Schweden: Was für eine „Humanitäre Supermacht“?
Judith Bergman, 17.11.2018, Gatestone Institute
aus dem Englischen von Daniel Heiniger
- Die selbsternannte „humanitäre Supermacht“ Schweden, die stolz darauf ist, „Menschenrechte“ zu wahren, hat beschlossen, einen 6-jährigen Jungen, der seine Mutter verloren hat, seinen Großeltern wegzunehmen und ihn in ein Waisenhaus in der Ukraine abzuschieben. In der Zwischenzeit weigert sich Schweden, die schlimmsten Kriminellen und Terroristen auszuweisen, wenn die geringste Gefahr besteht, dass ihnen in dem Land, in das sie geschickt werden sollen, Schaden zugefügt werden könnte.
- Trotz scharfer Kritik seitens der höchsten Regierungsbehörden Schwedens hat die schwedische Regierung das schwedische Recht ausgehebelt, um 9.000 abgelehnten, hauptsächlich undokumentierten afghanischen Männern zu erlauben, zusammen mit schwedischen Jugendlichen die High School besuchen zu dürfen.
- Bereits 2001 zeigte ein Bericht der Tageszeitung Dagen, dass christliche Asylbewerber in Schweden viel häufiger abgelehnt wurden als muslimische Asylbewerber.
Im Oktober beschloss Schweden, das sich offenbar gerne als „humanitäre Supermacht“ versteht, einen 6-jährigen Jungen auszuweisen und in die Ukraine abzuschieben. Der Junge war technisch verwaist, als seine Mutter starb und sein Vater, der in der Ukraine lebt, vor einem ukrainischen Gericht offiziell auf das Sorgerecht für sein Kind verzichtete. Der Junge, Denis, hat keine anderen Verwandten in der Ukraine und müsste daher direkt in ein Waisenhaus gehen.
Im Jahr 2015 brachte ihn Denis‘ Mutter aus der Ukraine nach Schweden – wo die Eltern seiner Mutter bereits lebten. Sie beantragte für sich und ihren Sohn eine Aufenthaltserlaubnis, die jedoch aus scheinbar noch nicht veröffentlichten Gründen abgelehnt wurde. Die Nachrichtenredaktionen scheinen nicht nach den Gründen für die Ablehnung ihres ursprünglichen Antrags geforscht zu haben. Die schwedische Migrationsbehörde (Migrationsverket) hat beschlossen, Denis abzuschieben, obwohl er bei seinen Großeltern mütterlicherseits lebt, die die Adoption des Kindes beantragt haben.
Denis „hat keinen triftigen Grund angegeben, warum er nach seiner Rückkehr in die Ukraine nicht angemessen versorgt werde“, schrieb die Migrationsbehörde in ihrer Entscheidung. Sie bezeichneten die Entscheidung auch geheimnisvollerweise als „im besten Interesse des Kindes“.
Die Tatsache, dass der Junge technisch gesehen ein Waisenkind ist und dass seine Großeltern, mit denen er in Schweden lebt, ein Adoptionsverfahren eingeleitet haben, reicht nicht aus, um die Abschiebung zu stoppen, sagte Karin Fährlin, Referatsleiterin bei Migrationsverket.
„Es geht hier um … einen Jungen, der ukrainischer Staatsbürger ist, und dann ist es in erster Linie die Familie, der Vater oder die ukrainischen Behörden, die sich für dieses Kind verantworten müssen. Das ist der Grund [für die Abschiebung]“, sagte sie.
Die Entscheidung, Denis abzuschieben, verursachte, nachdem sie in Schweden der Öffentlichkeit bekannt wurde, einen enormen Skandal. Mehr als 60.000 Schweden unterzeichneten einen Protest gegen die Abschiebung auf Facebook und mehrere Prominente und Politiker äußerten ihre Empörung über die Entscheidung. „Seine Mutter ist gerade gestorben. Er hat keinen Vater. Er ist sechs Jahre alt und darf nicht bei seinen Großeltern in Schweden bleiben, sondern wird in ein ukrainisches Waisenhaus abgeschoben. Das ist unmenschlich und ekelhaft“, schrieb eine Fernsehpersönlichkeit, Jessica Almenäs.
Der Druck der Öffentlichkeit wurde offensichtlich zu groß. Die Beamten von Migrationsverkets stoppten die Abschiebung vorübergehend und gaben zu, dass sie ihre Entscheidung „zu schnell“ getroffen hätten.
„Es gibt mehrere Untersuchungsmaßnahmen, die wir hätten ergreifen sollen“, sagte Per Ek, Pressesprecher von Migrationsverket. „Daran werden wir jetzt arbeiten“.
Falsche Entscheidungen werden von staatlichen Behörden und Regierungsstellen ständig getroffen; was diese Entscheidung von anderen unterscheidet, ist, dass sie von den Migrationsbehörden eines Landes getroffen wurde, dessen Außenminister behauptet, das Land sei eine „humanitäre Supermacht“.
Eine selbsternannte „humanitäre Supermacht“ soll Sechsjährige nicht ihren Großeltern wegnehmen und in Waisenhäuser in der Ukraine abschieben. Schweden ist so stolz darauf, die „Menschenrechte“ aller zu wahren, dass es sich weigert, die schlimmsten Kriminellen und Terroristen abzuschieben, wenn das geringste Risiko vorhanden ist, dass sie in dem Land, in das sie geschickt werden sollen, Schaden erleiden könnten.
Im Gegensatz zur Entscheidung über die Abschiebung des 6-jährigen Denis hat der schwedische Landtag im Juni ein Sondergesetz verabschiedet, das es einer sehr großen Zahl von abgelehnten Asylbewerbern erlaubt, sich in Schweden aufzuhalten, trotz harter Kritik der höchsten Regierungsbehörden. Das neue Gesetz erlaubt es 9.000 unbegleiteten männlichen „Minderjährigen“ aus Afghanistan, deren Asylanträge abgelehnt wurden – und die deshalb abgeschoben werden sollten -, eine befristete Aufenthaltserlaubnis in Schweden zu erhalten.
Rund 7.000 dieser „unbegleiteten Kindermigranten“ erwiesen sich als über 18 Jahre alt und waren daher nicht einmal minderjährig. Die befristeten Genehmigungen werden erteilt, wenn die „Minderjährigen“ den Besuch der High School planen oder bereits in einer solchen eingeschrieben sind. Bemerkenswert ist, dass sogar diejenigen unter den 9.000, deren Identitäten nicht bestätigt wurden – vermutlich, weil sie keine Papiere hatten -, bleiben dürfen.
Trotz scharfer Kritik seitens der höchsten Regierungsbehörden Schwedens hat die schwedische Regierung das schwedische Recht ausgehebelt, um 9.000 abgelehnten, hauptsächlich undokumentierten afghanischen Männern zu erlauben, zusammen mit schwedischen Jugendlichen die High School besuchen zu dürfen.
Sowohl die Polizei als auch die schwedischen Migrationsgerichte kritisierten die Rechtsvorschrift heftig: Sie bricht mit dem schwedischen Recht, das verlangt, dass sich Menschen, die in Schweden bleiben wollen, eindeutig identifizieren können. Die Senkung dieser Anforderung verringert die Fähigkeit der schwedischen Behörden, zu wissen, wer im Land lebt.
Der Schwedische Gesetzgebungsrat (Lagrådet), eine Regierungsbehörde, die sich aus aktuellen und ehemaligen Richtern des Obersten Gerichtshofs zusammensetzt, die über die Rechtsgültigkeit von Legislativvorschlägen beraten, hat seine härteste Kritik jemals an der Maßnahme geäußert. Er schrieb, dass „die Grenze für das, was in Bezug auf die Formulierung von Rechtsvorschriften akzeptabel ist, erreicht ist“. Dieses Urteil hinderte den schwedischen Landtag jedoch nicht daran, das Gesetz zu verabschieden. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass eine Mehrheit der Schweden – 54% – dagegen waren, die 9.000 Afghanen bleiben zu lassen. Nach Angaben der Regierung werden die Kosten für die Steuerzahler für die Aufnahme der 9.000 afghanischen „Minderjährigen“ in den nächsten drei Jahren auf mehr als 2,9 Milliarden SEK (rund 319 Millionen Dollar) geschätzt.
Schweden stellte dann fest, dass ein verletzliches 6-jähriges Kind, das gerade seine Mutter verloren hat, bei seinen Großeltern lebt und eine schwedische Vorschule besucht, abgeschoben werden muss (zumindest bis die öffentliche Empörung sie zwang, ihre Entscheidung zu überprüfen).
Leider scheint die Entscheidung, Denis abzuschieben, nicht bloß ein einmaliger Fehler zu sein, sondern ein Hinweis auf den in Schweden zu beobachtenden Trend, bestimmte Immigrantengruppen gegenüber anderen zu bevorzugen.
Bereits 2001 zeigte ein Bericht der Tageszeitung Dagen, dass christliche Asylbewerber in Schweden viel häufiger abgelehnt werden als muslimische Asylbewerber. Von allen christlichen Flüchtlingen, die im Jahr 2000 in Schweden Asyl beantragt hatten, erhielt weniger als die Hälfte (40%) Asyl. In der muslimischen Gruppe erhielten 75% aller Antragsteller Asyl.
Nach dem Sturz von Saddam Hussein im Jahr 2003 begann die Verfolgung irakischer Christen durch Dschihadisten exponentiell zuzunehmen. Dennoch lehnte Schweden christliche irakische Asylbewerber ab und schob sie 2009 zurück in den Irak: Von 25 irakischen Christen, die Schweden 2009 abgeschoben hat, flohen 24 wieder aus dem Irak, während sich einer in Mosul versteckte, so das Sveriges Radio.
Ein christliches Paar, das 2005 aus dem Irak geflohen war und vier Jahre lang in Schweden gelebt hatte, wurde 2009 gewaltsam in den Irak zurückgeschoben. Sie flohen dann aus dem Irak in die Türkei. „Ich liebte Schweden und das schwedische Volk, aber ich werde nie vergessen, wie unmenschlich uns die Menschen, die uns vertrieben haben, behandelt haben. Es war wie ein Alptraum. Waren sie wirklich schwedisch?“, sagte das Paar im Sveriges Radio.
Damals sprach das Sveriges Radio auch mit Nina Shea von der US Kommission für internationale Religionsfreiheit, die sagte, dass eine ethnische Säuberung der Christen anhalte und dass es im Irak ausreiche, ein bloßer Christ zu sein, um als verfolgt zu gelten. Menschenrechtsorganisationen sagten damals auch, dass es nicht sicher sei, Christen in den Irak zurückzubringen: Es sei unzweifelhaft, dass sie wegen ihres Glaubens verfolgt würden.
Nichts von alledem hinderte die schwedischen Migrationsbehörden jedoch daran, Christen abzuschieben. Die Behörden sagten erneut, dass die Christen „keinen hinreichenden Grund angegeben hätten, dass es ein tatsächliches, vorhersehbares Risiko gebe, dass sie persönlich schwerem Missbrauch ausgesetzt würden“, wenn sie in den Irak zurückkehren würden.
Im Jahr 2014 deportierte die „humanitäre Supermacht“ christliche Minderheiten wie Assyrer in den Irak, wo ISIS mit seiner rücksichtslosen Kampagne der ethnischen Säuberung aller religiösen Minderheiten mit Vergewaltigung, Folter, Versklavung und Mord auf der Bildfläche erschienen war. Das beeindruckte die „humanitäre Supermacht“ jedoch nicht. In einer von mehreren Entscheidungen zur Deportation assyrischer Christen in den Irak schrieben die schwedischen Migrationsbehörden Folgendes
„Aufgrund der Aktivitäten von IS [Islamischer Staat] im Norden sind die Kämpfe in Bagdad zurückgegangen. Es gibt jedoch Terroranschläge und Schießereien in Bagdad … Die Migrationsbehörde stellt fest, dass Sie keinen triftigen Grund angegeben haben, warum Ihre Angst, ernsthaft missbraucht zu werden, berechtigt ist … Sie werden daher nicht als … schutzbedürftig angesehen…“
Im Juli 2017 beschlossen die schwedischen Migrationsbehörden, dass eine iranische Schauspielerin, Aideen Strandsson, die im Iran heimlich zum Christentum konvertiert war, bevor sie 2014 mit einem Arbeitsvisum nach Schweden kam, in den Iran abgeschoben werden sollte, obwohl sie im Iran mit dem Gefängnis konfrontiert werden könnte – mit der damit verbundenen Vergewaltigung und Folterung in iranischen Gefängnissen – und als Abtrünnige im Iran der Todesstrafe, möglicherweise dem Tod, ausgesetzt ist. Bei Strandssons Anhörung sagte ihr ein schwedischer Migrationsbeamter, dass es im Iran nicht so schlimm für sie sein würde, wie sie erwartete, weil es „nur sechs Monate Gefängnis sein würde“. Schwedische Beamte sagten ihr auch, dass die Bekehrung zum Christentum ihre Entscheidung sei, so dass die Folgen dieser Entscheidung nun ihr ureigenes Problem seien und nicht das ihrige [der Beamten].
Die schwedische Polizei hat einen Rückstau, so dass es glücklicherweise lange dauern kann, bis Strandsson abgeschoben wird. Im August 2018 wusste Strandsson noch immer nicht, wann ihre bevorstehende Abschiebung stattfinden würde.
Schätzungsweise 8.000 Christen mit Abschiebungsanordnungen verstecken sich in Schweden, so der schwedische Anwalt Gabriel Donner, der schätzungsweise 1.000 christliche Asylbewerber beim Kampf gegen die Abschiebung unterstützt hat.
Laut Donner verstehen die Migrationsbeamten nicht, warum jemand Christ werden sollte:
„Das wird am deutlichsten, wenn sie zur Frage kommen, wenn ein Bekehrter sagt, dass er sich wegen der Liebe, die er von Jesus Christus empfangen hat, bekehrt hat. Und dann fragen sie die Bekehrten fast spöttisch, was meinst du mit Liebe? Das ist ihnen völlig fremd.“
Darüber hinaus hat das UNO-Komitee gegen Folter (CAT) im Januar 2018 Schweden daran gehindert, einen ehemaligen Moslem, Abdul Malik, nach Pakistan zu deportieren. Er kam 2012 aus Belutschistan (einer Region in Pakistan) nach Schweden, konvertierte 2015 zum Christentum, ließ sich taufen und arbeitete an Bibelübersetzungen. Dennoch glaubten die schwedischen Behörden nicht, dass seine Bekehrung echt sei, und beschlossen 2017, ihn abzuschieben. In Pakistan droht ihm Folter und Verhaftung, nicht nur wegen seiner politischen Aktivitäten für Belutschistan, sondern auch wegen seines Übertritts zum Christentum.
Wie sich herausstellt, scheint es mit der „humanitären Supermacht“ Schwedens doch nicht so weit her zu sein.
Judith Bergman, eine Kolumnistin, Juristin und Politologin, ist eine angesehene Senior Fellow am Gatestone Institute.
Erstveröffentlichung hier. Reproduktion mit freundlicher Genehmigung des Gatestone Instituts.
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