Die historischen Fehler der Araber in ihren Interaktionen mit Israel
Fred Maroun, 10.7.2016, Gatestone Institute
- Wir Araber haben die Beziehungen mit Israel katastrophal gemanagt, aber das Schlimmste ist die laufende Situation der Palästinenser. Unser größter Fehler war, den Teilungsplan der UNO von 1947 nicht zu akzeptieren.
- Vielleicht sollte man nicht Kriege beginnen, wenn man nicht vorbereitet ist auf das mögliche Ergebnis, sie zu verlieren.
- Es sind nicht die Juden, die Araber in Lagern halten, sondern wir.
- Jordanien hat einige Flüchtlinge integriert, aber längst nicht alle. Wir hätten beweisen können, dass wir Araber ein großes und edles Volk sind, doch stattdessen haben wir der Welt vorgeführt, wie wir es auch weiterhin tun, dass unser Hass gegeneinander und gegenüber den Juden weit größer ist als jedes Konzept der angeblichen arabischen Solidarität.
Dies ist der erste Teil einer zweiteiligen Serie. Der zweite Teil wird untersuchen, was wir Araber heute anders machen können.
Im gegenwärtigen Stand der Beziehungen zwischen der arabischen Welt und Israel sehen wir einen Flickenteppich von Feindseligkeit, angespannter Ruhe, eine begrenzte Zusammenarbeit, Ruhe und Gewalt. Wir Araber haben die Beziehung mit Israel katastrophal gemanagt, aber das Schlimmste ist die laufende Situation der Palästinenser.
Der ursprüngliche Fehler
Unser erster Fehler dauerte Jahrhunderte, und trat auch deutlich vor Israels Unabhängigkeitserklärung im Mai 1948 auf. Er bestand darin, nicht die Juden als gleichwertig anzuerkennen.
Wie von einem führenden amerikanischen Gelehrten der jüdischen Geschichte in der muslimischen Welt, Mark R. Cohen, dokumentiert, teilten während dieser Zeit „Juden den Status von Dhimmis [Nicht-Muslime, die Schutzgeld zahlen und separate, entwürdigende Gesetze befolgen müssen, um in muslimisch kontrollierten Gebieten geduldet zu werden] mit anderen Nicht-Muslimen … Neue Gotteshäuser durften nicht gebaut und alte konnten nicht repariert werden. Sie mussten sich demütig benehmen in Gegenwart von Muslimen. In ihrer liturgischen Praxis hatten sie den Vorrang des Islam zu ehren. Sie wurden weiter aufgefordert, sich von den Muslimen durch ihre Kleidung und durch die Meidung von Ehrensymbolen zu unterscheiden. Weitere Einschränkungen schlossen sie von Positionen der Autorität in der islamischen Regierung aus“.
Am 1. März 1944, während die Nazis sechs Millionen Juden massakrierten, und deutlich bevor Israel seine Unabhängigkeit erklärte, sagte Haj Amin al-Husseini, damals Großmufti von Jerusalem, auf Radio Berlin, „Araber, erhebt Euch wie ein Mann und kämpft für Eure geheiligten Rechte. Tötet die Juden, wo immer ihr sie findet. Das gefällt Gott, der Geschichte und der Religion. Das macht Euch Ehre. Gott ist mit Euch.“
Wenn wir diesen Fehler nicht gemacht hätten, dann hätten wir in zweierlei Hinsicht profitiert .
Juden wären wahrscheinlich in größerer Zahl im muslimischen Nahen Osten geblieben, und sie hätten die Zivilisation des Nahen Ostens weitergebracht, statt die Zivilisationen der Orte, an die sie geflohen waren, vor allem Europa und später die Vereinigten Staaten.
Zweitens, wenn die Juden sich im Nahen Osten sicher und unter den Arabern akzeptiert gefühlt hätten, dann hätten sie vielleicht nicht das Bedürfnis verspürt, einen unabhängigen Staat zu schaffen, was uns von unseren nachfolgenden Fehler bewahrt hätte.
Der schlimmste Fehler
Unser zweiter und schlimmste Fehler war, den Teilungsplan der UNO von 1947 nicht akzeptiert zu haben. UNO-Resolution 181 sah die Rechtsgrundlage vor für einen jüdischen Staat und einen arabischen Staat, die miteinander das ehemals britisch kontrollierte Mandat Palästina teilen.
Wie von der BBC berichtet, sah die Resolution vor:
„Ein jüdischer Staat, der 56,47% des Mandats Palästina abdeckt (mit Ausnahme von Jerusalem) mit einer Bevölkerung von 498.000 Juden und 325.000 Arabern, ein arabischer Staat von 43,53% des Mandats Palästina (ohne Jerusalem), mit 807.000 arabischen Bewohnern und 10.000 jüdischen Einwohnern, eine internationale Treuhandschaftsregierung in Jerusalem, wo die Bevölkerung 100.000 Juden und 105.000 Araber beträgt.“
Obwohl das dem jüdischen Staat zugeteilten Land etwas größer war als das dem arabischen Staat zugeteilte Land, war ein großer Teil des jüdischen Teils totale Wüste, der Negev und Arava, und das fruchtbare Land war den Arabern zugeteilt. Der Plan war auch aus zwei anderen Gründen zum Vorteil der Araber:
- Der jüdische Staat hatte nur eine knappe Mehrheit an Juden, was den Arabern fast so viel Einfluss auf den jüdischen Staat gegeben hätte wie den Juden, doch der arabische Staat war fast rein arabisch, was den dort lebenden Juden keinen politischen Vorteil geboten hätte.
- Beide vorgeschlagene Staaten bestanden aus drei mehr oder weniger getrennten Stücken, was zu einer starken geografischen gegenseitige Abhängigkeit zwischen den beiden Staaten geführt hätte. Wenn die beiden Staaten freundschaftlich verbunden wären, dann hätten sie wahrscheinlich in vielerlei Hinsicht als ein einziger Verbund funktioniert. In diesem Verbund hätten Araber eine starke Mehrheit gehabt.
Statt das Geschenk eines Plans anzunehmen, als wir das noch konnten, entschieden wir Araber, dass wir keinen jüdischen Staat akzeptieren könnten. Im Mai 1948 erkärte Azzam Pascha, der Generalsekretär der Arabischen Liga, in Bezug auf den vorgeschlagenen neuen jüdischen Teil des Teilungsplans, dass „Dies ein Vernichtungskrieg sein wird, ein bedeutsames Massaker, von dem gesprochen werden wird, wie von den mongolischen Massakern und den Kreuzzügen.“ Wir initiierten einen Krieg, der beabsichtigte, den neuen Staat in seinen Kinderschuhen zu beseitigen, doch wir verloren ihn, und das Ergebnis unseres Fehlers war ein viel stärkerer jüdischer Staat:
- Die jüdische Mehrheit des jüdischen Staates wuchs dramatisch durch den dadurch auftretenden Bevölkerungsaustausch, mit der Flucht vieler Araber vor dem Krieg in Israel, und der Flucht vieler Juden vor einer feindlichen arabischen Welt, um sich dem neuen Staat anzuschliessen.
- Die Juden eroberten zusätzliches Land während des Krieges, den wir begonnen hatten, was zu Waffenstillstandslinien führte (heute die grünen Linien oder Vor-1967-Linien genannt), die Israel einen Teil des zuvor dem arabischen Staat zugewiesenen Teil des Landes gab. Der jüdische Staat erwarb sich auch eine viel bessere Durchgängigkeit, während die arabischen Teile in zwei Portionen (Gaza und Westbank ) aufgetrennt wurden, die fast 50 Kilometer getrennt sind.
Vielleicht sollte man nicht Kriege starten, wenn man nicht vorbereitet ist auf das Ergebnis, dass man ihn möglicherweise verliert.
Mehr Kriege und mehr Fehler
Nach dem Unabhängigkeitskrieg (der Name, den die Juden dem Krieg von 1947/1948 gaben), war Israel für alle praktischen Dinge auf das Land innerhalb der grünen Linie beschränkt. Israel hatte keine Macht oder Anspruch über Gaza und die Westbank. Wir Araber hatten zwei Optionen, wenn wir zu dieser Zeit mit Israel Frieden zu machen gewählt hätten:
- Gaza hätte in Ägypten und die Westbank in Jordanien integriert werden können, was den Palästinensern die Staatsbürgerschaft in einem von zwei relativ starken arabischen Ländern eingebracht hätte, die sowohl numerisch als auch geographisch stärker waren als Israel.
- Wir hätten in Gaza und der Westbank einen neuen Staat gründen können.
Stattdessen entschieden wir uns dafür, die Feindseligkeiten mit Israel fortzusetzen. Im Frühjahr 1967 bildeten wir eine Koalition, um Israel anzugreifen. Am 20. Mai 1967 erklärte der syrische Verteidigungsminister Hafez Assad: „Die Zeit ist gekommen, in eine Vernichtungsschlacht einzutreten.“ Am 27. Mai 1967 erklärte Ägyptens Präsident Abdul Nasser: „Unser Hauptziel wird die Zerstörung Israels sein“. Im Juni brauchte Israel nur sechs Tage, um uns zu besiegen und uns vor der Welt zu demütigen. In diesem Krieg verloren wir viel mehr Land, einschließlich Gaza und der Westbank .
Nach dem Krieg von 1967 (den die Juden den Sechstagekrieg nennen), bot Israel uns Land für Frieden, und bot uns damit eine Chance, uns vom Fehler des Sechstagekriegs zu erholen. Wir reagierten mit der Khartoum-Resolution, die besagt: „Kein Frieden mit Israel, keine Anerkennung Israels und keine Verhandlungen mit Israel“.
Ohne aus dem Jahr 1967 gelernt zu haben, bildeten wir noch eine andere Koalition im Oktober 1973 und versuchten noch einmal, Israel zu zerstören. Wir erzielten einige Gewinne, aber dann wendete sich das Blatt, und wir verloren wieder. Nach dieser dritten schmachvollen Niederlage brach unsere Koalition gegen Israel zusammen und Ägypten und Jordanien beschlossen sogar, mit Israel Frieden zu machen.
Der Rest von uns blieb hartnäckig im Widerstand gegen die blosse Existenz Israels, auch Syrien, das, wie Ägypten und Jordanien, während des Sechs-Tage-Kriegs Land an Israel verloren hatte. Heute hält Israel immer noch das Gebiet, und es gibt keine wirkliche Perspektive für dieses Land, je nach Syrien zurückzukehren; Israels Premierminister erklärte kürzlich: „Israel wird niemals die Golan-Höhen verlassen.“
Die Tragik der Palästinenser
Der verwerflichste und tragischste unserer Fehler ist aber die Art und Weise, wie wir Araber die Palästinenser behandelt haben seit Israels Unabhängigkeitserklärung.
Die Juden von Israel begrüßten jüdische Flüchtlinge aus arabischen und anderen muslimischen Ländern ins israelische Kernland, unabhängig von den Kosten oder der Schwierigkeit, Menschen mit sehr unterschiedlichen Hintergründen zu integrieren. Israel integrierte eifrig Flüchtlinge aus fernen Ländern, darunter Äthiopien, Indien, Marokko, Brasilien, Iran, Ukraine und Russland. Auf diese Weise zeigten sie das mächtige Band, das Juden miteinander verbindet. Zur gleichen Zeit hatten wir die Möglichkeit, in ähnlicher Weise das Band zu zeigen, das Araber zusammenbindet, doch statt die arabischen Flüchtlinge aus dem Krieg von 1947-1948 zu begrüßen, steckten wir sie in Lager mit starken Einschränkungen auf ihr tägliches Leben.
Im Libanon, wie von Amnesty International berichtet, „erleiden Palästinenser weiter Diskriminierung und Ausgrenzung auf dem Arbeitsmarkt, was zu hoher Arbeitslosigkeit, niedrigen Löhnen und schlechten Arbeitsbedingungen beiträgt. Während die libanesischen Behörden vor kurzem 50 der 70 Berufsverbote für Palästinenser aufgehoben haben, sehen sich Palästinenser immer noch Hindernissen gegenüber, tatsächlich eine Beschäftigung zu finden. Das Fehlen angemessener Beschäftigungsaussichten führt zu einer hohe Schulaussteiger-Rate für palästinensische Schulkinder, die auch begrenzten Zugang zu öffentlicher Sekundarbildung haben. Die resultierende Armut wird durch Beschränkungen des Zugangs zu sozialen Diensten verschärft.“
Und so konnten der Libanon und Syrien Flüchtlinge nicht integrieren, die vorher nur wenige Kilometer entfernt von den Landesgrenzen gelebt hatten und mit den Menschen im Land fast identische Kulturen, Sprachen und Religionen teilen. Jordanien integrierte einige Flüchtlinge, aber nicht alle. Wir hätten beweisen können, dass wir Araber ein großes und edles Volk sind, und haben stattdessen der Welt gezeigt, wie wir es auch weiterhin tun, dass unser Hass gegeneinander und gegenüber den Juden weit größer ist als jedes Konzept der angeblichen arabischen Solidarität. Zu unserer Schande werden, sieben Jahrzehnte nachdem palästinensische Flüchtlinge aus Israel flohen, ihre Nachkommen immer noch als Flüchtlinge betrachtet.
Der schlimmste Teil der Art, wie wir die palästinensischen Flüchtlinge behandelt haben, ist, dass auch innerhalb der Westbank und im Gazastreifen bis zum heutigen Tag eine Unterscheidung zwischen den palästinensischen Flüchtlingen und einheimischen Palästinensern bleibt. In jenen Ländern leben, gemäss den Zahlen von 2010 vom Palestinian Refugee ResearchNet an der McGill Universität, 37% der Palästinenser in der Westbank und im Gazastreifen in Lagern! Gaza hat acht palästinensische Flüchtlingslager, die Westbank hat neunzehn. Es sind nicht die Juden, die Araber in Lagern halten, sondern wir. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas behauptet einen Staat auf diesen Gebieten, aber wir können kaum erwarten, dass er ernst genommen wird, wenn er die palästinensischen Flüchtlinge unter seiner Autorität in Lagern hält und sie nicht einmal mit anderen Palästinensern integrieren kann. Die Lächerlichkeit der Situation wetteifert nur mit ihrer Gefühllosigkeit.
Wo wir heute stehen
Aufgrund unserer eigenen Fehler ist unsere Beziehung zu Israel heute ein Fehlschlag. Die einzige Kraft in unserer Wirtschaft ist Öl, eine verderbliche Ressource und mit Fracking an Wert verlierend. Wir haben nicht annähernd genug getan, um die Zukunft vorzubereiten, wenn wir Einfallsreichtum und Produktivität benötigen. Laut Foreign Policy Magazine: „Obwohl die arabischen Regierungen lange die Notwendigkeit erkannt haben, von einer zu großen Abhängigkeit von Kohlenwasserstoffen wegzukommen, haben sie dabei wenig Erfolg gehabt. … Selbst die Wirtschaft der Vereinigten Arabischen Emirate, eine der am stärksten diversifizierten im Golf, ist in hohem Maße abhängig vom Ölexport.“
Business Insider bewertet Israel im Jahr 2015 als dritt innovativstes Land der Welt. Länder der ganzen Welt profitieren von Israels Kreativität, einschließlich Länder so fern und fortgeschritten wie Japan. Doch wir brüskieren Israel, ein Innovationskraftwerk , das zufällig an unseren Grenzen liegt.
Wir scheitern auch daran, die Vorteile von Israels militärischem Genie zu nutzen, uns zu helfen, neue und verheerende Feinde wie ISIS zu bekämpfen.
Am schlimmsten ist, dass eines unserer eigenen Völker, die Palästinenser, verstreut ist – aufgeteilt, desillusioniert und völlig unfähig, das nationale Projekt wiederzubeleben, das wir ihnen im Jahr 1948 unter den Füßen weggezogen und das wir seither bis zur Unkenntlichkeit entstellt haben.
Zu sagen, dass wir unseren Ansatz gegenüber Israel ändern müssen, ist eine Untertreibung. Es gibt grundlegende Veränderungen, die wir machen müssen, und wir müssen den Mut und die moralische Kraft aufbringen, sie durchzuführen.
Es sind nicht die Juden, die Araber in Lagern halten, sondern wir.
Fred Maroun, ein linksgerichteter Araber, der in Kanada lebt, hat Kommentare geschrieben unter anderem für New Canadian Media. Von 1961-1984 lebte er im Libanon.
Erstveröffentlichung hier. Reproduktion mit freundlicher Genehmigung des Gatestone Instituts.
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