Abgang auf Ra(u)ten
Dass wir das noch erleben dürfen: Merkel wirft das Handtuch! Ja, erst mal nur in Form ihres CDU-Chefsessels. Dummerweise ist dieser allerdings „untrennbar“ mit dem Amt der Kanzlerin verbunden. Das ist weder ein Natur- noch sonst irgendein Gesetz, sondern (man ahnt es) die alternativlose Maxime von… Angela Merkel. Tja. Zum Glück heißt sie nicht Angela Houdini und ich bin mal gespannt, wie sie aus dieser genialen Eigenverkettung wieder unbeschadet heraus kommt. Meine Prognose: Gar nicht.
Kanzlerin möchte sie schon noch ganz gerne bis zum Ende der Legislaturperiode bleiben (optimistisch ihrerseits also „bis 2021“), aber realistisch gesehen ist dieser Drops gelutscht. Spätestens nach den Europa- und Landtagswahlen 2019 befindet sich die Union da, wo die SPD jetzt ist: im ultimativen Überlebensmodus jenseits der Klippe. Dass es nicht schneller geht, liegt ausgerechnet ebenfalls an Angela Merkel, die jegliche Konkurrenz erfolgreich weggebissen hat. Und nur Köpfe auswechseln ist zu wenig, wenn sich nichts darin befindet. Das haben die Genossen auch schon versucht. Also damals, in der DDR.
Bayern, Hessen und der Osten
Wie verzweifelt die Lage der Union ist, verdeutlicht die aufkeimende Nachfolger-Debatte. Wenn sich die Optionen in „weiter so“ (Annegret Krampf-Gassenhauer), quasi Egon Krenz in hässlich, und dem Recycling abtrünniger Altlasten (der alte Friedrich) erschöpfen, dann ist die Not wahrlich groß. Den Rest kann man sich eh spahn. Es gibt derzeit niemanden dort, der glaubhaft für einen Kurswechsel und Neuanfang steht. Ohne den können sich CDU und CSU schon mal einen Spaten nehmen und anfangen zu graben; neben der SPD ist noch ein schattiges Plätzchen frei.
Die alten Volksparteien erodieren. An ihre Stelle treten nun radikalere bzw. tatsächlich neue, alternative Kräfte. Auch wenn die Grünen derzeit von den Medien zu einer Art Schulz-Zug 2.0 gehyped werden, haben sie mehrere offensichtliche Probleme: Keinen Plan, kein fähiges Personal, und zu allem Überfluss zehren sie vom Wählerpotential der SPD. Leute also, deren Reise erst kürzlich auf einem Abstellgleis endete und denen Schulz, Gabriel, Stegner und Nahles nicht krass genug sind. Man ahnt, warum die nicht aufstehen und die SED-Nachfolgepartei gleich ganz überspringen.
Während das grünrote Lager nun endgültig zur Sammlungsbewegung aller links-totalitären Ewigmorgigen, Ökofaschisten und Abendland-Hasser mutiert, zeichnet es unfreiwillig die Konturen der freiheitlich-konservativen Alternative schärfer. Wo viel Schatten ist, muss es zwangsläufig Licht geben; und es ist ein hellblaues, das nun auch den letzten deutschen Landtag durchflutet. Die „nur“ 13,1 % der AfD (aus dem Stand!) sollte man in diesem Kontext nicht voreilig bejammern. Das ist mehr, als sie z.b. in Sachsen, Thüringen und Brandenburg bei ihrem Einstieg 2014 vorlegte (9,7 %, 10,6 % und 12,2 %). Heute, vier Jahre später, stehen diese Landesverbände in Umfragen bei etwa 25 Prozent.
Ihre letzte Chance
Der Osten ist nicht „besser“ oder „klüger“. Er hatte einfach nur etwas Vorsprung. Wobei natürlich der geringe zeitliche Abstand zur letzten Diktatur ein unschätzbarer Vorteil ist. Viele, die heute dort auf die Straße gehen, waren aktiv an ihrer Beseitigung beteiligt. Die wissen, wie man sowas weg bekommt. Es ist kein Zufall, dass man bei den Demos vergleichsweise viele „ältere Leute“ sieht: Überdurchschnittlich gut gebildet, durch Mangelwirtschaft und Wendechaos von je her gewohnt, gemeinsam zu improvisieren — und fest entschlossen, sich Freiheit, Sicherheit und relativen Wohlstand nicht wieder entreißen zu lassen. Kurzum: Unsere kampferprobten Veteranen.
Die letzte Chance des abtretenden Regimes ist (um zumindest jenen Abtritt hinauszuzögern), einen Keil zwischen dieses friedlich-revolutionäre Potential auf der Straße und seine politische Manifestation in den Parlamenten zu treiben. Chemnitz war ein Testballon, um zu schauen, wie weit man dabei gehen kann. Offenbar sehr weit und nicht ganz ohne Erfolg. Die AfD muss begreifen und wird es anderenfalls auf die harte Tour lernen, dass sich Appeasement gegenüber den derzeitigen Machthabern nicht lohnt. Wer in deren Augen gefällig und unanstößig ist, macht irgendetwas grundlegend falsch!
Unsere letzte Chance
Sollte es gelingen, das patriotische Lager in einen permanenten Defensiv-Modus zu drängen und dabei zu zersplittern, stehen uns noch viele lange, überaus frustrierende Jahre bevor. Wir dürfen uns für niemanden schämen und von niemanden distanzieren, der für die selben Werte steht. Die Drohung mit dem Verfassungsschutz ist ein schlechter Witz. Wenn der die Verfassung schützen würde, müsste die Regierung im Mittelpunkt seiner Beobachtung stehen! Sich davon einschüchtern zu lassen ist ungefähr so, als hätten sich die Reformkräfte in der DDR aus Angst vor einer Stasi-Beobachtung gemäßigt. (Gut, könnte man einwenden, dann hätten wir zumindest noch eine erstklassig bewachte Grenze, aber das ist ein anderes Thema…)
Unsere letzte Chance, rechtzeitig das Ruder herumzureißen, ist der Zusammenhalt. Anderenfalls wird der Widerstand bald unendlich viel mühsamer und gefährlicher. All die geplanten, teilweise schon in Kraft getretenen Gesetze zur Kontrolle, Zensur, Kriminalisierung und Ausmerzung der Opposition gebieten nur eine Option, ich wiederhole mich: Zusammenhalt. Wenigstens kein Eigenbeschuss!
Schaffen wir es, uns nicht spalten zu lassen, während die GroKo im Chaos versinkt, dann bekommen wir 2019 die erhoffte Wende hin. Dann heißt es wirklich „Merkel ist weg!“ Also, genau genommen ist sie dann nicht weg, aber sie zieht um in ein kleineres Apartment mit einer Liege, einem Tisch und Gittern vor den Fenstern… Egal, was ich sagen will, ist: Stoßt an, meine Freunde, stoßt ins Horn, die letzte Etappe der Jagdsaison ist hiermit eröffnet!