Yves Mamou, 26. November 2021, Gatestone Institute
aus dem Englischen von Daniel Heiniger
- Natürlich nicht. Was in Frankreich tatsächlich geschieht, ist eine Befreiung der Meinungsfreiheit. Erstmals seit 40 Jahren wird über Themen wie Einwanderung, Islam und die Vorliebe der Eliten für unkontrollierte Massenmigration in Radio und Fernsehen offen gesprochen.
- Franzose zu sein und die französische Kultur zu verteidigen macht einen anscheinend zu einem Nazi. Wer es wagte, die muslimische Einwanderung und den Islam zu kritisieren, wurde sofort als Rassist „nahe Jean-Marie Le Pen“ gebrandmarkt, von den Medien diffamiert und sogar vor Gericht gestellt.
- Le Pen war der erste, der die muslimische Einwanderung kritisierte und Fragen zum Islam aufwarf, aber leider tat er dies auf eine Art und Weise… dass es nicht schwer war, …ihn zu dämonisieren – und oft auch die ganz realen Probleme, die der Front National ansprach, wie die Identität des Landes, die Rolle des Säkularismus, der Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt und die Stellung der Frau.
- Während der Französischen Revolution 1789 und dann unter Napoleon wurden die Juden „emanzipiert“. Ihnen wurden alle Persönlichkeitsrechte gewährt, die anderen französischen Bürgern zuerkannt wurden, als Gegenleistung für ihren Verzicht auf gemeindeeigene Regeln, wie die Zwangsehe zwischen Juden und die Achtung der religiösen Gesetze vor der Achtung der Gesetze der Republik. Zemmour ist verblüfft, dass diese Regeln, die Juden erfolgreich in die französische Gesellschaft assimiliert haben, für Muslime aufgegeben wurden.
- „[Zemmour] hat das Verdienst, die Frage nach Frankreich in den Mittelpunkt der Debatte zu stellen… Er nimmt sich der existenziellen Angst einer wachsenden Zahl von Franzosen an, die sich fragen, ob Frankreich Frankreich bleiben wird, ob ihr Recht auf historische Kontinuität endlich respektiert oder weiter verachtet wird.“ — Alain Finkielkraut, Autor und Philosoph, Europe1, 24. Oktober 2021.
- Für Franzosen ist die wichtigste Frage eigentlich nicht, ob Zemmour rassistisch oder antisemitisch ist, sondern ob Frankreich, wie sie es kennen, weiter existieren wird.
Das Gerücht, ein Jude mit rassistischen und antisemitischen Äußerungen könnte bei der französischen Präsidentschaftswahl im Frühjahr 2022 kandidieren, hat die Landesgrenzen überschritten. Schlimmer noch, das Gerücht ist, dass dieser angeblich rassistische, antisemitische Jude Éric Zemmour von Umfragen unterstützt wird, die ihn als sehr möglichen Kandidaten für die zweite Runde gegen Frankreichs aktuellen Präsidenten Emmanuel Macron prognostizieren.
Sacrebleu! Wie konnte so etwas passieren? Ist Zemmour wirklich ein Rassist? Wird er von einer Welle der extremen Rechten getragen, wie viele auf der Linken suggerieren? Steht Frankreich kurz vor dem Umkippen in den Faschismus?
Natürlich nicht. Was in Frankreich tatsächlich geschieht, ist eine Befreiung der Meinungsfreiheit. Erstmals seit 40 Jahren wird über Themen wie Einwanderung, Islam und die Vorliebe der Eliten für unkontrollierte Massenmigration in Radio und Fernsehen offen gesprochen.
Der Grund, warum all diese Themen endlich auf dem Tisch liegen, liegt darin, dass Zemmour sie dorthin gebracht hat, in die Medien. Wenn man vor Zemmour ängstlich über Migranten sprach, galt das als „rassistisch“. Jeder, der sich Sorgen über den schnellen Wandel der französischen Identität machte, wurde als Angehöriger der extremen Rechten abgestempelt. Franzose zu sein und die französische Kultur zu verteidigen hat einen anscheinend zu einem Nazi gemacht. Jeder, der es wagte, die muslimische Einwanderung und den Islam zu kritisieren, wurde sofort als Rassist „in der Nähe von Jean-Marie Le Pen“ gebrandmarkt, von den Medien diffamiert und sogar vor Gericht gestellt.
Zemmours Leistung besteht darin, mit Hilfe von Jean-Marie Le Pen, dem Gründer der rechtsaussen-Partei Front National, die Mauer der Schande durchbrochen zu haben. Le Pen war der erste, der die muslimische Einwanderung kritisierte und Fragen zum Islam stellte, aber leider tat er dies auf eine so karikierte und rassistische Weise, dass es für die Medien und die Führer der Sozialistischen Partei nicht schwierig war, ihn zu dämonisieren – und oft auch die sehr realen Probleme, die der Front National ansprach, wie die Identität des Landes, die Rolle des Säkularismus, der Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt und die Stellung der Frau.
Als der Historiker Georges Bensoussan 2016 im Radio das Thema muslimischer Antisemitismus thematisierte, wurde er umgehend von „antirassistischen“ Verbänden verfolgt und vor Gericht gestellt. Obwohl er dreimal freigesprochen wurde, zeigte die Einschüchterung Wirkung. Wer hätte nach einem solchen juristischen Marathon noch einmal den Mut, sich der komplexen Frage nach dem Platz des Islam in einer westlichen Gesellschaft im Allgemeinen und in Frankreich im Besonderen erneut zu stellen?
Der Vorwurf, dass Zemmour ein Rassist ist, ergibt sich nicht nur aus Themen rund um die Einwanderung, sondern auch aus den zahlreichen Klagen, die islamistische Organisationen, „antirassistische“ Organisationen und einige parteiische Abgeordnete gegen ihn erhoben haben. Meistens haben die Richter Zemmour freigesprochen, manchmal aber auch nicht. Richter haben ihn gelegentlich verurteilt. Im Jahr 2011 wurde er verurteilt, weil er sagte, dass „Franzosen mit Migrationshintergrund deswegen öfter von der Polizei angehalten werden als andere, weil die meisten Menschenhändler Schwarze und Araber sind… Das ist eine Tatsache“. Zemmour wurde nicht verurteilt, weil er gelogen hatte, sondern weil eine solche Behauptung nicht zu beweisen war. Seit dem Zweiten Weltkrieg verbietet das französische Gesetz jede Erwähnung der ethnischen Zugehörigkeit in offiziellen Statistiken. Im Jahr 2020 wurde Zemmour auch wegen „Provokation von Hass“ verurteilt.
Die gegen Zemmour erhobenen Vorwürfe des Rassismus und Antisemitismus kommen auch aus dem jüdischen Establishment. Der Oberrabbiner von Frankreich erklärte Zemmour kürzlich für „sicher antisemitisch, offensichtlich rassistisch“. Francis Kalifat, Präsident des Repräsentativen Rates für Jüdische Institutionen in Frankreich (CRIF), forderte die Juden auf, nicht für ihn zu stimmen.
Das jüdische Establishment hat Zemmour beschuldigt, Marschall Pétain und das Vichy-Regime rehabilitiert zu haben, die beide während des Zweiten Weltkriegs mit Nazi-Deutschland kollaborierten. Zemmour hat gesagt, dass Pétain „französische Juden schützte, während er im Ausland geborene Juden in einem notwendigen Kompromiss gegenüber der Besatzung an die Nazis auslieferte. Laut Zemmour: „Die Zahlen sprechen für sich … in Frankreich wurden 40% der ausländischen Juden exterminiert und 90% der französischen Juden haben überlebt.“
Die These ist jedoch die von Alain Michel, einem Rabbiner und jüdischen Historiker französischer Herkunft, der Heute in Israel lebt. Laut Michel hätte Zemmour sagen sollen, dass „zwischen 90 und 92 %“ der französischen Juden überlebt hätten. Darüber hinaus sagt Michel, dass:
„Im Gegensatz zu dem, was Serge Klarsfeld [Präsident der Organisation der Söhne und Töchter jüdischer Deportierter aus Frankreich] behauptet, können diese Zahlen nicht allein den Aktionen der „Gerechten unter den Völkern“ zugeschrieben werden. Es war die durch die Vichy-Regierung angewandte Politik, die die Anwendung der ‚Endlösung‘ in Frankreich verlangsamte.“
Michel und Zemmour sind sich einig, dass es für Historiker in Frankreich äußerst schwierig ist, die weit verbreitete Ansicht in Frage zu stellen, dass das Vichy-Regime irgend etwas anderes als ein Klon des Nazi-Regimes gewesen sein könnte.
Niemand versteht so recht, warum Zemmour Vichy und den Zweiten Weltkrieg zur Sprache bringt, aber die Heftigkeit der Anschuldigungen hindert ihn nicht daran, in der jüdischen Gemeinde äußerst beliebt zu bleiben.
Zemmour verleugnet seine jüdische Herkunft nicht und geht regelmäßig in die Synagoge. Er macht deutlich, dass er kein Zionist ist, macht aber ebenso klar, dass er kein Antizionist ist. Zemmour sagt, er gehöre in erster Linie zur französischen Kultur und französischen Zivilisation. Er scheint ein „napoleonischer“ Jude zu sein, der seine religiöse Identität auf den privaten Bereich, zu Hause oder in einer Synagoge, beschränkt.
Während der Französischen Revolution 1789 und dann unter Napoleon wurden die Juden „emanzipiert“. Ihnen wurden alle Persönlichkeitsrechte gewährt, die anderen französischen Staatsbürgern zuerkannt wurden, als Gegenleistung für ihren Verzicht auf gemeindeeigene Regeln, wie die Zwangsehe zwischen Juden und die Achtung der religiösen Gesetze vor den Gesetzen der Republik. Zemmour ist verblüfft, dass diese Regeln, die Juden erfolgreich in die französische Gesellschaft assimiliert haben, für Muslime aufgegeben wurden.
Um Frankreich zu retten, beteuert Zemmour, müsse Frankreich zu einer Assimilationspolitik zurückkehren. Er möchte Muslime „assimiliert“ sehen und eher wie alteingesessene französische Staatsbürger. „Wir müssen sie (all diese muslimischen Migranten, die nach Frankreich kommen) ermutigen, gleich zu werden“, sagte er, „sich die Geschichte, die Bräuche, die Lebensweise, den Geschmack, die Literatur anzueignen, die Worte, die Sprache der Landschaft.“
Zemmour betont seinen Wunsch, Frankreich zu retten und ein französischer Staatsbürger zu sein, so sehr, dass er manchmal an Unhöflichkeit grenzt. In seinem letzten Buch verletzte er unnötigerweise Menschen, die vom islamistischen Terrorismus schwer getroffen wurden. Er schrieb, dass sich die Familien der 2012 an einer jüdischen Schule in der Nähe von Toulouse ermordeten Kinder wie Ausländer verhalten, weil sie ihre Kinder in Israel statt in Frankreich begraben haben. „Anthropologen haben uns gelehrt, dass wir aus dem Land stammen, in dem wir begraben sind“, schrieb er und wendete anscheinend die gleichen pro-französischen Maßstäbe für Juden an wie für Muslime. Jüdische Familien in Frankreich, die nicht riskieren wollen, dass die Gräber ihrer Söhne und Töchter von Antisemiten geschändet werden, könnten sich jedoch beleidigt gefühlt haben.
Zemmour, der noch kein offizieller Kandidat für die Präsidentschaftswahlen 2022 ist, wird in den nächsten sechs Monaten nur dann politisch überleben können, wenn er von den Medien als gangbarer Kandidat angesehen wird, und das passiert nur, wenn er eine gewisse „Aufregung“ auslösen kann.
Die Aufregung kann jedoch unangenehm, um nicht zu sagen böse werden. Der Philosoph Alain Finkielkraut, der einige Differenzen mit Zemmour zugibt, bedauert dennoch die gegen ihn erhobenen „Anathemen“ und sagte über Zemmour: „Er ist das Objekt einer obsessiven Rachsucht. Das ist kontraproduktiv.“ Finkielkraut fügte hinzu:
„[Zemmour] hat das Verdienst, die Frage nach Frankreich in den Mittelpunkt der Debatte zu stellen… Er nimmt sich der existenziellen Angst einer wachsenden Zahl von Franzosen an, die sich fragen, ob Frankreich Frankreich bleiben wird, ob ihr Recht auf historische Kontinuität endlich respektiert oder weiter verachtet wird.“
Für Franzosen ist die wichtigste Frage eigentlich nicht, ob Zemmour rassistisch oder antisemitisch ist, sondern ob Frankreich, wie sie es kennen – „mit der Geschichte, den Bräuchen, der Lebensweise“ – weiterbestehen wird.
Yves Mamou, Autor und Journalist aus Frankreich, arbeitete zwei Jahrzehnte als Journalist für Le Monde.
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Erstveröffentlichung bei Gatestone Institute. Reproduktion mit freundlicher Genehmigung.