Burak Bekdil, 18.9.2019, Gatestone Institute
aus dem Englischen von Daniel Heiniger
- Präsident Recep Tayyip Erdoğan will die Türkei nun zu einem Schurkenstaat mit Atomwaffen machen.
- Mehrere Jahrzehnte lang galt die Türkei als zuverlässiger NATO-Verbündeter und als vertrauenswürdiger Treuhänder eines Teils des US-Atomarsenals. In den frühen 1960er Jahren begannen die USA, nukleare Sprengköpfe auf den vier Hauptflugplätzen des türkischen Militärs zu lagern.
- Derzeit stehen die nuklearen Sprengköpfe in der Türkei auf dem Militärflugplatz Incirlik dem US-Militär im Rahmen eines speziellen US-amerikanischen und türkischen Abkommens noch zur Verfügung. Dieser Vertrag macht die Türkei zum Gastgeber von US-Atomwaffen. Gemäß dem Einsatzprotokoll müssen jedoch sowohl Washington als auch Ankara dem Einsatz der in Incirlik stationierten Atomwaffen zustimmen.
- „Länder, die sich den Atomwaffen des Iran widersetzen, sollten selbst keine Atomwaffen haben.“ — Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, Hürriyet, 2008.
- Wenn die Türkei offen oder verdeckt ein Atomwaffenprogramm gestartet hat — wie Erdoğan es anscheinend möchte — könnte der Schritt durchaus einen Dominoeffekt auf die Region haben. Die regionalen Gegner der Türkei wären alarmiert, und Saudi-Arabien, Ägypten, Syrien und Griechenland könnten versucht sein, ihre eigenen Atomwaffenprogramme zu starten. Erdoğan sollte nicht erlaubt werden, Atomwaffen zu besitzen.
Während der 17 Jahre, in denen er das NATO-Mitglied Türkei regierte, hat der islamistische starke Mann des Landes, Präsident Recep Tayyip Erdoğan, selten eine Gelegenheit verpasst, Mustafa Kemal Atatürks säkulares, pro-westliches Erbe in einen Schurkenstaat zu verwandeln, das westlichen Interessen feindlich gesinnt ist. Erdoğan will nun einen Schurkenstaat mit Atomwaffen daraus machen.
„Sie sagen, wir können keine nuklearen Raketen haben, obwohl einige sie haben. Das kann ich nicht akzeptieren“, sagte Erdoğan in einer Rede vom 4. September und vergaß dabei bequem, dass die Türkei 1980 den Atomwaffensperrvertrag (NPT) unterzeichnet hat. Mit anderen Worten, der gewählte Führer der Türkei erklärt öffentlich, dass er beabsichtigt, einen von seinem Land unterzeichneten internationalen Vertrag zu verletzen. Die Türkei ist auch Unterzeichner des Vertrags über das umfassende Verbot von Atomtests von 1996, der alle Atomexplosionen für jeden Zweck verbietet.
Mehrere Jahrzehnte lang galt die Türkei als zuverlässiger NATO-Verbündeter und als vertrauenswürdiger Treuhänder eines Teils des US-Atomarsenals. Anfang der 1960er Jahre begannen die USA, nukleare Sprengköpfe auf den vier Hauptflugplätzen des türkischen Militärs (Ankara Mürted, Malatya Erhaç, Eskişehir und Balıkesir) zu lagern. Wenn der Befehl dazu gekommen wäre, hätten die Piloten der türkischen Luftwaffe den Auftrag gehabt, die festgelegten Ziele des Warschauer Paktes zu treffen.
Geschwader von Jets, die für den Transport von Atombomben bestimmt waren, wurden auf jedem Flugplatz (zuerst F-100, gefolgt von F-104 und schließlich von F-4) rund um die Uhr einsatzbereit gehalten. Jede Basis beherbergte eine kleine US-Militäreinheit, die für den nuklearen Lagerbestand verantwortlich war. Darüber hinaus hielt eine türkisch-amerikanische Militärbasis in Incirlik in der Südtürkei nukleare Sprengköpfe, die vom US-Militär betrieben werden sollten. „Mit dieser Rolle hat die Türkei die Abschreckung der NATO in den Jahren des Kalten Krieges erheblich verstärkt“, sagte Yusuf Kanlı, ein prominenter Kolumnist und Präsident des in Ankara ansässigen Think Tanks Sigma Turkey, in einem privaten Interview am 9. September.
Nach dem Ende des Kalten Krieges wurden die in türkischem Besitz befindlichen Atomwaffen (auf den vier Militärflugplätzen, außer Incirlik) schrittweise abgeräumt, während die nukleare Treuhänderschaft zum Erliegen kam. Derzeit stehen nukleare Sprengköpfe dem US-Militär im Rahmen eines speziellen US-amerikanischen und türkischen Abkommens noch in Incirlik zur Verfügung. Dieser Vertrag macht die Türkei zum Gastgeber von US-Atomwaffen. Nach dem Einsatzprotokoll müssen jedoch sowohl Washington als auch Ankara einem Einsatz der in Incirlik stationierten Atomwaffen zustimmen.
Dies ist in der Tat nicht das erste Mal, dass Erdoğan seinen Eifer erklärt hat, die Türkei zu einem nuklear bewaffneten Staat zu machen. Bereits 2008 – als er das Vorzeigekind naiver westlicher Staatsmänner und Intellektueller war, die glaubten, er sei ein reformistischer Demokrat — sagte Erdoğan: „Länder, die sich den Atomwaffen des Iran widersetzen, sollten selbst keine Atomwaffen haben.“ Trotz seiner Benutzung des Plurals für „Länder“ zeigte Erdoğan offensichtlich mit dem Finger auf das Land, das er am meisten hasst: Israel, nicht die Vereinigten Staaten.
In einer Rede von 2010 beschrieb Erdoğan Israel als „die größte Bedrohung für den Frieden“ im Nahen Osten. In dieser Rede wiederholte er seine Skepsis darüber, ob der Iran beabsichtige, sein Atomkraftprogramm zum Bau von Atomwaffen zu nutzen, und sagte, dass es keine derartige Unsicherheit über das nicht deklarierte Arsenal Israels gebe.
Wenn die Türkei offen oder verdeckt ein Atomwaffenprogramm gestartet hat — wie Erdoğan es anscheinend möchte — könnte der Schritt durchaus einen Dominoeffekt auf die Region haben. Die regionalen Gegner der Türkei wären alarmiert, und Saudi-Arabien, Ägypten, Syrien und Griechenland könnten versucht sein, ihre eigenen Atomwaffenprogramme zu starten. Erdoğan sollte nicht erlaubt werden, Atomwaffen zu besitzen.
Burak Bekdil, einer der führenden Journalisten der Türkei, wurde kürzlich nach 29 Jahren von der renommiertesten Zeitung des Landes entlassen, weil er für Gatestone geschrieben hat, was in der Türkei geschieht. Er ist Fellow am Middle East Forum.
Erstveröffentlichung hier. Reproduktion mit freundlicher Genehmigung des Gatestone Instituts.