Afrikanische Sklaven im ottomanischen Reich
Niki Gamm, 2.8.2014, Hürryet Daily News
„Eine Klasse von Menschen, die bis heute einen integralen Bestandteil der muslimischen Gesellschaft bildete, ist diejenige der Sklaven. [Der Prophet] Mohammed hat das Sklavensystem übernommen, auf dem die antike Gesellschaft fusste, anscheinend fraglos und es als Teil der natürlichen Ordnung des Universums betrachtend. Seine Anordnungen empfehlen humane Behandlung von Sklaven und er machte es verdienstvoll, sie freizulassen, dadurch andeutend, dass er eine Verbesserung ihrer Lage beabsichtigte, doch weder der Koran, noch die ‚Tradition‘ [Hadith] lässt die Annahme zu, dass die Abschaffung der Sklaverei beabsichtigt ist.“ (Reuben Levy, „Die soziale Struktur des Islam“)
Sklaven konnten im Krieg angeeignet werden, durch Kauf, Geschenk, oder Vererbung. Afrikanische Sklaven wurden als ziemlich wertvoll betrachtet und kamen typischerweise aus Zentralafrika. Sie wurden auf den Sklavenmärkten in Libyen und Oberägypten verkauft, oder wurden vielleicht nach Mekka gebracht während der Pilgerreise und dort verkauft. Ab dem 16. Jahrhundert waren Ägypten und der grösste Teil der arabischen Halbinsel unter ottomanischer Kontrolle, und im 17. Jahrhundert übernahmen die Ottomanen die Region Fezzan. Das gab ihnen einen grösseren Zugang zu afrikanischen Sklaven. Vielleicht war der Bevölkerungsanteil Istanbuls von 20% Sklaven, obwohl wir keine Ahnung haben, welcher Prozentanteil Afrikaner waren. Die bescheidensten gut-situierten Familien wären in der Lage gewesen, einen Sklaven zu halten für die alltäglichsten Aufgaben, doch die Seltenheit von Schwarzen in Istanbul hätte sichergestellt, dass nur die reichsten einen besitzen konnten.
Unter islamischem Recht musste der Sklave mit Unterkunft, Kleidung, Nahrung, und Medizin versorgt werden, während einen Sklaven freizusetzen als Akt der Pietät betrachtet wurde. Sklaven konnten sogar ihren Besitzer vor Gericht bringen. Es gibt Geschichten von Sklaven, die befreit wurden und die notwendigen Reichtümer erhielten, ein neues Leben anzufangen, obwohl er oder sie vielleicht lieber beim früheren Meister oder der Meisterin geblieben wäre, als die Schwierigkeiten des Lebens in einer fremden Stadt auf sich nehmen zu müssen. Wenn es um Afrikaner ging war die Rückkehr nach Zentralafrika keine Lösung; er oder sie wurden wahrscheinlich sehr jung verkauft – mit 10 oder 12 Jahren, und es wäre unwahrscheinlich, dass sie es je zurück zu ihrem ursprünglichen Zuhause schaffen würden. Er oder sie wurde oft vielmehr als Teil der Familie angesehen. Sie konnten ihre eigenen Häuser kaufen und sogar heiraten, solange sie die Erlaubnis ihrer Eigentümer hatten. Wenn die Besitzer eine weibliche schwarze Sklavin zur Konkubine machen wollte, dann hat er sie vielleicht befreit und sie dann zur Frau genommen. Wenn sie ihm einen Sohn gebar, selbst als Sklave, so wurde der Sohn als frei betrachtet. Die Kinder eines Sklavenvaters und einer Mutter wurden als Sklaven angesehen, selbst wenn der Besitzer seine Einwilligung in die Ehe gegeben hatte.
Wenn irgend ein Besitzer einen Sklaven grausam behandelte und die Autoritäten darauf aufmerksam wurden, dann konnte diese Person bestraft werden. Zum Beispiel, beim Vorenthalten von Nahrung, könnte das Gericht Eigentum des Besitzers verkaufen, um die notwendige Nahrungsversorgung sicherzustellen. Oder er könnte ins Exil geschickt werden, in Fällen, die nicht besonders schwerwiegend waren, konnte die Exilierung aus Istanbul genügen, weil Istanbul das Zentrum der ottomanischen Zivilisation war.
Zuoberst landen
Der Islam verbietet die Kastration, und es wird behauptet, dass der Job immer von Christen in sehr frühem Alter durchgeführt wurde, bevor die Afrikaner als Sklaven an die Ottomanen verkauft wurden. Eunuchen spielten eine wichtige Rolle im ottomanischen Palast. Jene, die in den Palast aufgenommen wurden, erhielten eine Ausbildung einschliesslich Sprache und religiöse Einweisung. Wenn sie ein bestimmtes Niveau erreichten, erhielten die Gescheitesten weitere Schulung und sie stiegen im Rang auf innerhalb der Bediensteten des Palastes, während die anderen beim Militär platziert wurden. Es gab nichts, was einen Afrikaner daran gehindert hätte, in der Armee aufzusteigen. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts schrieb Charles White, dass er Regiment von afrikanischen Lanzenkämpfern auf grauen Pferden vorbeireiten gesehen habe, die Abdülmecid (r. 1839-61) gehörten. Madeline Zilfi bezieht sich in ihrem Buch „Frauen und Sklaverei im späten ottomanischen Reich“ auf schwarze Sklaven, die freigelassen wurden, nachdem sie in der Schlacht besonderen Mut bewiesen hatten. Jeder schwarze Sklave, der von seinem Besitzer freigelassen wurde, wurde auch als Teil der militärischen Stufe seines früheren Besitzers angesehen.
Eunuchen waren vorherrschend weiss im ottomanischen Palast bis 1582, während der Regenzenzeit von Sultan Murad III (r. 1574-95) trotz der Tatsache, dass sie direkten Zugang hatten zu zum Verkauf stehenden Afrikanern im ägyptischen Markt nach der Eroberung Ägyptens 1517. Es ist unbekannt, warum Afikaner in wichtigen Stellungen untergebracht wurden; spätere Spekulationen kreisten um die Idee, dass die Frauen im Harem die Afrikaner nicht attraktiv fanden, und so die Wahrscheinlichkeit einer Affäre geringer war. Seltsamerweise jedoch gibt es keine Hinweise auf schwarze Haremfrauen. Dass die ottomanischen Sultane Zirkassische oder Nord-Mediterrane Frauentypen bevorzugten, ist gut dokumentiert worden.
Gewöhnlich war der höchste Rang, den ein schwarzer Eunuche erreichen konnte, der eines “ağa” der Darüssaade, oder Meister des Tors der Glückseligkeit. Als solcher kontrollierte er die gesamten Harem-Bediensteten und bekam seine Befehle direkt vom „valide Sultan“ oder der „Königinmutter.“ Er hatte auch Zugang zum Sultan, wozu sie die Erlaubnis hatten, eine Kopie seines Siegels auf sich zu tragen. Und vielleicht, wie Beşir Ağa (ca. 1657-1746), konnte er so viel Macht auf sich vereinigen, dass er jemanden zum Grossvisir machen oder entmachten konnte, da er in der Lage war, die Schnittstelle zwischen den Haremsfrauen und der Welt ausserhalb zu sein. Sie konnten auch exekutiert werden für die übertriebene Machtansammlung, obwohl es üblicher war, einen solchen Eunuchen nach Ägypten, Zypern oder Lemnos mit einer Pension ins Exil zu schicken. Einen Eunuchen in Istanbul leben zu lassen hätte ihm einen besonderen Zugang zum Gericht verschafft, obwohl selbst im Exil hätte man erwartet, dass er seine Verbindungen spielen lassen kann. Eunuchen in Palästen und Häusern der Mächtigen oder Reichen mit Verbindung zum ottomanischen Palast würde auf ähnliche Weise eingestuft werden wie das Gericht.
Afrikaner als Sklaven zu handeln war im persischen Golf 1847 verboten worden mit der Schliessung des Sklavenmarktes in Istanbul, und 10 Jahre später ist der Import von Sklaven im gesamten ottomanischen Reich verboten worden. Die schwarzen Eunuchen am ottomanischen Palast wurden freigelassen, konnten jedoch nicht ersetzt werden. Jene, die bereits im Palast waren, wählten, dort zu bleiben, da sie keinen anderen Ort hatten, wo sie hingehen konnten.
Es war einmal eine Zeit, wo es bis zu 3 Millionen Schwarze gab in der zeitgenössischen Türkei, doch heute verbleiben nur noch 4’500 – 5’000 in den ägäischen und mediterranen Gebieten.
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