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Islamkritiker in Europa vor Gericht: Wilders verurteilt

Giulio Meotti, 10.12.2016, Gatestone Institute

Links: Schriftsteller Salman Rushdie. Rechts: Niederländischer Parlamentarier Geert Wilders.

Nach dem Zweiten Weltkrieg und den Schrecken von Nationalsozialismus und Stalinismus war es ein zentrales Anliegen westlicher Demokratien, dass man Menschen vor Gericht stellen kann, aber nicht Ideen und Meinungen. Europa erlaubt es nun gefährlichen Menschenrechtsgruppen und Islamisten, Gerichte dazu zu benutzen, die Grenzen unserer Meinungsfreiheit einzuschränken, genau wie in sowjetischen Schauprozessen. „Der militante Antirassismus wird für das 21. Jahrhundert das sein, was der Kommunismus für das 20. Jahrhundert war“, so die Voraussage des prominenten französischen Philosophen Alain Finkielkraut.

Vor einem Jahr schrieb Christoph Biró, ein angesehener Kolumnist und Redakteur der größten österreichischen Zeitung Kronen Zeitung, einen Artikel, der „junge Männer, testosteronbefeuerte Syrer, die extrem aggressive sexuelle Angriffe ausüben“ beschuldigte (sogar noch vor den massenhaften sexuellen Übergriffen von Silvester in Köln, Hamburg und anderen Städten). Der Artikel löste eine grosse Kontroverse aus und erhielt eine große Anzahl von Beschwerden und Protesten. Biró brauchte vier Wochen arbeitsfrei wegen dieser Angriffe und später (unter Druck) gab er zu, dass er „den Blick auf die Verhältnismässigkeit verloren hatte“. Staatsanwälte in Graz haben Biró vor kurzem der „Hassrede“ angeklagt, nach einer Anzeige einer so genannten Menschenrechtsorganisation, SOS Mitmensch. Der Fall wird vor Gericht entschieden werden.

Journalisten, Romanciers und Intellektuelle in ganz Europa werden nun aufgefordert, ihre Rechte Hand vor einem Richter zu erheben und zu schwören, die Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen – als ob das nicht das ist, was sie die ganze Zeit schon taten und wofür sie jetzt vor Gericht stehen. Es ist ein alarmierender, aber sehr verbreiteter Anblick heutzutage, wo „Hassrede“ eine politische Waffe geworden ist, in Stellung gebracht gegen jene, die nicht mit ihnen einverstanden sind.

Es ist nicht das Recht einer Demokratie, sich über den Inhalt von Artikeln oder Cartoons zu streiten. Im Westen bezahlten wir einen hohen Preis für die Freiheit, sie zu lesen und zu schreiben. Es ist nicht Sache der Regierenden, das Recht zu Denken und zu Reden, das zur Freiheit der Demokratien gehört, zu bewilligen. Das Recht, unsere eigene Meinung zum Ausdruck zu bringen, wurde teuer bezahlt, doch wenn es nicht ausgeübt wird, kann es schnell verschwinden.

Eine groteske neue juristische Front wurde soeben in Paris eröffnet. Der Prozess gegen den französischen Philosophen Pascal Bruckner wurde eröffnet, wo er seine Verteidigung mit einem Zitat von Jean-Paul Sartre eröffnete: „Die Waffen sind mit Worten geladen“. Bruckner, einer der berühmtesten Essayisten Frankreichs, steht vor Gericht, weil er sich gegen die „Kollaborateure der Attentäter von Charlie Hebdo“ ausgesprochen hat.

„Ich will die Namen nennen: Die Organisationen ‚Die Unteilbaren‘ von Rokhaya Diallo und ‚Die Eingeborenen der Republik‘, der Rapper Nekfeu, der ‚ein Feuer für die Hunde‘ (von Charlie Hebdo) wollte, alle, die den Tod der zwölf Journalisten mit Ideologie gerechtfertigt haben.“

Unzählige Zeugen sagten für die Verteidigung von Bruckner aus: der Herausgeber von Charlie Hebdo, „Riss“; Der Politikwissenschaftler Laurent Bouvet; Der ehemalige Präsident von „Weder Huren noch Unterwerfende“ Sihem Habchi; und der Philosoph Luc Ferry. Bruckner benutzte den Begriff „Kollaborateur“ für „die Zeitungen, die während des Zweiten Weltkrieges die Liquidierung der Résistance und der Juden rechtfertigten“. Sihem Habchi sprach von der Gefahr eines „grünen Faschismus“, dem Islamismus.

Bruckners Urteil wird am 17. Januar bekanntgegeben. „Bruckner brachte seine Stimme vor die 17. Kammer, zu oft ein Totengräber der Meinungsäußerungsfreiheit“, kommentierte die wichtige und mutige Riposte Laïque.

Diese politischen Prozesse über den Islam begannen im Jahr 2002, als ein Gericht in Paris eine Klage gegen Michel Houellebecq, der im Roman Plateforme den Islam „die dümmste Religion“ nannte, behandelte. Der Schriftsteller Fernando Arrabal, der 1967 in Franco’s Spanien wegen Blasphemie verhaftet wurde, wurde von Houellebecq angerufen, um vor Gericht als Zeuge auszusagen. „Was für eine Freude, in einem Prozeß für Meinungsverbrechen aufzutreten“, sagte Arrabal in Paris. „Zaragoza, Valladolid, Santander“, der Dramatiker nannte eine Reihe von spanischen Städten. „Das ist die Liste der Gefängnisse, wo ich für das gleiche Verbrechen wie Houellebecq eingesessen habe.“

Die verstorbene italienische Schriftstellerin Oriana Fallaci wurde ebenfalls wegen ihres Buches „La Rage et l’Orgueil“ („Die Wut und der Stolz„) vor Gericht gestellt. Die französische Zeitung Libération nannte sie „die Frau, die den Islam verleumdet„. Später wurde auch die satirische Wochenzeitung Charlie Hebdo und ihr Herausgeber Philippe Val von islamistischen Organisationen anvisiert, wurde ebenfalls gezwungen, vor Gericht zu erscheinen.

Das Todesurteil gegen Salman Rushdie 1989 durch den iranischen Obersten Führer Ayatollah Khomeini sah irreal aus. Der Westen nahm es nicht ernst. Seitdem ist diese Fatwa jedoch so weit assimiliert, dass die heutigen Bedrohungen der Redefreiheit von uns selbst kommen. Es ist jetzt der Westen, der Schriftsteller und Journalisten vor Gericht bringt.

Es ist fast unmöglich geworden, alle Journalisten und Schriftsteller aufzuzählen, die sich wegen ihrer Ideen zum Islam vor Gericht verteidigen mussten. Um den französisch-algerischen Schriftsteller Boualem Sansal, den Autor des Romans „2084“, aus einem Interview mit Libération zu zitieren: „Wir sind uns der Gefahr bewusst, aber wir wissen nicht, wie wir uns verhalten sollen, aus Angst, als Anti-Immigranten, Anti-Islam, Anti-Afrika beschuldigt zu werden … Die Demokratie, wie die Maus, wird von der Schlange verschluckt werden“. Und sie wird sich in „eine Gesellschaft, die flüstert“ verwandeln.

Journalisten werden nun verfolgt, selbst wenn sie den Islam in einer Radiodebatte hinterfragen. Das ist der Grund, weshalb heute die meisten Schriftsteller und Journalisten die Konsequenzen der Massenmigration in Europa, die Rolle des Islam im Terroristenkrieg gegen Demokratien und die Offensiven der Sultane gegen die Meinungsfreiheit nur noch flüstern.

Die Roten Brigaden, die kommunistische Terrorgruppe, die Italien in den 170er Jahren verwüstete, prägten einen Slogan: „Schlage einen, um Hundert zu erziehen.“ Wenn Sie auf einen zielen, erzielen Sie kollektive Einschüchterung. Das ist genau der Effekt dieser politischen Prozesse über den Islam. Die Debatte schließt sich rasch.

In den Niederlanden hat gestern der Prozess gegen das „Verbrechen“ der „Hassrede“ gegen Geert Wilders geendet. Der mutige niederländische Politiker hatte Anhänger gefragt, ob sie „weniger Marokkaner“ im Land wollten. Durch Wilders Verurteilung gestern kriminalisierte ein Gericht die Freiheit der Meinungsäußerung zum ersten Mal in der niederländischen Geschichte. (Wilders wurde vor fünf Jahren in einem ähnlichen Verfahren freigesprochen).

In Frankreich musste sich Ivan Rioufol, einer der angesehensten Kolumnisten der Zeitung Le Figaro, vor Gericht gegen das „Kollektiv gegen die Islamophobie“ verteidigen. Der Schriftsteller Renaud Camus, der die Theorie des „großen Austauschs“ dargelegt hat, wonach Frankreich von muslimischen Einwanderern kolonisiert wird mit Hilfe von Politikern, wurde der „Hassrede“ angeklagt. Marine Le Pen musste auch vor Gericht erscheinen. In Deutschland gab es den Fall von Jan Böhmermann, einem Komiker, der den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im Fernsehen satirisierte. Deutsche Richter haben dann Lutz Bachmann vor Gericht gebracht, den Gründer von „Pegida“, der Anti-Islamisierungsbewegung. In Kanada wurde der Essayist und Journalist Mark Steyn vor einem „Menschenrechts-Tribunal“ „flagranter Islamophobie“ angeklagt (und später reingewaschen). Lars Hedegaard, der Präsident der dänischen Freie-Presse-Gesellschaft, wurde auch der „Hassrede“ angeklagt (und später freigesprochen) wegen kritischer Kommentare zum Islam.

Es ist fundamental, dass diese Schriftsteller und Journalisten freigesprochen werden. Doch das Ziel dieser Prozesse ist nicht, die Wahrheit zu finden; Es geht darum, die Öffentlichkeit einzuschüchtern und die freie Meinungsäußerung in Bezug auf den Islam einzuschränken. Das sind Säuberungen, um sie „umzuerziehen“. Traurigerweise, wie wir im Wilders-Prozess sehen, haben sie oft Erfolg gehabt.

Nach dem russischen Einmarsch in die Tschechoslowakei 1968 verschwanden die Romane von Milan Kundera aus Buchhandlungen und Bibliotheken. Die Intelligenzia lag in Sterilität und Isolation. Kinos und Theater boten nur sowjetische Darbietungen an. Radio, Zeitungen und Fernsehsendungen verströmten nur Propaganda. Die Russen belohnten die Bürokraten, welche Schriftsteller und Journalisten unter Druck setzten und Rebellen bestraften. Diejenigen, die offen aussprachen, was sie dachten, wurden oft verpflichtet, als ungelernte Arbeiter zu arbeiten. Prag, ruhelos und faszinierend, wurde still und flüsternd.

In Europa senkt sich heute derselbe eiserne Vorhang.

Giulio Meotti, Kulturredaktor für Il Foglio, ist ein italienischer Journalist und Autor.


Erstveröffentlichung hier. Reproduktion mit freundlicher Genehmigung des Gatestone Instituts.

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