StartseiteOffener Brief der Demonstranten von Istanbul an das Volk von Tunesien

Ceylan Inan, tunistribune.com

Liebe Brüder und Schwestern aus Tunesien. Vor nicht allzu langer Zeit habt ihr einen Funken entzündet in eurer Region, der sich rasch ausgebreitet hat und zur Fackel geworden ist, die nicht nur eurem Land, sondern vielen anderen auch, den Weg dazu erleuchtet hat, sich gegen unterdrückerische Regime aufzulehnen und diese nicht mehr zu tolerieren. Diese Entwicklung wurde im Namen der Demokratie, der Freiheit, und der Gerechtigkeit vollzogen, die euch vorenthalten waren. Ihr wart eine Inspiration und die Welt hat euch dabei zugeschaut, wie ihr euer Land in Richtung mehr Menschlichkeit und mehr Freiheit führt.

It’s the music of people who’ll not be slaves again…there’s a life about to start! goo.gl/p4LtV #eylemvakti#direngeziparki
— zeynep (@zeyneps) 4 juin 2013

Heute, in der Türkei, erleben wir sehr wichtige Augenblicke, die markiert sind von Solidarität unter den Menschen, die auf pazifistische Weise protestieren gegen eine unterdrückerische Regierung. Die Polizei, der wir vertrauen, die wir rufen wenn wir Hilfe brauchen, die geschworen hat, uns zu schützen, greift uns an mit chemischen Waffen, die die Haut verbrennen, verschiedenen Gasarten, die uns das Atmen erschweren, Wasser mit hohem Druck, Plastikkugeln, mit denen sie direkt auf die Köpfe der Menschen schiessen. Warum?

Weil wir uns verhalten haben wie es uns die Verfassung erlaubt: Wir haben protestiert. Vor 5 Tagen haben sich die Bewohner des Taksim-Quartiers in Istanbul versammelt, um einen Protest zu beginnen gegen ein Bauprojekt für ein multifunktionelles Zentrum, das an Stelle des letzten Parks des Quartiers erstellt werden sollte. Sie waren Umweltschützer, die einfach ein Bauprojekt stoppen wollten, also haben sie Zelte mitgebracht und ein Lager aufgebaut. Eines Tages, um fünf Uhr morgens, startete die Polizei eine Operation und hat die Leute mit Pfeffergas und Wasserwerfern pulverisiert, während sie in ihren Zelten schliefen. Diese Operation  gegen eine einfache friedliche Demonstration hatte eine wichtige Reaktion in der ganzen Türkei zur Folge.

Soutien à #occupygezi à La Fontaine des Innocents, Paris. 04.06.2013#EylemVaktitwitter.com/tolgaypekin/st…
— Tolgay Pekin (@tolgaypekin) 4 juin 2013

Heute haben sich hunderte von tausenden Personen in Istanbul versammelt, und es existieren Widerstandsbewegungen in vielen anderen Städten, die die Polizeigewalt denunzieren, welche komplett willkürlich ist und die gegen die demokratischen Prinzipien steht. Die Menge ist immens geworden, trotzdem bleiben sie ruhig zusammen, sie benachrichtigen sich gegenseitig um Ruhe bewahren zu können in den Augenblicken höchster Anspannung und um alle Gewaltakte zu vermeiden selbst im Angesicht des unverhältnismässigen Gewalteinsatzes der Polizei.

#EylemVakti #EvrenselBar??aDo?ru Sermiyan Midyat SUPER OLMU? ! SANAT ! SANAT !twitter.com/simplificative…
—SimPLiFiCat?vE (@simplificative) 5 juin 2013

Auf einmal, heute, sind wir vereint. Heute kämpfen wir nicht mehr. Heute leisten wir Widerstand. Jeden Tag wird es klarer, dass wir Pazifisten sind, die sich nur zu verteidigen versuchen, während die Polizei immer brutaler wird. Eine schnelle Recherche wird tausende furchtbarer Bilder vor euren Augen vorbeiziehen lassen, Videos und persönliche Geschichten der Demonstranten. Ihr werde die Bilder sehen von einem Mädchen sehen, das von 10 Polizisten geschlagen und beleidigt wird. Ihr werden Polizisten sehen, die eine Tränengasbombe in Wohnhäuser werfen und die Türen verriegeln, damit die Leute nicht hinausrennen können.

Arrestments in ?zmir because of social media.?nterventions to the right to freedom of speech just started.#EylemVakti twitter.com/ZumrutOles/sta…
— Zümrüt Öle? (@ZumrutOles) 4 juin 2013

Ihr werden Polizisten sehen, die mit Gas Moscheen pulverisieren oder junge Freiwillige, die den Verletzten erste Hilfe leisten. Umso mehr wird euch das die Solidarität zeigen, die man bis zu diesem Tag in der Türkei nicht gesehen hat. Wir sind ein Volk geworden, das nicht mehr ruhig zu Bett gehen kann, während es nicht auf den Strassen ist bei seinen Freunden, und mit ihnen das chemische Gas atmet, das die ganze Zeit über sie verprüht wird. Am Abend werden wir zu Chemikern, Drogisten, Krankenpflegern, Ratgebern und Journalisten; und ganz einfach Freunde.

Oder, bei derselben Recherche, werdet ihr in den Strassen die Leute sehen, die sich schützend vor Unbekannte stellen. Ihr seht die Leute, die sich gegenseitig beschützen und unterstützen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln. Ihr werden Demonstranten Widerstand leisten sehen, Hand in Hand, die ganze Nacht, und die Strassen reinigen, die am Vortag ihren Kampf gesehen haben – wieder Hand in HAnd. Ihr werdet einen ununterdrückbaren Fluss an Informationen sehen unter den Demonstranten, zu den sozialen Medien und den Sendern, trotz aller Restriktionen, die die Regierung allen Kommunikationsmitteln aufzuerlegen versucht, um uns daran zu hindern, unere demokratischen Rechte als Bürger auszuüben, um unseren Protest hörbar zu machen.

People clash with the police in Ankara. @youranonnews #EylemVakti twitter.com/DarQoNia/statu…
— Darko (@DarQoNia) 4 juin 2013

Unsere durch die Regierung kontrollierten Nachrichtensender weigern sich, zu zeigen, was sich vor ihren Augen abspielt, und genau deswegen seht ihr, dass sich die Leute selber organisieren, um sicherzustellen, dass alle Leute trotzdem informiert sind über die Heftigkeit, gleichzeitig in Anatolien und der ganzen Welt. Diese Gewalt gegen die Generationen, die die Zukunft unseres schönen Landes sind, ist nicht mehr tolerierbar. Wir sind keine Terroristen, und wir lehnen es ab, als solche angesehen zu werden. Heute sind wir vereint.

Kad?nlara Sald?racak Kadar Kontrolünü Kaybetmi? Biri Halka Ba?bakan Olamaz.. [Recep Tayyip Erdo?an] #EylemVakti twitter.com/DenizGezmis25/…
— Deniz Gezmi?(@DenizGezmis25) 4 juin 2013

Heute sind wir eins. Wir lehnen es ab, mit einer politischen Partei oder Ideologie assoziiert zu werden. Unsere Ideologie ist die Freiheit und die Demokratie. Wir sind Personen jeglichen Alters, aller Religionen, aller ethnischen Minderheiten, aller Ideologien, die, Schulter an Schulter, revoltieren gegen eine Regierung, die die Prinzipien einer wahren Demokratie nicht respektiert. Wir lehnen uns auf gegen einen Premierminister, der auf unsere Rufe antwortet, dass er 50% der Stimmen der Türkei auf sich vereinigt, und, wenn er es wolle, könne er eine Million Menschen versammeln, um auf die Strasse zu gehen und sich gegen uns zu stellen.

Das ist sehr schade, weil wir nicht gegen einen Teil unserer Bevölkerung sind; wir sind gegen die Mentalität, die den Prozentsatz an Stimmenden als Quelle der Legitimität jeder seiner beliebigen Aktionen sieht. Oder, das ist nicht, wie sich eine Demokratie definiert; eine Demokratie ist polyphonisch während und nach den Wahlen. Wir revoltieren daher gegen dieses selbe System, dessentwegen jede Gemeinschaft in verschiedenen Perioden der Geschichte der modernen Türkei gelitten hat; die islamische Gemeinschaft, die laizistische, kurdische, armenische, und mehrere weitere.

Wir beanspruchen heute das Recht, von unserer Regierung gehört und respektiert zu werden, deren Aufgabe es ist, uns zu schützen und uns das Recht, zu Leben in menschlicher Würde zu geben, und den Respekt, den wir in unserem Land verdient haben. Wir wollen, dass unser Premierminister seine Polizeikräfte stoppt und es zulässt, dass wir uns ausdrücken. Auf diese Weise wird er sehen, dass es seine eigene Jugend ist, die er angreift, und niemand anderes.

@anonopsmob: The more you spray the bigger we get #eylemvakti twitter.com/belginland/sta… #Turkey
— ?#RustleWO#STFUSec? (@DerickjThompson) 4 juin 2013

Der Grund, weswegen wir diesen Brief schreiben, ist, dass diese Woche unser Premierminister Tayyip Erdogan euer Land besuchen wird, statt dass er in der Türkei bleibt und dort die Situation regelt, die einen Punkt erreicht hat, dass es Tote gibt unter unseren Freunden. Das zeigt uns leider, dass er alle Toten und Verletzten als Folge der brutalen Anwendung seiner Befehle an die Sicherheitskräfte ignoriert.

Dieser Brief ist unser Schrei, unser Appell an euch, uns zu helfen, uns beizustehen in unserem Protest, indem ihr selber protestiert bei seiner Ankunft in Tunesien. Bitte, zeigt ihm, dass wir nicht alleine sind. Zeigt ihm, dass die pazifistischen und demokratischen Demonstranten immer gewinnen, wie ihr es schon der ganzen Welt gezeigt habt. Im Namen des Friedens, der Freiheit und des freien Wortes. Eure Brüder und Schwester aus der Türkei.


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