Warum kritisiere ich Israel nicht?
Sam Harris, 27.7.2014, samharris.org
AUDIO TRANSCRIPT [Anmerkung: Dies ist eine verbale Abschrift eines gesprochenen Podcast. Allerdings habe ich Anmerkungen wie diese hinzugefügt, um kontroverse Punkte zu klären. – SH]
Ich wollte einen Podcast machen über eine Reihe von Fragen, aber ich habe so viele Fragen zum selben Thema bekommen, dass ich glaube, ich werde nur eine einzige Antwort hier geben, und ein #AskMeAnything-Podcast werden wir beim nächsten Mal machen.
Die Frage, die ich jetzt in vielen Formen erhalten habe, geht so: Warum ist es so, dass Du Israel nie kritisierst? Warum kritisierst Du nie das Judentum? Warum ist es so, dass Du immer die Seite der Israelis gegenüber den Palästinensern einnimmst?
Nun, das ist aus einer Vielzahl von Gründen eine unglaublich langweilige und deprimierende Frage. Der erste ist, dass ich sowohl Israel als auch das Judentum kritisiert habe. Was anscheinendd viele Leute aufgeregt hat, ist, dass ich eine gewisse Verhältnismässigkeit gewahrt habe. Es gibt ungefähr 15 Millionen Juden auf dieser Erde. Es gibt hundertmal so viele Muslime. Ich habe mit Rabbinern diskutiert, die, wenn ich angenommen habe, dass sie an einen Gott glauben, der unsere Gebete hören kann, mich mitten im Satz unterbrachen und sagten: „Warum glaubst du, dass ich an einen Gott glaube, der Gebete hören kann?“ Es gibt Rabbiner – konservative Rabbiner, die an einen Gott glauben, der so elastisch ist, daß er jeden konkreten Anspruch über ihn ausschließt – und damit fast jede konkrete Forderung nach menschlichem Verhalten. Und es gibt Millionen von Juden, buchstäblich Millionen unter den wenigen Millionen, die existieren, für die das Judentum sehr wichtig ist, und doch sind sie Atheisten. Sie glauben nicht an Gott. Dies ist eigentlich eine Position, die Sie im Judentum halten können, aber es ist ein absoluter non sequitur im Islam oder Christentum.
Wenn wir also über die Konsequenzen irrationaler Überzeugungen sprechen, die auf Schriftsätzen beruhen, sind die Juden die geringsten Täter. Aber ich habe viele kritische Dinge über das Judentum gesagt. Ich möchte Sie daran erinnern, dass Teile der hebräischen Bücher der Bibel, wie Leviticus und Exodus und Deuteronomium, die abweisendsten, die am schwersten unethischen Dokumente sind, die in irgend einer Religion zu finden sind. Sie sind schlimmer als der Koran. Sie sind schlimmer als irgendein Teil des Neuen Testaments. Aber die Wahrheit ist, die meisten Juden erkennen das und nehmen diese Texte nicht ernst. Es ist einfach eine Tatsache, dass die meisten Juden und die meisten Israelis nicht von der Schrift geleitet werden – und das ist eine sehr gute Sache.
Natürlich gibt es einige, die es sind. Es gibt religiöse Extremisten unter den Juden. Ich halte diese Leute für echt gefährlich und ihre religiösen Überzeugungen sind so trennend und unberechtigt wie die Überzeugungen frommer Muslime. Aber es gibt viel weniger solche Menschen.
Für jene von euch, die sich Sorgen machen, dass ich nie etwas kritisches über Israel sage: Meine Position zu Israel ist etwas paradox. Es gibt Fragen, über die ich echt unentschlossen bin. Und es gibt etwas an meinem Standpunkt, das, glaube ich, jeden beleidigt. Deshalb, im Bewusstsein darüber, wie gewagt es ist, überhaupt etwas zu diesem Thema zu sagen, will ich dennoch ein paar Minuten laut darüber nachdenken.
Ich glaube nicht, dass Israel als jüdischer Staat existieren sollte. Ich denke, es ist obszön, irrational und ungerechtfertigt, einen Staat um eine Religion herum zu organisieren. Insofern feiere ich die Idee nicht, dass es da einen jüdische Staat gibt im Nahen Osten. Ich unterstütze sicherlich keine jüdischen Ansprüche auf Boden, die auf der Bibel basieren. [Anmerkung: Lesen Sie diesen Absatz nochmals.]
Obwohl ich gerade sagte, dass ich nicht denke, dass Israel als jüdischer Staat existieren sollte, so lässt sich die Rechtfertigung für einen solchen Staat eher leicht finden. Wir brauchen nicht weiter zu suchen als bis zur Tatsache, dass der Rest der Welt sich bei jeder Gelegenheit bereit erklärt hat, die Juden zu ermorden. Wenn es also einen Staat geben sollte, der um den Schutz der Mitglieder einer einzigen Religion herum organisiert ist, dann sollte es sicherlich ein jüdischer Staat sein. Nun, Freunde von Israel könnten dies für eine eher laue Verteidigung halten, aber es ist die stärkste, die ich habe. Ich denke, die Idee eines religiösen Staates ist letztlich unhaltbar. [Anmerkung: Es ist jedoch beachtenswert, dass Israel nicht „jüdisch“ ist in dem Sinn, wie Saudi-Arabien und Pakistan „muslimisch“ sind. Wie mein Freund Jerry Coyne betont, ist Israel tatsächlich weniger religiös als die USA und es garantiert den Bürgern die Religionsfreiheit. Israel ist keine Theokratie, und man könnte leicht argumentieren, dass seine jüdische Identität mehr kulturell als religiös ist. Wenn wir aber fragen, warum die Juden nicht nach Britisch-Kolumbien ziehen würden, wenn sie dort ein Zuhause finden könnten, so sehen wir, welche Rolle die Religion in ihrem Denken nach wie vor spielt.]
Es ist unnötig zu erwähnen, dass die israelische Regierung und die Israelis selbst, wenn sie ihr Territorium als jüdischen Staat verteidigen, schreckliche Dinge tun müssen. Sie haben, wie jetzt, Kriege gegen die Palästinenser geführt, die massive Verluste an unschuldigem Leben verursacht haben. In den letzten Wochen sind mehr Zivilisten in Gaza getötet worden, als Militante. Das ist keine Überraschung, denn Gaza ist einer der am dichtesten besiedelten Orte der Erde. Es zu besetzen, Kriege darin zu kämpfen, garantiert, dass Frauen und Kinder und andere Nicht-Kombattanten getötet werden. Und es gibt wahrscheinlich wenig Fragen im Verlauf der Kämpfe mehrerer Kriege, dass die Israelis Dinge getan haben, die auf Kriegsverbrechen hinauslaufen. Sie sind durch diesen Vorgang brutalisiert worden – das heißt, brutal geworden. Aber das ist weitgehend auf den Charakter ihrer Feinde zurückzuführen. [Anmerkung: Ich habe Israel keinen Freipass gegeben, um Kriegsverbrechen zu begehen. Ich machte einen Punkt über die Realitäten des Lebens unter der andauernden Bedrohung des Terrorismus und des Kämpfens mererer Kriege in einem eng begrenzten Raum.]
Was auch immer für schreckliche Dinge die Israelis getan haben, es ist ebenfalls wahr, zu sagen, dass sie mehr Zurückhaltung in ihrem Kampf gegen die Palästinenser ausgeübt haben, als wir – die Amerikaner oder Westeuropäer – in jedem unserer Kriege. Sie haben mehr weltweite öffentliche Aufmerksamkeit erlebt als jede andere Gesellschaft jemals, während sie sich gegen Aggressoren verteidigen mussten. Die Israelis werden einfach an einem anderen Standard gemessen. Und die Verdammung, die sie durch den Rest der Welt erlebt haben, ist völlig jenseits jeglicher Proportionen gegenüber dem, was sie tatsächlich getan haben. [Anmerkung: Ich sage nicht, dass die Israelis, weil sie vorsichtiger sind, als wir es in unseren leichtsinnigsten Phasen gewesen sind, über jeglicher Kritik stehen. Kriegsverbrechen sind Kriegsverbrechen.]
Es ist klar, dass Israel den PR-Krieg verliert und das seit Jahren. Eines der schrecklichsten Dinge für Außenstehende über den aktuellen Krieg in Gaza ist der unverhältnismäßige Verlust des Lebens auf palästinensischer Seite. Das macht nicht viel moralischen Sinn. Israel baute Schutzbauten, um seine Bürger zu schützen. Die Palästinenser bauten Tunnels, durch die sie Terrorangriffe ausführen und Israelis entführen konnten. Sollte Israel dafür verantwortlich gemacht werden, die Bevölkerung in einem Verteidigungskrieg erfolgreich zu schützen? Ich glaube nicht. [Anmerkung: Ich wollte nicht sagen, dass der Tod von palästinensischen Nicht-Kombattanten etwas anderes als tragisch ist. Aber wenn die Vergeltung gegen die Hamas zwingenderweise zu toten Zivilisten führt, und die Israelis in der Zwischenzeit ihre eigenen Zivilbevölkerung zu schützen fertigbringen, ist der Verlust an Leben Unschuldiger auf der palästinensischen Seite notwendigerweise überproportional.]
Doch es gibt keinen Weg, die Bilder, die aus dem Gazastreifen kommen, zu betrachten – vor allem von Säuglingen und Kleinkindern, die von Schrapnellen gezeichnet sind – und zu glauben, dass dies irgend etwas anderes als ein ungeheuerliches Böses ist. Soweit die Israelis die Agenten dieses Übels sind, scheint es unmöglich, sie zu unterstützen. Und es ist fraglos, dass die Palästinenser jahrzehntelang unter der Besatzung schrecklich gelitten haben. Dies ist der Punkt, wo die meisten Kritiker Israels steckengeblieben scheinen. Sie sehen diese Bilder, und sie tadeln Israel, weil es Babys getötet und verstümmelt hat. Sie sehen die Besatzung, und sie beschuldigen Israel, Gaza zu einem Gefangenenlager zu machen. Ich würde dagegen argumentieren, dass dies eine Art moralische Illusion ist, die von einem Versäumnis getragen wird, die tatsächlichen Ursachen dieses Konflikts anzuschauen, sowie ein Versäumnis, die Intentionen der Menschen auf beiden Seiten zu verstehen. [Anmerkung: Ich sagte nicht, dass das Grauen der getöteten Kinder eine moralische Illusion ist; noch habe ich das Leiden der Palästinenser unter der Besatzung geringgeschätzt. Ich behauptete lediglich, dass Israel nicht alleine und in erster Linie Schuld ist an all dem Leid.]
Die Wahrheit ist, dass es einen offensichtlichen, nicht zu leugnenden, und äußerst folgenreichen moralischen Unterschied gibt zwischen Israel und seinen Feinden. Die Israelis sind von Menschen umgeben, die ausdrücklich völkermörderische Absichten gegen sie pflegen. Die Charta der Hamas ist ausdrücklich völkermörderisch. Sie freut sich auf eine Zeit, basierend auf koranischen Prophezeiungen, wenn die Erde selbst nach jüdischem Blut rufen wird, wo die Bäume und die Steine „O Muslim“ sagen, „da ist ein Jude hinter mir versteckt. Komm und töte ihn.“ Das ist ein politisches Dokument. Wir reden von einer Regierung, die von einer Mehrheit der Palästinenser an die Macht gewählt wurde. [Anmerkung: Ja, ich weiß, dass nicht jeder Palästinenser die Hamas unterstützt, aber genug, um sie an die Macht gebracht zu haben. Die Hamas ist keine Randgruppe.]
Der Diskurs in der muslimischen Welt um die Juden ist äußerst schockierend. Nicht nur gibt es Holocaust-Leugnung – es gibt Holocaust-Leugnung, die dann behauptet, dass wir es richtig tun, wenn wir nur die Chance dazu bekommen. Das Einzige, was noch widerwärtiger ist, als den Holocaust zu leugnen, ist, zu sagen, daß er hätte geschehen sollen; er geschah nicht, aber wenn wir die Chance bekommen, werden wir ihn vollziehen. Es gibt Kindersendungen in den palästinensischen Gebieten und anderswo, die Fünfkährigen die Herrlichkeiten des Martyriums und die Notwendigkeit der Tötung von Juden lehrt.
Und das stösst mitten ins Herz des moralischen Unterschieds zwischen Israel und seinen Feinden. Und das habe ich in The End of Faith diskutiert. Um diesen moralischen Unterschied zu erkennen, müssen Sie die Frage stellen, was jede der beiden Seiten tun würde, wenn sie die Macht dazu hätte.
Was würden die Juden den Palästinensern antun, wenn sie tun könnten, was immer sie wollten? Nun, wir kennen die Antwort auf diese Frage, weil sie tatsächlich mehr oder weniger tun können, was sie wollen. Die israelische Armee könnte morgen alle in Gaza töten. Was bedeutet das? Nun, es bedeutet, dass, wenn sie eine Bombe an einem Strand fallen lassen und vier palästinensische Kinder töten, wie dies letzte Woche passiert ist, so ist dies fast sicher ein Unfall. Sie zielen nicht auf Kinder. Sie könnten so viele Kinder anvisieren, wie sie wollen. Jedes Mal, wenn ein palästinensisches Kind stirbt, ist Israel näher daran, ein internationaler Paria zu werden. So machen sich die Israelis große Mühe, Kinder und andere Nichtkämpfer nicht zu töten. [Anmerkung: Das Wort „so“ im vorherigen Satz war bedauerlich und irreführend. Ich wollte nicht behaupten, dass die Sicherung ihres Rufs im Ausland der einzige (oder gar primäre) Grund für Israel wäre, Kinder nicht zu töten. Allerdings bleibt der Punkt stehen: Selbst wenn Sie Israel die niedrigsten Motive unterstellen wollen, so liegt es eindeutig in ihrem Selbstinteresse, palästinensische Kinder nicht zu töten.]
Nun, ist es möglich, dass einige israelische Soldaten unter Druck Amok laufen und am Ende in Ansammlungen von Steine werfenden Kindern schießen? Na sicher. Sie finden immer einige Soldaten, die mitten in einem Krieg derart handeln. Aber wir wissen, dass dies nicht die allgemeine Absicht Israels ist. Wir wissen, dass die Israelis keine Nicht-Kombattanten töten wollen, weil sie so viele töten könnten, wie sie wollen, und sie es nicht tun.
Was wissen wir über die Palästinenser? Was würden die Palästinenser den Juden in Israel antun, wenn das Machtungleichgewicht umgekehrt wäre? Nun, sie haben uns gesagt, was sie tun würden. Aus irgendeinem Grund wollen die Kritiker Israels einfach nicht das Schlimmste über eine Gruppe wie die Hamas glauben, selbst wenn diese dieses Schlimmste über sich freizügig selber erklärt. Wir haben bereits einen Holocaust und mehrere andere Genozide im 20. Jahrhundert erlebt. Menschen können Völkermord begehen. Wenn sie uns sagen, dass sie Völkermord begehen wollen, sollten wir zuhören. Es gibt jeden Grund zu glauben, dass die Palästinenser alle Juden in Israel töten würden, wenn sie könnten. Würde jeder Palästinenser Völkermord unterstützen? Natürlich nicht. Aber eine große Zahl von ihnen – und von Muslimen in der ganzen Welt – würde das tun. Unnötig zu sagen, dass die Palästinenser im Allgemeinen, nicht nur die Hamas, eine Historie haben, wie sie unschuldige Nicht-Kombattanten auf schockierendste Arten getötet haben. Sie haben sich in Bussen und in Restaurants in die Luft gesprengt. Sie haben Jugendliche massakriert. Sie haben Olympia-Athleten ermordet. Heute schießen sie Raketen wahllos in zivile Gebiete. Und wieder sagt die Charta ihrer Regierung in Gaza ausdrücklich, dass sie die Juden vernichten wollen – nicht nur in Israel, sondern überall. [Anmerkung: Wieder bemerke ich, dass nicht alle Palästinenser die Hamas unterstützen. Noch vernachlässige ich den Grad, zu dem die Besatzung zusammen mit den im Krieg erlittenen Kollateralschäden die palästinensische Wut angeheizt hat. Aber der palästinensische Terrorismus (und der muslimische Antisemitismus) ist es, was das friedliche Zusammenleben bis jetzt verunmöglicht hat.]
Die Wahrheit ist, dass alles, was Sie über das moralische Ungleichgewicht zwischen Israel und ihren Feinden wissen müssen, am Thema der menschlichen Schilde aufgezeigt werden kann. Wer benutzt menschliche Schutzschilde? Nun, die Hamas auf jeden Fall. Sie schießen ihre Raketen aus Wohnvierteln ab, von neben Schulen, Krankenhäusern und Moscheen. Muslime haben auch in anderen jüngsten Konflikten, im Irak und anderswo, menschliche Schutzschilde benutzt. Sie haben ihre Gewehre auf die Schultern ihrer eigenen Kinder gelegt und von hinter ihren Körpern geschossen.
Beachten Sie den moralischen Unterschied zwischen dem Einsatz von menschlichen Schutzschilden und der Abschreckung durch dieselben. Das ist der Unterschied, über den wir reden. Die Israelis und andere westliche Mächte werden, wie unzureichend auch immer, durch die muslimische Verwendung von menschlichen Schutzschildern in diesen Konflikten abgeschreckt, so wie es sein sollte. Es ist moralisch verabscheuungswürdig, Nicht-Kombattanten zu töten, wenn es sich vermeiden lässt. Es ist sicherlich verrückt, durch die Körper der Kinder zu schießen, um an Ihre Gegner zu bekommen. Aber nehmen Sie sich einen Moment Zeit, darüber nachzudenken, wie verächtlich dieses Verhalten ist. Und verstehen Sie, wie zynisch es ist. Die Muslime handeln unter der Annahme – sogar dem Wissen – dass die Ungläubigen, mit denen sie kämpfen, die Menschen, deren Religion sie nichts als verleumden, durch ihre Verwendung muslimischer menschlicher Schutzschilde abgeschreckt werden. Sie betrachten die Juden als Abkömmlinge von Affen und Schweinen – und doch verlassen sie sich darauf, daß sie keine muslimischen Nicht-Kombattanten töten wollen. [Anmerkung: Der Begriff „Muslime“ in diesem Absatz bedeutet „muslimische Kämpfer“ der Art, auf die westliche Truppen im Irak, in Afghanistan und anderswo gestoßen sind. Der Begriff „Dschihadisten“ wäre zu eng gewesen, aber ich wollte nicht behaupten, dass alle Muslime die Verwendung von menschlichen Schutzschildern unterstützen oder antisemitisch sind, im Krieg mit dem Westen stehen, usw.]
Nun stellen Sie sich vor, die Rollen hier zu tauschen. Stellen Sie sich vor, wie fatal – sogar komisch – es sein würde für die Israelis, zu versuchen, menschliche Schutzschilde zu benutzen, um die Palästinenser abzuschrecken. Manche behaupten, dass sie dies bereits getan haben. Es gibt Berichte, dass israelische Soldaten gelegentlich palästinensische Zivilisten vor sich aufgestellt haben, als sie in gefährliche Gebiete vorgedrungen sind. Das ist nicht der Gebrauch von menschlichen Schutzschildern, über den wir reden. Das ist unheimliches Verhalten. Kein Zweifel, es stellt ein Kriegsverbrechen dar. Aber stellen Sie sich vor, die Israelis würden ihre eigenen Frauen und Kinder als menschliche Schutzschilde benutzen. Das wäre natürlich lächerlich. Die Palästinenser versuchen ohnehin, alle zu töten. Das Töten von Frauen und Kindern ist Teil des Plans. Eine Umkehr der Rollen produziert hier einen grotesken Monty Python Sketch.
Wenn Sie über den Konflikt im Nahen Osten reden, müssen Sie diesen Unterschied anerkennen. Ich glaube nicht, dass es irgendeine ethische Ungleichheit gibt, die irgendwo gefunden werden kann, die schockierender oder folgenreicher ist als das.
Und die Wahrheit ist, dass das noch nicht einmal das Schlimmste ist von dem, was Dschihadisten tun. Die Hamas ist praktisch eine moderate Organisation, verglichen mit anderen dschihadistischen Gruppen. Es gibt Muslime, die sich in Massen von Kindern in die Luft gesprengt haben – muslimischen Kindern – nur um an die amerikanischen Soldaten heranzukommen, die Süßigkeiten verteilten unter ihnen. Sie haben Selbstmordattentate begangen, nur um einen weiteren Bomber ins Krankenhaus zu schicken, um die Verletzten abzuwarten – wo sie dann alle Verletzten zusammen mit den Ärzten und Krankenschwestern, die versuchten, ihr Leben zu retten, in die Luft sprengten.
Jeden Tag, an dem Sie von einer fehlgeleiteten israelischen Rakete lesen oder von israelischen Soldaten, die einen unschuldigen Teenager verprügelt haben, hätten Sie von ISIS im Irak lesen können, die Menschen auf der Straße kreuzigten, Christen und Muslime. Wo ist die Empörung in der muslimischen Welt und bei den Linken über diese Verbrechen? Wo sind die Demonstrationen, zu 10.000 oder 100.000en, in den Hauptstädten Europas gegen ISIS? Wenn Israel bei einem Unfall ein Dutzend Palästinenser tötet, ist die gesamte muslimische Welt in Flammen. Gott verbiete es, einen Koran zu verbrennen oder einen Roman schreiben, der vage kritisch gegenüber dem Glauben ist. Und doch können Muslime ihre eigenen Gesellschaften zerstören – und versuchen, den Westen zu zerstören – und man hört keinen Mucks. [Anmerkung: Natürlich bin ich mir bewusst, dass viele Muslime Gruppen wie ISIS verdammen. Mein Punkt ist, dass wir keine massiven Proteste gegen den globalen Dschihadismus sehen – obwohl er auf Muslime mehr als auf alle anderen abzielt – jedoch sehen wir riesige Proteste über so Dinge wie die dänischen Karikaturen.]
Daher scheint mir, dass man sich hier auf die Seite Israels stellen sollte. Wir haben hier eine Seite, die, wenn sie wirklich ihre Ziele erreichen könnte, einfach friedlich mit ihren Nachbarn leben würde, und wir haben eine andere Seite, die versucht, eine Theokratie des siebten Jahrhunderts im Heiligen Land umzusetzen. Diese beiden unvereinbaren Ideen stehen sich unversöhnlich gegenüber. Das bedeutet nicht, dass Sie bestimmte Handlungen der Israelis nicht verurteilen können. Und selbstverständlich gibt uns die Anerkennung der moralischen Ungleichheit zwischen Israel und seinen Feinden keine Lösung für das Problem der Existenz Israels im Nahen Osten. [Anmerkung: Ich habe nicht darauf hingewiesen, dass Israels Handlungen über jeder Kritik stehen oder dass ihre jüngsten Einfälle in Gaza zwangsläufig gerechtfertigt waren. Ich sage auch nicht, dass der Status quo, in dem die Palästinenser staatenlos bleiben, beibehalten werden sollte. Und ich habe sicherlich nicht die Unterstützung für den Bau von Siedlungen auf dem umstrittenen Land geäußert (wie ich unten klar mache). Durch das „auf die Seite Israels stellen“ anerkenne ich einfach, dass sie nicht die primären Aggressoren in diesem Konflikt sind. Vielmehr reagieren sie auf Aggression – und das zu einem schrecklichen Preis.]
Noch einmal: natürlich gibt es einen Prozentsatz an Juden, die durch ihre eigene religiöse Hysterie und ihre eigenen Prophezeiungen getrieben werden. Einige warten auf den Messias im umstrittenen Land. Ja, diese Menschen sind bereit, das Blut ihrer eigenen Kinder für die Herrlichkeit Gottes zu opfern. Aber zum größten Teil sind sie nicht repräsentativ für den jetzigen Zustand des Judentums oder die Handlungen der israelischen Regierung. Und wie Israel mit diesen Menschen – ihren eigenen religiösen Verrückten – umgeht, bestimmt, ob sie wirklich die moralische Höhe halten können. Und Israel kann viel mehr tun als es bisher getan hat, sie zu entmachten. Es kann aufhören, die Wahnvorstellungen der Ultra-Orthodoxen zu unterstützen, und es kann aufhören, Siedlungen auf dem umstrittenen Land zu bauen. [Anmerkung: Lesen Sie das noch einmal. Und ja, mir ist bewusst, dass nicht alle Siedler Ultra-orthodox sind.]
Diese unvereinbaren religiösen Bindungen zu diesem Land haben es für Moslems und Juden unmöglich gemacht, wie vernünftige Menschen miteinander zu verhandeln, und sie haben es ihnen verunmöglicht, miteinander in Frieden zu leben. Aber die Bürde liegt immer noch mehr auf der Seite der Muslime. Selbst an ihrem schlimmsten Tag handeln die Israelis mit größerer Sorgfalt und Mitgefühl und Selbstkritik als muslimische Kämpfer irgendwo und überhaupt.
Und wieder müssen Sie sich fragen, was wollen diese Gruppen? Was würden sie erreichen, wenn sie überhaupt etwas erreichen könnten? Was würden die Israelis tun, wenn sie tun könnten, was sie wollen? Sie würden im Frieden mit ihren Nachbarn leben, wenn sie Nachbarn hätten, die in Frieden mit ihnen leben würden. Sie würden einfach weiter ihren High-Tech-Sektor ausbauen und aufblühen. [Anmerkung: Manche mögen argumentieren, dass sie mehr als das tun würden – z.B. mehr palästinensisches Land zu stehlen. Aber abgesehen vom Einfluss des jüdischen Extremismus (den ich verurteile), hat die fortgesetzte Landnahme Israels mehr als nur ein bisschen mit ihren Sicherheitsbedenken zu tun. Bei Absenz von palästinensischem Terrorismus und moslemischem Antisemitismus könnten wir von einer „Ein-Staaten-Lösung“ sprechen und die Siedlungsfrage wäre schlicht keine mehr.]
Was wollen Gruppen wie ISIS und al-Qaida und sogar die Hamas? Sie wollen ihre religiösen Ansichten dem Rest der Menschheit aufzwingen. Sie wollen jede Freiheit, die anständigen, gebildeten, weltlichen Menschen wichtig ist, im Keim ersticken. Das ist kein trivialer Unterschied. Und doch, ausgehend von der Ebene der Verurteilung, die Israel heute erfährt, könnte man meinen, dass der Unterschied grade in die andere Richtung läuft.
Diese Art von Verwirrung bringt uns alle in Gefahr. Das ist die große Story unserer Zeit. Für den Rest unseres Lebens und das Leben unserer Kinder werden wir mit Menschen konfrontiert sein, die nicht friedlich in einer weltlichen, pluralistischen Welt leben wollen, denn sie wollen verzweifelt ins Paradies gelangen, und sie sind bereit, auf dem Weg dahin die blosse Möglichkeit von menschlichem Glück zu zerstören. Die Wahrheit ist, wir leben alle in Israel. Es ist nur so, dass manche von uns das noch nicht realisiert haben.
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