Palästinensischer Islamischer Dschihad agitiert für Gewalt im Gazastreifen
Yaakov Lapin, 6.11.2019, Besacenter.org
aus dem Englischen von Daniel Heiniger
Israel versucht zu verhindern, dass ein Pulverfass an der Südgrenze detoniert, da es die bedrohlichere Front im Norden höher priorisiert.
Der Palästinensische Islamische Dschihad — nach der Hamas die zweitgrößte bewaffnete Terrorgruppe in Gaza — agitiert für Gewalt und ist in der Tat genau die Organisation, die am letzten Freitagabend das Raketensperrfeuer gegen die israelische Grenzstadt Sderot durchgeführt hat.
Es scheint, als ob der Kommandant der nördlichen Gaza-Brigade des PIJ — ein Terrorchef namens Baha Abu Al Atta — direkt hinter dem jüngsten Raketenfeuer steht, der auf israelische Zivilisten gerichtet war.
Das Luftabwehrsystem Iron Dome fing die meisten der ankommenden Raketen ab, obwohl eine davon ein Einfamilienhaus traf und beschädigte.
Die Hamas ist das islamistische Regime, das Gaza regiert, aber der PIJ hat ihre Autorität in den letzten Monaten wiederholt in Frage gestellt. PIJ hat sowohl ein Interesse daran, als auch die Fähigkeit, die Sicherheitslage mit Raketenfeuer zu destabilisieren.
PIJ will sich als die „authentische“ dschihadistische Organisation im Streifen auf Kosten der Hamas positionieren, die im Gegensatz zum PIJ ihre Überlegungen als Regierung mit ihrem Engagement für bewaffnete Konflikte und Terrorismus in Einklang bringen muss.
Das Alptraumszenario der Hamas ist eine Volksrevolte der Gazaner, die die Geduld mit der Sackgassenpolitik ihres Regimes und dem wirtschaftlichen Versagen langsam verlieren. Unruhen im Libanon und im Irak könnten solche Proteste jederzeit anheizen. Infolgedessen hält sich die Hamas an die Ergebnisse der Verhandlungen mit Ägypten und den Vereinten Nationen, die darauf abzielen, einen wirtschaftlichen Zusammenbruch in der Küstenenklave zu verhindern.
PIJ hingegen hat keine solchen Bedenken. Diese Organisation ist mehr als bereit, ihr Raketenarsenal, das größer ist als das der Hamas, zu nutzen, um die Sicherheitslage zu stören. Iranische Finanzierung und iranisches Raketenproduktions-Know-how hat dazu beigetragen, PIJ zu einer bedeutenden Terrorarmee mit rund 15.000 bewaffneten Agenten zu machen (im Vergleich zu Hamas‘ 25.000 Mann starkem Militärflügel). Die Hamas erhält ebenfalls iranische Mittel und Unterstützung.
Seit Mai 2019 hat PIJ die Versuche, Angriffe auf Israel aus dem Gazastreifen heraus zu starten, deutlich verstärkt. Die meisten dieser Versuche wurden vereitelt, aber es bleiben noch viele weitere Angriffspläne übrig, und die Absicht der Organisation ist kristallklar.
Als Vergeltung für das Raketensperrfeuer hat die israelische Luftwaffe am frühen Samstag mehrere Hamas-Ziele im gesamten Gazastreifen getroffen. Ein Mann, angeblich ein Fatah-Mitglied, wurde bei den Luftangriffen getötet.
Hamas‘ Anführer Yahya Sinwar bleibt eine starke Persönlichkeit, die in der Vergangenheit in der Lage war, die Herrschaft seines Regimes über die anderen Organisationen durchzusetzen. Dennoch ist die Botschaft Israels an ihn konsequent und klar: Die Hamas ist für das verantwortlich, was in Gaza geschieht, und sie wird die Rechnung dafür erhalten, wenn israelische Zivilisten unter Beschuss geraten. Wenn die Hamas die Feuerkraft Israels vermeiden will, dann muss sie in den PIJ durchregieren.
Wenn die Hamas eine Konfrontation mit PIJ befürchtet, wird sie stattdessen mit einem Konflikt mit Israel konfrontiert werden.
Stabilisierende Faktoren vs. Katalysatoren der Gewalt
Israel ist nicht das einzige Land in der Region, das sich für die Stabilität in Gaza interessiert. Auch Ägypten sowie die USA und die europäischen Länder haben versucht, die Spannungen abzubauen und die humanitäre Lage im Gazastreifen zu verbessern. Derzeit stört allein PIJ aktiv diese Bemühungen.
In ihren Luftangriffen vom Samstag haben die israelischen Streitkräfte Ziele festgelegt, die daran erinnern, dass die Hamas zwar derzeit für einen Waffenstillstand ist, aber immer noch den Großteil ihrer Ressourcen in den Aufbau einer terroristischen Armee für einen zukünftigen Krieg investiert und gleichzeitig fordert, dass sich andere um die vernachlässigten zivilen Bedürfnisse Gazas kümmern.
Zu den Zielen, die von der IAF getroffen wurden, gehören das militärische Gelände der Hamas-Marine, ein Gelände mit einer Luftverteidigungsanlage, Trainingsanlagen, Waffenproduktions- und -lagerstätten und anderen Strukturen.
Das IDF-Kommando Süd ist weiterhin in höchster Alarmbereitschaft für eine neue Eskalation in Gaza. Aber als Teil der Bemühungen, einen neuen Krieg zu verhindern, sorgt Israel dafür, dass 600 bis 700 Lastwagen pro Tag mit internationalen Hilfsgütern über den Kerem-Shalom-Grenzübergang in die Hamas-Enklave einfahren.
Die Lastwagen liefern Kraftstoffe, Importe, Medikamente, Bauprodukte und andere wichtige Materialien. Katar setzt auch seine monatlichen Geldtransfers in den Gazastreifen fort, die an Familien und Bauprojekte gehen. Die Palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland hat versucht, den Gazastreifen wirtschaftlich zu ersticken, um ihren inneren Feind, die Hamas, zu schädigen.
Letztendlich wird der Wettbewerb zwischen stabilisierenden Faktoren und Katalysatoren der Gewalt das Schicksal des Gazastreifens bestimmen.
Berichten zufolge will das israelische Kabinett Gaza auf einer „niedrigen Flamme“ halten, weil im Norden größere und schwerwiegendere Bedrohungen drohen.
Das israelische Verteidigungsestablishment konzentriert seine Bereitschaft auf die Nordfront, wo Iran und Hisbollah nach neuen Angriffsmöglichkeiten suchen.
Dazu gehört die Aufrüstung des Raketenarsenals der Hisbollah zu Präzisionsraketen im Libanon und die Befestigung der iranischen Angriffsbasen in ganz Syrien. Israel arbeitet aktiv daran, diese beiden iranischen Ziele zu vereiteln. Um diese Mission zu erreichen, räumt Israel dem Norden Vorrang vor Gaza ein.
Diese Formel hat bis jetzt funktioniert, aber wenn PIJ entschlossen bleibt, das Boot zum schaukeln zu bringen, könnte sie kollabieren und in einen weiteren Gaza-Krieg münden.
BESA Center Perspektivenpapier No. 1,337 (PDF)
Dies ist eine redigierte Version eines bei JNS am 5.11.2019 erschienen Artikels.
Yaakov Lappin ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Begin-Sadat Center for Strategic Studies und Korrespondent für militärische und strategische Angelegenheiten. Er forscht und analysiert für Think Tanks der Verteidigung und ist Militärkorrespondent für JNS. Er ist Autor des Buches The Virtual Caliphate („Das virtuelle Kalifat“).
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