„So schön war 2017“
Dieses Jahr neigt sich ebenso unerbittlich seinem Ende zu wie Merkels Kanzlerschaft und draußen nähert sich die Geräuschkulisse dem passenden Soundtrack für dieses irre Land an. Die Einschläge kommen näher. Offenbar wohne ich in einem Indigenen-Reservat, in dem die Jahresendpyrotechnik der Einheimischen noch nicht zu ihrem eigenen Schutz konfisziert wird. Weiße Zelte, in denen weißen Frauen die Beichte abgenommen und die Schuld am Trieb „südländischer“ Spermaböller einfühlsam übergeben wird, gibt’s hier übrigens auch nicht. Also, noch nicht.
Es wird wahrscheinlich niemanden interessieren, aber ich hatte für die Zeit „zwischen den Jahren“ diverse Pläne. Sie sind sämtlich fehlgeschlagen. Einer davon war beispielsweise, mal einen Gang runterzuschalten und in Ruhe… egal, aus unerfindlichen Gründen hat sich die Welt trotzdem weiter gedreht und keine Rücksicht darauf genommen. Ein weiterer Plan war, aus der üblichen Routine auszubrechen und ein „Einzelfall“-Video zusammen zu schnippeln, zynisch mit fröhlicher Musik unterlegt. Es hätte wahrscheinlich „So schön war 2017“ geheißen und keine fünf Minuten auf YouTube überlebt. Auch egal, aber Problem dabei: Wer tut sich freiwillig so ein frustrierendes Drei-Stunden-Epos an? Und da war ich erst bei etwa Mitte Februar angekommen.
Die schiere Menge an Einzelfällen, Anschlägen und tödlichen Missverständnissen hat mich mit überraschender Wucht getroffen. Vielleicht sieht man einfach den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr, wenn man sich dem täglich aussetzt. „Scheiße, ist das viel“ ist zwar keine sehr nette Ausdrucksweise, aber wo steht geschrieben, dass man Fassungslosigkeit nett umschreiben muss? Ich kann Einiges ab und die Zahlen waren mir bekannt. Aber wenn man diese Schicksale, geschundene, misshandelte, lebendige… oder, nun, teils auch ehemals lebendige… Menschen so geballt vor sich sieht — die haben alle Namen, aber kaum jemand erinnert sich an sie. Es wäre auch bei der Menge an Opfern unmöglich, ehrlich gesagt.
Es gibt keinen einzigen Tag, an dem nicht irgendein „Zwischenfall“ passiert. Und das ist nur die Spitze des Eisberges, die Aufreger, die es in die Schlagzeilen schaffen. Die Presse scheint sich derweil nach drei Jahren noch immer nicht ganz einig geworden zu sein, wie sie am besten darüber berichten soll. Verschweigen funktioniert nicht. Schönreden und Umdeuten kauft keiner mehr. Es hat sich daraus eine bizarre Form von Kreuzworträtsel entwickelt: Täter ohne Aussehen, Alter, Herkunft, kurzum „ein Mann“ (ist das nicht Sexismus? Was, wenn ES genderfluid ist?) — die Lücken darf jeder nach Gusto selbst füllen. Besonders schwer fällt das allerdings nicht. Großzügig pigmentiert, reisefreudig, identitätsdivers, mittelgroß, überdurchschnittlich haarig, unterdurchschnittlich intelligent und ca. 2 mal 15 Jahre alt.
Tut mir leid, wenn sich da jetzt jemand auf den Schlips getreten fühlt. Hey, ist nicht meine Schuld, wenn die alle gleich aussehen. Die Leute, die es betrifft, sprechen meine Sprache eh nicht. Und die, die es tun, betrifft es nicht. Die sind mindestens genauso wütend wie ich. Denn sämtliche Täter sind noch auf freiem Fuß. Sämtliche. Mag sein, dass sie das eine oder andere dieser traurigen Würstchen eingefangen haben, die selbst Hand anlegten. Aber die wahren Schuldigen, die solche Leute, oft schon mehrfach vorbestraft oder auffällig gestört, ungeprüft ins Land gelassen haben, die passen so gar nicht in das oben beschriebene Täterprofil. Okay, das „unterdurchschnittlich intelligent“ kann man vielleicht gelten lassen.
Es ist jene verkrustete Kaste selbstherrlicher Sesselfurzer, die dieses Land aus Dämlichkeit, Ungeschick, Berechnung oder einer Mischung von alldem kampflos aufgegeben hat. Eine schmierige Bande grenzdebiler Steuerparasiten, die dem Volk (Anmerkung an die jüngeren Leser: gemeint sind die Leute, die hier schon länger leben, vor allem auch legal) einen Eid geschworen und ihn gebrochen haben. Sie haben ihre Bürger einem alltäglichen Krieg ausgeliefert, in dem sie weder zurückschießen dürfen noch können, in dem sie den Feind nicht mal benennen dürfen, geschweige denn die Kriegstreiber zur Verantwortung ziehen. Zu allem Überfluss gehen sie dann noch mit dem Klingelbeutel im Schützengraben herum und sammeln Geld für den neuen Propagandawagen, der die Geplagten von hinten lautstark im „Kampf gegen Rechts“ anfeuert, während die Antifa Benzin in die eigenen Stellungen kippt…
Es gibt Tage, da wache ich auf und denke mir beim Blick auf die Schlagzeilen: „Ja gut, wesentlich verrückter als der Quatsch, den ich grad geträumt habe, ist das eigentlich auch nicht.“ Ich weiß nicht, was das über meinen Geisteszustand aussagt, aber für einen funktionierenden Rechtsstaat ist es keine schmeichelhafte Diagnose. Nein, es war nicht alles schlecht 2017, ganz im Gegenteil. Aber das hebe ich mir für morgen auf. Lasst mich noch einen Moment die Wut auskosten. Sie hält mich wach und lebendig und erinnert mich daran, warum ich nicht aufgebe, solange ich atme. Wer 2017 schon nicht leiden konnte, und zwar aus all den Gründen, für die ich es gefeiert habe, der wird 2018 aufrichtig hassen. Dabei helfe ich nach Kräften mit, versprochen.
Und ich freue mich drauf.