Unterstützung von Medien, die systematisch Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und andere Formen der Diskriminierung gegenüber Migranten fördern“. (Objective 17)
Hier haben wir Orwell auf Steroiden. Fast alle UNO-Mitgliedstaaten werden eine Vereinbarung unterzeichnen, die besagt, dass Medien, die mit der Regierungspolitik nicht einverstanden sind, nicht für eine öffentliche Finanzierung in Frage kommen? Darüber hinaus behauptet das Abkommen seltsamerweise, dass es „unter voller Achtung der Medienfreiheit“ geschrieben wird, als ob das jemanden dazu bringen würde, es tatsächlich zu glauben. Das Gegenteil ist der Fall.
Zweitens verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten:
„…im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsnormen alle Formen der Diskriminierung zu beseitigen und Äußerungen, Handlungen und Ausprägungen von Rassismus, Rassendiskriminierung, Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender Intoleranz gegenüber allen Migranten zu verurteilen und zu bekämpfen.“ (Objective 17)
Das Abkommen bietet in diesem Zusammenhang bequemerweise keine Definition dessen, was „Rassismus“ oder „Fremdenfeindlichkeit“ ist. Was ist zum Beispiel „damit zusammenhängende Intoleranz“? Ist Kritik an der UNO-Migrationspolitik z.B. „Intoleranz“?
Ursprünglich hatten alle UNO-Mitgliedstaaten, mit Ausnahme der Vereinigten Staaten, den endgültigen Text des Abkommens genehmigt und schienen bereit, es im Dezember zu unterzeichnen. In letzter Zeit haben jedoch mehr Staaten angekündigt, dass sie sich aus dem Abkommen zurückziehen.
Im Juli zog sich Ungarn aus dem Abkommen zurück. Der ungarische Außenminister Peter Szijjarto bezeichnete es als „völlig gegen die Sicherheitsinteressen Ungarns“ und fügte hinzu:
„Dieser Pakt stellt eine Bedrohung für die Welt dar, da er Millionen [von Migranten] inspirieren könnte. Die Hauptprämisse ist, dass Migration ein gutes und unvermeidliches Phänomen ist. Wir betrachten Migration als einen schlechten Prozess, der äußerst schwerwiegende Auswirkungen auf die Sicherheit hat.“
Im Juli kündigte Australien auch an, dass es aus dem Abkommen aussteigen werde, zumindest in seiner jetzigen Form. Laut Innenminister Peter Dutton:
„Wir werden keine Vereinbarung unterzeichnen, die irgend etwas in Bezug auf unsere Grenzschutzpolitik aufzugeben verlangt… Wir werden unsere Souveränität nicht aufgeben – ich werde nicht zulassen, dass ungewählte Organe uns, dem australischen Volk, Vorschriften machen.“
Im November kündigten sowohl die Tschechische Republik als auch Polen an, dass sie sehr wahrscheinlich aus dem Abkommen aussteigen würden, und die kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic schrieb in einer Erklärung, dass sie das Abkommen nicht unterzeichnen werde. „Unsere souveränen Prinzipien zur Sicherung unserer Grenzen und zur Steuerung der Migrationsströme haben für uns absolute Priorität“, sagte der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki.
Ebenfalls erst diesen Monat hat Österreich angekündigt, dass es das Abkommen auch nicht unterzeichnen wird. „Wir sehen einige Punkte des Migrationspakts sehr kritisch, wie z.B. die Vermischung von Schutzsuchenden und Arbeitsmigration“, sagte der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Die Europäische Union hat die Entscheidung Österreichs sofort kritisiert. „Wir bedauern die Entscheidung der österreichischen Regierung. Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass Migration eine globale Herausforderung ist, bei der nur globale Lösungen und die gemeinsame Wahrnehmung globaler Verantwortung zu Ergebnissen führen werden“, sagte eine ungenannte Sprecherin der Europäischen Kommission.
Es handelt sich übrigens um die gleiche EU, die angeblich gegen die Migration „vorgehen“ wird. Wenn Sie gegen die Migration „vorgehen“, warum unterzeichnen Sie dann Vereinbarungen, die sie als Menschenrecht erleichtern und potenzieren?
Judith Bergman, eine Kolumnistin, Juristin und Politologin, ist eine angesehene Senior Fellow am Gatestone Institute.
Erstveröffentlichung hier. Reproduktion mit freundlicher Genehmigung des Gatestone Instituts.