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Verdient Angela Merkel einen Zionismuspreis?

Soeren Kern, 19.10.2019, Gatestone Institute
aus dem Englischen von Daniel Heiniger

Eine Entscheidung des Jüdischen Weltkongresses, die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem renommierten Theodor-Herzl-Preis für Zionismus zu ehren, hat bei jüdischen Führern in den Vereinigten Staaten und Europa Wut und Verwirrung ausgelöst. (Foto Wikimedia Commons)

Eine Entscheidung des World Jewish Congress (WJC), die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem renommierten Theodor-Herzl-Preis für Zionismus zu ehren, hat bei jüdischen Führern in den USA und Europa Wut und Verwirrung ausgelöst.

Der WJC, der im August 1936 in Genf gegründet wurde, um dem Aufstieg Adolf Hitlers und der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Europa zu begegnen, vergibt seinen jährlichen Preis an Personen, die sich für die Ziele des verstorbenen Theodor Herzl, dem Gründer der modernen zionistischen Bewegung, „für die Schaffung einer sichereren und toleranteren Welt für Juden“ einsetzen.

Kritiker sagen, dass Merkel, da ihre Innen- und Außenpolitik in den letzten Jahren die Welt für Juden weniger sicher gemacht hat, der Auszeichnung auf ganz besondere Weise unwürdig ist. Zu dieser Politik gehört:

Die Entscheidung des WJC, den Preis an Merkel zu übergeben — normalerweise im November — ist noch nicht offiziell veröffentlicht worden. Prominente europäische Juden enthüllten jedoch, dass sie private Einladungen zur Preisverleihung erhalten hatten, und die Kontroverse wurde von israelischen Medien, darunter von der Jerusalem Post und Israel Hayom, an die Öffentlichkeit gebracht.

Die Entscheidung, den diesjährigen Preis an Merkel zu vergeben, scheint das Werk von Charlotte Knobloch zu sein, einer achtzigjährigen Jüdin, die von einer christlichen Familie in Franken, einer Region Nordbayerns, vor dem Holocaust gerettet wurde. Seit mehr als 30 Jahren ist sie in der jüdischen Gemeinde Bayerns tätig und leitet heute die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern. Sie ist außerdem die Beauftragte des WJC für das Holocaust-Andenken.

Knobloch hat die Idee, dass die Massenmigration aus der muslimischen Welt zum Aufkommen des Antisemitismus in Deutschland beigetragen hat, vehement abgelehnt. Stattdessen macht sie die „rechtsextreme“ Anti-Massenmigrationspartei Alternative für Deutschland (AfD), die drittgrößte Partei im Deutschen Bundestag, verantwortlich.

Im Oktober 2018 gründeten deutsche Juden eine jüdische Gruppe innerhalb der AfD. Die so genannten Juden in der AfD (JAfD) ist eine Antwort auf die von den deutschen Mainstream-Parteien geförderte Einwanderungspolitik der offenen Türen, die Millionen von Muslimen hereingelassen hat und den islamischen Antisemitismus im Land fördert.

Emanuel Bernhard Krauskopf, ein 69-jähriger deutscher Jude, der 2013 zur AfD kam, sagte, er habe die JAfD gegründet, weil die Mainstream-Parteien in Deutschland nicht genug unternehmen, um den Antisemitismus zu bekämpfen. „Alle toten Juden, die seit 2000 in Europa ermordet wurden, sind von Islamofaschisten getötet worden“, sagte Krauskopf, dessen Familie während des Holocaust aus Polen floh und 50 Familienmitglieder in Nazi-Konzentrationslagern verlor. Er fügte hinzu, dass viele Juden in Ost- und Westdeutschland die AfD annehmen, weil sie glauben, dass eine anhaltende Massenmigration eine Gefahr für die Zukunft des jüdischen Lebens in Deutschland darstellt. Er wurde von Kritikern beschuldigt, ein „jüdischer Nazi“ zu sein.

Die Entstehung der JAfD stellt das lange benutzte Narrativ der deutschen Politik in Frage, dass die AfD „antisemitisch“ ist.

Weil sie „wie keiner ihrer Amtsvorgänger in unverrückbarer Entschlossenheit, Eindeutigkeit und Glaubwürdigkeit beherzt und kämpferisch an der Seite der jüdischen Menschen in Deutschland und des Staates Israel“ stehe, verlieh Knobloch Merkel 2016 die Ohel-Jakob-Medaille der jüdischen Gemeinde München.

Knobloch sagte in ihrer Rede, dass Merkel, wie kein anderer deutscher Führer vor ihr, „auf die entschlossenste und unmissverständlichste Weise zur jüdischen Gemeinschaft und mit Israel steht“. Dies sei „ein Ausdruck ihrer Menschlichkeit und ihres Bewusstseins für historische Verantwortung“, sagte Knobloch. Sie fügte hinzu:

„Diese historische Verantwortung Deutschlands ist Teil der Staatsräson meines Landes. Das heißt, die Sicherheit Israels ist für mich als deutsche Bundeskanzlerin niemals verhandelbar.“

Merkel sagte in ihrer Dankesrede, dass für sie eine solche Auszeichnung „alles andere als selbstverständlich“ sei.

Angesichts Merkels langjähriger Erfahrung mit israelfeindlicher Politik und Positionen zeigte sich der deutsche Politkommentator Henryk M. Broder erstaunt über die Entscheidung des WJC, Merkel den Theodor-Herzl-Preis zu verleihen:

„Vor ein paar Tagen habe ich in meiner Post eine Einladung gefunden, die wohl versehentlich an mich geschickt wurde. Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder, und die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, ‚beehren sich‘, mich ‚anlässlich der Verleihung des Theodor-Herzl-Preises des Jüdischen Weltkongresses an Ihre Exzellenz die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland Dr. Angela Merkel zu einem festlichen Abendessen in Anwesenheit des Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, Vizepräsident des Jüdischen Weltkongresses‘ einzuladen.“

„Wofür soll ihr der Theodor-Herzl-Preis verliehen werden? Dafür, dass ihr Mann bei den UN sich bei Anti-Israel-Resolutionen der Stimme enthält, das heißt de facto gegen Israel stimmt? Dafür, dass derselbe Apparatschik ‚den Raketen-Terror der Hamas auf israelische Zivilisten mit dem Abriss von Häusern gleichgesetzt‘ hat? Dafür, dass sie nicht nur die deutsche Botschaft nicht von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt hat, wie es die USA getan haben, sondern auch andere Staaten vor einem solchen Schritt gewarnt haben soll? Für all das bekommt sie den Theodor-Herzl-Preis?“

Die Zionistische Organisation Amerikas gab eine Erklärung heraus, in der sie sich dagegen aussprach, dass Merkel den Preis erhält:

„Die Zionistische Organisation Amerikas lehnt die Entscheidung des Jüdischen Weltkongresses ab, Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Herzl-Preis zu ehren. Die ZOA ist fest davon überzeugt, dass eine ausländische Führerin, die weiterhin das katastrophal fehlerhafte iranische Atomabkommen von 2015 unterstützt, das es dem iranischen Regime ermöglichen wird, rasch zu einem Atomwaffenstaat zu werden, ein äußerst unangemessener Empfänger der prestigeträchtigsten Auszeichnung der WJC ist.“

ZOA Präsident Morton Klein führte aus:

„Bundeskanzlerin Merkel hat nach vernünftigem Ermessen wenig oder gar nichts getan, um die Verleihung dieses Preises zu rechtfertigen, hingegen sehr viel, was sie als Kandidatin für diesen Preis disqualifizieren sollte.“

„Was an der von ihr verfolgten Politik zeichnet die Bundeskanzlerin Merkel nach Ansicht des WJC als würdige Empfängerin dieser Auszeichnung aus? Ihre Weigerung, die Operationen der bösartigen, blutdurchtränkten Terrorgruppe Hisbollah in Deutschland zu stoppen? Ihre Ablehnung der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels? Ihre hartnäckige Unterstützung für das iranische Atomabkommen, das in Israel auf parteiübergreifender Basis abgelehnt wird? Ihre unverschämte Behauptung, der Iran sei nicht antisemitisch, trotz seiner wiederholten Forderungen nach der Zerstörung des jüdischen Staates?“

„Was immer man sonst über Bundeskanzlerin Merkel noch sagen kann, sie ist eine völlig unangemessene Empfängerin einer Auszeichnung, die mit dem Namen des Gründervaters des politischen Zionismus geschmückt ist.“

Der Herausgeber der monatlichen deutsch-jüdischen Zeitschrift Jüdische Rundschau, Dr. Rafael Korenzecher, begrüßte die Nachricht von Merkels Auszeichnung mit einem sarkastischen Beitrag in seinem Blog:

„Die ‚Chefin vons Ganze‘ — wie der Berliner sagt —, unsere wundervolle Kanzlerin Frau Merkel bekommt von höchster jüdischer Vertretung den hohen Theodor Herzl Preis für besondere Verdienste um das jüdische Volk und um Israel.

„Also ich finde völlig zu Recht. Ist es doch ihr Verdienst und das Verdienst ihrer politischen Entourage , dass die Abwanderung von Juden aus Deutschland endlich wieder zu einer nennenswerten Aliyah (Einwanderung) nach Israel geführt hat. Von derartigen Erfolgszahlen konnte die ZOD (Zionistische Organisation Deutschland) in all den Jahrzehnten ihrer Nachkriegstätigkeit in diesem Lande nur träumen.“

„Und das ist erst der Anfang. Es besteht große Aussicht, dass Deutschland dank der heutigen Politik doch noch judenrein wird. Wir schaffen das.“

Soeren Kern ist ein Senior Fellow am New Yorker Gatestone Institut.


Erstveröffentlichung hier. Reproduktion mit freundlicher Genehmigung des Gatestone Instituts.

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