Die Sahelzone: Aufstrebendes Zentrum des globalen Islamismus
Der Westen ist nirgendwo zu sehen
Nils A. Haug, 11. April 2025, Gatestone Institute
aus dem Englischen von Daniel Heiniger
- Der Global Terrorism Index 2025 des Institute for Economics & Peace zeigt, dass der Hauptanstifter des globalen Terrorismus im Jahr 2024 der Islamische Staat (ISIS) und mit ihm verbundene Gruppen – wie Al-Qaida, Jamaat Nusrat Al-Islam wal Muslimeen, Tehrik-e-Taliban Pakistan und Al-Shabaab – waren. Zusammen waren sie für mehr als 7.500 Todesopfer verantwortlich.
- Obwohl der Westen in Ländern wie Schweden, Australien, Finnland, den Niederlanden, Dänemark, Deutschland und der Schweiz einen eskalierenden Terrorismus erlebt, bleibt die Sahelzone das globale Epizentrum des Terrorismus und war 2024 für mehr als die Hälfte aller terrorismusbedingten Todesfälle verantwortlich. Hier überstieg die Zahl der Konflikttoten erstmals 25.000, von denen fast 4.000 direkt mit Terrorismus in Verbindung standen.
- Beunruhigend ist, dass in Europa „jeder fünfte wegen Terrorismus Verhaftete juristisch als Kind eingestuft wird“.
- Die Konsequenz ist natürlich, dass der IS mit dem Rückzug des Westens freie Hand hat, seine Visionen von globalem Einfluss umzusetzen. Er ist derzeit in 22 Ländern präsent.
- Die russische Söldnermiliz Wagner, obwohl in „Expeditionskorps“ umbenannt, setzt ihre räuberischen Aktivitäten in der Region fort und bietet „Regierungen in Afrika ein ‚Regimeüberlebenspaket‘ im Austausch für den Zugang zu strategisch wichtigen natürlichen Ressourcen“.
- Verdeckt erlangte russische Dokumente enthüllen, wie die Gruppe versucht, „die Bergbaugesetze in Westafrika zu ändern, mit dem Ziel, westliche Unternehmen aus einem strategisch wichtigen Gebiet zu verdrängen“. Die Folge ist eine Verschärfung der antiwestlichen Stimmung, die dazu führt, dass die lokalen Staaten versuchen, bisher fest verwurzelte ausländische Interessen zu vertreiben.
- „Hier tritt der russische Staat in seiner Afrikapolitik aus dem Schatten.“ Russlands offensichtliches Ziel ist es daher, „die Kontrolle über kritische Ressourcen zu übernehmen“ und „den Ausbau seiner Partnerschaften in Afrika aggressiv voranzutreiben, mit der ausdrücklichen Absicht, westliche Partnerschaften zu verdrängen“. — Jack Watling, Royal United Services Institute, 20. Februar 2024.
- Derzeit profitieren Russland, China und die Türkei in der Region von den erheblichen strategischen, politischen und wirtschaftlichen Vorteilen. Der Westen ist nirgendwo zu sehen.

Im Bild: Zwei von Kamerun im Dezember 2018 zerstörte Fahrzeuge der Boko Haram. (Foto von M. Kindzeka (VOA), Public domain, via Wikimedia Commons)
Das Zentrum weltweiter terroristischer Aktivitäten und gewaltsamer Todesfälle ist nicht mehr der Nahe Osten. Die Sahelzone Afrikas ist heute das Epizentrum des globalen Terrorismus und laut dem renommierten Global Terrorism Index für über die Hälfte aller terroristischen Todesfälle weltweit verantwortlich.
Die Sahelzone südlich der Sahara ist in weiten Teilen der Welt weitgehend unbekannt. Sie lässt sich als großer, größtenteils flacher Streifen von fast 960 Kilometern Breite beschreiben, der sich zwischen den Savannen des Sudan im Süden und der Sahara im Norden erstreckt.
Laut dem Royal United Services Institute, dem weltweit ältesten Thinktank für Verteidigung und Sicherheit mit Sitz in London, hat die Sahelzone in den letzten zehn Jahren einen „deutlichen Anstieg dschihadistischer Gewalt“ erlebt. Bewaffnete Akteure nutzen durchlässige Grenzen, fragile Staaten und lokale Missstände, um ihren operativen Einflussbereich auszuweiten.
Der Global Terrorism Index 2025 des Institute for Economics & Peace zeigt, dass der Hauptanstifter des globalen Terrorismus im Jahr 2024 der Islamische Staat (ISIS) und mit ihm verbundene Gruppen – wie al-Qaida, Jamaat Nusrat Al-Islam wal Muslimeen, Tehrik-e-Taliban Pakistan und al-Shabaab – waren. Zusammen sind sie für mehr als 7.500 Todesopfer verantwortlich.
Obwohl der Westen in Ländern wie Schweden, Australien, Finnland, den Niederlanden, Dänemark, Deutschland und der Schweiz einen eskalierenden Terrorismus erlebt, bleibt die Sahelzone offensichtlich das globale Epizentrum des Terrorismus und war 2024 für mehr als die Hälfte aller terrorismusbedingten Todesfälle verantwortlich. Hier überstieg die Zahl der Konflikttoten erstmals 25.000, von denen fast 4.000 direkt mit Terrorismus in Verbindung standen.
Beunruhigend ist, dass in Europa „jeder fünfte wegen Terrorismus Verhaftete juristisch als Kind eingestuft wird“. Dies ist verständlich, da Kinder in islamistisch-dschihadistischen Gemeinschaften schon in jungen Jahren Judenhass und dem Wunsch nach einem islamistischen Kalifat ausgesetzt sind. Dieselben Statistiken gelten für Terroristen in der Sahelzone, da die Ideologie des Märtyrertums und der Opferbereitschaft im Dschihadismus allgegenwärtig ist.
Zu den anfälligen Ländern der Region zählen Senegal, Sudan, Niger, Burkina Faso und Mali. Wenig überraschend ziehen auch die reichen Bodenschätze der Region – Niger ist der siebtgrößte Uranproduzent der Welt – Aufmerksamkeit auf sich. China und Russland sind zunehmend vertreten, während sich westliche Nationen aufgrund zunehmender antiwestlicher Einstellungen aus Afrika zurückziehen. Konkret wurden die US-Stützpunkte in Niger im August 2024 und die französische Basis im Tschad im Dezember 2024 geschlossen.
Die Folge ist natürlich, dass der IS mit dem Rückzug des Westens freie Hand hat, seine Vision von globalem Einfluss umzusetzen. Er ist derzeit in 22 Ländern präsent, und wie der Bericht hervorhebt: „Trotz der Bemühungen zur Terrorismusbekämpfung unterstreicht die Fähigkeit der Gruppe, Anschläge zu koordinieren, zu inspirieren und auszuführen, ihre Widerstandsfähigkeit und ihre sich entwickelnden operativen Strategien.“ In der Abgeschiedenheit der Sahelzone findet der IS ein günstiges Umfeld, um sich zu festigen und eine zentrale Basis aufzubauen.
Die russische Söldnermiliz Wagner, die sich in ein „Expeditionskorps“ umbenannt hat, setzt ihre räuberischen Aktivitäten in der Region fort und bietet afrikanischen Regierungen ein „Regimeüberlebenspaket“ im Austausch für den Zugang zu strategisch wichtigen Bodenschätzen an.
Heimlich erlangte russische Dokumente enthüllen, wie die Gruppe versucht, die Bergbaugesetze in Westafrika zu ändern, um westliche Unternehmen aus einem strategisch wichtigen Gebiet zu verdrängen. Die Folge ist eine Verschärfung der antiwestlichen Stimmung, die dazu führt, dass die lokalen Staaten versuchen, bislang fest verwurzelte ausländische Interessen zu vertreiben.
In einem Bericht von Jack Watling, Fellow für Landkriegsführung am Royal United Services Institute, vom 20. Februar 2024 heißt es, es habe „im Kreml ein Treffen gegeben, bei dem beschlossen wurde, dass Wagners Afrika-Operationen direkt dem russischen Militärgeheimdienst GRU unterstellt werden“.
Watling schlussfolgert: „Hier tritt der russische Staat in seiner Afrikapolitik aus dem Schatten.“ Russlands erklärtes Ziel sei es daher, „die Kontrolle über kritische Ressourcen zu erlangen“ und „den Ausbau seiner Partnerschaften in Afrika aggressiv voranzutreiben, mit der ausdrücklichen Absicht, westliche Partnerschaften zu ersetzen“.
Im Gegensatz zum Westen ist Russland nicht besonders daran interessiert, Terrorgruppen wie ISIS zu bekämpfen, sondern konzentrier sich auf seine Kernziele im Zusammenhang mit „kritischen Ressourcen“ und der Ersetzung der „westlichen Partnerschaft“ in der Sahelzone. Mit dem Rückzug der westlichen Anti-Terror-Kräfte haben ISIS und Verbündete die Freiheit, ihre Aktivitäten auszuweiten, während Russland sich darauf konzentriert, den westlichen Einfluss zu beseitigen. Das Ergebnis ist ein Vakuum an erfahrenen westlichen Anti-Terror-Kräften, eine Situation, in der dschihadistische Gruppen florieren.
Glücklicherweise sind sich nordafrikanische Länder wie Marokko und Algerien der Gefahren eines ungezügelten Dschihadismus in der Sahelzone bewusst, der bis an ihre südlichen Grenzen reicht. Um seine Ziele zu verwirklichen, hat Rabat die Marokko-Atlantik-Initiative ins Leben gerufen, deren
„Ziel ist es, den Binnenländern der Sahelzone über Marokkos atlantische Hafeninfrastruktur Zugang zu wichtigen Seehandelsrouten zu verschaffen. Der Plan zielt darauf ab, die wirtschaftliche Integration der Region zu fördern, um die Abhängigkeit von instabilen Transitrouten zu verringern und gleichzeitig Marokkos Beziehungen zu seinen südlichen Nachbarn zu stärken, um Instabilität, Terrorismus und illegalem Handel in der Region langfristig entgegenzuwirken.“
Auch Algerien hat mit seinen gemeinsamen Grenzen und historischen Verbindungen zu Mali stets eine zentrale Rolle in der Region gespielt.
Darüber hinaus übernehmen einige Sahelstaaten die Aufgabe, Dschihadisten in ihrem Gebiet entgegenzutreten. Kürzlich enthüllte eine Allianz dreier bedeutender Sahelstaaten – Burkina Faso, Mali und Niger – Pläne für eine vereinte Streitmacht von 5.000 Soldaten.
Von jeder der drei AES-Armeen wird erwartet, dass sie Truppen entsenden, deren Aufgabe es ist, gemeinsame Operationen in Gebieten mit intensiver dschihadistischer Aktivität durchzuführen. Aus ihrer Sicht ist der Aufbau einer autarken Militärpartnerschaft der zuverlässigste Weg, die Souveränität zu sichern.
Dieser Schritt vor Ort war auf den Mangel an verfügbaren westlichen Streitkräften zur Bekämpfung des Dschihadismus zurückzuführen – ein Mangel, der dadurch verursacht wurde, dass die Sahel-Staaten „langjährige militärische und diplomatische Beziehungen zu regionalen Verbündeten, Frankreich und anderen westlichen Mächten abbrachen“. Im Jahr 2024 einigten sich die drei Sahel-Staaten darauf, „Sicherheitsbedrohungen gemeinsam zu bekämpfen“.
Obwohl eine gemeinsame Truppe von 5.000 Soldaten ein angemessener Ausgangspunkt ist, ist zu beachten, dass die diskutierte Region über 3,8 Millionen Quadratkilometer umfasst – ein riesiges Gebiet. Es wird erwartet, dass Russland, China und die Türkei, die bereits „bilaterale militärische Hilfe und Ausrüstung“ bereitstellen, in gewissem Maße mit den Sahel-Streitkräften zusammenarbeiten könnten, um den Terrorismus zu bekämpfen.
In der Zwischenzeit weiten ISIS und al-Qaida mit Verbündeten „ihren Einfluss auf transsaharische Netzwerke aus, was ihre externe Reichweite vergrößern und die Bedrohung durch externe Anschläge in Nordafrika und möglicherweise auch in Europa erhöhen wird.“
Infolgedessen bleibt die Sahelzone überwiegend ein Gebiet nichtwestlicher Akteure und lokaler Staaten, die zum gegenseitigen Nutzen zusammenarbeiten, einschließlich der möglichen Eindämmung des Terrorismus. Ob die Bemühungen dieser Parteien, gemeinsam mit einigen nordafrikanischen Ländern, einen wesentlichen Einfluss auf die dschihadistischen Aktivitäten in der Region haben werden, bleibt abzuwarten. Derzeit profitieren Russland, China und die Türkei maßgeblich von den strategischen, politischen und wirtschaftlichen Vorteilen der Region. Der Westen ist nirgends zu sehen.
Nils A. Haug ist Autor und Kolumnist. Von Beruf Rechtsanwalt, ist er Mitglied der International Bar Association, der National Association of Scholars und der Academy of Philosophy and Letters. Dr. Haug promovierte in Apologetischer Theologie und ist Autor von „Politics, Law, and Disorder in the Garden of Eden – the Quest for Identity“ und „Enemies of the Innocent – Life, Truth, and Meaning in a Dark Age“. Seine Arbeiten wurden unter anderem im First Things Journal, The American Mind, Quadrant, Minding the Campus, Gatestone Institute, der National Association of Scholars, dem Jewish Journal, dem James Wilson Institute (Anchoring Truths), dem Jewish News Syndicate und Document Danmark veröffentlicht.
Erstveröffentlichung bei Gatestone Institute. Reproduktion mit freundlicher Genehmigung.
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