Die Türkei hat Griechenland im Visier – Erneut
Uzay Bulut, 20.4.2018, Gatestone Institute
aus dem Englischen von Daniel Heiniger
- Mit der illegalen Beschlagnahmung und Besetzung Nordzyperns 1974 und der syrischen Stadt Afrin im März dieses Jahres – praktisch ohne globale Reaktion – fühlt sich die Türkei offenbar unangefochten und begierig, weiterzumachen; diesmal, so scheint es, mit den öl- und gasreichen Inseln Griechenlands.
- „Sich für den Irak, Syrien, Libyen, die Krim, Karabach, Bosnien und andere brüderliche Regionen zu interessieren, ist Pflicht und Recht der Türkei. Die Türkei ist nicht nur die Türkei. Der Tag, an dem wir diese Dinge aufgeben, wird der Tag sein, an dem wir unsere Freiheit und Zukunft aufgeben.“ — Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, 2016.
- Der türkische Bedarf wird in Wirklichkeit durch die Assoziation mit den USA gedeckt. Türkische Beamte erhalten normalerweise, was immer sie vom Westen wünschen, aber sie scheinen beschlossen zu haben, sich dem Iran und Rußland anzuschließen, vielleicht im Versuch, den Westen für mehr zu erpressen.
Die Türkei hat Griechenland konstant und andauernd belästigt. Dieser Woche, am 17. April, haben zwei türkische Kampfflugzeuge den Hubschrauber belästigt, mit dem der griechische Premierminister Alexis Tsipras und der Chefadmiral der griechischen Streitkräfte Evangelos Apostolakis von der Insel Ro nach Rhodos unterwegs waren.
Mit der illegalen Beschlagnahmung und der Besetzung Nordzyperns 1974 und der syrischen Stadt Afrin im März dieses Jahres – mit praktisch keiner globalen Reaktion – fühlt sich die Türkei offenbar unangefochten und begierig, weiterzumachen; diesmal, so scheint es, mit den öl- und gasreichen Inseln Griechenlands.
Eine weitere Provokation durch die türkischen Regierung fand kürzlich statt, als drei junge griechische Männer einem toten Piloten Tribut zollten, indem sie fünf Fahnen auf einigen kleinen Inseln in der Ägäis aufstellten.
Den türkischen Medien zufolge forderte die Türkei Griechenland zunächst auf, die Flaggen zu entfernen, und führte dann nachts eine Militäroperation gegen eine kleine Insel, Mikros Anthropofagos, durch: Spezielle Operationseinheiten (SAT) der türkischen Marine sollen sie am 15. April entfernt haben.
„Unternehmen Sie keine gefährlichen Schritte“, warnte der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu Griechenland: „Unsere Soldaten könnten einen Unfall verursachen.“
Viele türkische Medien berichteten stolz über die Operation, als ob die Türkei in einer triumphalen Schlacht neue Reiche erobert hätte. Die griechischen Medien berichteten jedoch, dass laut Zeugenaussagen aus der Gegend alle fünf Flaggen offenbar noch vorhanden sind.
Die ägäischen Inseln, die die Türkei immer wieder zu überfallen droht, gehören rechtlich und historisch zu Griechenland.
Seit dem Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Griechenland im vergangenen Dezember haben die türkischen Medien ihre antigriechische, kriegsfreundliche Berichterstattung über „die griechische Besetzung der Inseln“ eskaliert. Einige Zeitungen behaupten, dass „Griechenland die Heimat von Terroristen geworden ist, die der Türkei feindlich gesinnt sind“. Andere sagen: „Griechenland will in die Türkei einmarschieren.“ Einige Kolumnisten behaupten, dass „die Türkei gegen Griechenland in der Ägäis kämpfen könnte“, während andere griechische Konsularbeamte in Istanbul beschuldigen, durch eine Ausstellung, die das griechische Konsulat von Dezember 2017 bis Januar 2018 in Istanbul organisiert hat, das griechische Byzantinische Reich wiederzubeleben.
Warum sind so viele Türken von Griechenland besessen?
1923, nach einem großen Angriff auf die anatolischen Griechen – dem Völkermord von 1913-1923 – wurde die türkische Republik gegründet. Seitdem scheinen die expansionistischen Ziele der Türkei von einer scheinbaren historischen Aggression, Hass gegen Griechen, Neo-Osmanismus und einer islamischen Tradition der Eroberung oder Dschihad inspiriert zu sein.
Von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis zur Ausrufung der ersten griechischen Republik im Jahre 1822 waren die Grenzen des heutigen Griechenland vom Osmanischen Reich besetzt. Erdogan war offen über seine Ziele, das Reich wiederzubeleben oder zumindest das türkische Territorium so weit wie möglich auszudehnen:
„Es gibt physische Grenzen und es gibt Grenzen in unseren Herzen“, sagte er. „Einige Leute fragen uns: Warum interessiert ihr euch für den Irak, Syrien, Georgien, die Krim, Karabach, Aserbaidschan, den Balkan und Nordafrika? Keine dieser Ländereien ist uns fremd. Kann man Rize [in der Türkei] von Batumi [in Georgien] trennen? Wie können wir Edirne [in der Türkei] von Thessaloniki [in Griechenland] trennen? Wie können wir denken, dass Gaziantep [in der Türkei] nichts mit Aleppo [in Syrien], Mardin [in der Türkei] mit Al-Hasakah [in Syrien] oder Siirt [in der Türkei] mit Mosul [im Irak] zu tun hat?
„Von Thrakien bis Osteuropa werden Sie bei jedem Schritt Spuren unserer Vorfahren sehen…. Wir müssten unser wahres Selbst verleugnen, damit wir denken, dass Gaza und Sibirien, mit denen wir die gleiche Sprache und Kultur teilen, von uns getrennt sind. Sich für den Irak, Syrien, Libyen, die Krim, Karabach, Bosnien und andere brüderliche Regionen zu interessieren, ist Pflicht und Recht der Türkei. Die Türkei ist nicht nur die Türkei. Der Tag, an dem wir diese Dinge aufgeben, wird der Tag sein, an dem wir unsere Freiheit und Zukunft aufgeben.“
Erdogan verwies auch auf den Misak-ı Milli („Nationaler Pakt“), eine Reihe von Beschlüssen des osmanischen Parlaments von 1920 über die Grenzen des künftigen türkischen Staates, der in der osmanischen Türkei errichtet werden soll. Der Nationale Pakt wird gemeinhin von Türken referenziert, die nach einer territorialen Erweiterung der Türkei rufen.
Die türkische Zeitung Hürriyet schrieb:
„Manche Historiker sagen, dass gemäß dem Nationalen Pakt die türkischen Grenzen – zusätzlich zu den derzeitigen Grenzen der Türkei – Zypern, Aleppo [in Syrien], Mosul, Erbil, Kirkuk [im Irak], Batumi [in Georgien], Thessaloniki [in Griechenland], Kardzhali, Varna [in Bulgarien] und die ägäischen Inseln umfassen.“
Am 18. April behauptete das türkische Außenministerium: „Die Kardak-Felsen [Griechenlands Imia-Inseln] und ihre Hoheitsgewässer und ihr Luftraum über ihnen stehen ausschließlich unter türkischer Souveränität“.
Große politische Parteien in der Türkei sind sich einig in ihrem Wunsch, die Ägäischen Inseln zu übernehmen – wo sie sich nicht einig sind, ist, wer die griechische Souveränität über die Inseln überhaupt zugelassen hat. Die wichtigste Oppositionspartei, die CHP (Republikanische Volkspartei), beschuldigt die regierende AKP (Partei der Gerechtigkeit und Entwicklung), „die Griechen die türkischen Inseln besetzen zu lassen“; die AKP beschuldigt die CHP, die Gründungspartei der Türkei, „die Griechen die Inseln durch den Lausanner Vertrag von 1923 sich abnehmen zu lassen“.
Die Suche der Türkei nach neuen wirtschaftlichen Vorteilen durch zusätzlichen Tourismus, vor allem aber durch das neu entdeckte Öl- und Gaspotenzial der Ägäis, scheint das Interesse der Türkei an Griechenland verstärkt zu haben.
Im Jahr 2011, nach einer Wirtschaftskrise, hat Griechenland seine eigene Gas- und Ölförderung wieder aufgenommen. Im vergangenen Jahr unterzeichneten die französischen Total- und die italienischen Edison-Gesellschaften einen Leasing-Vertrag für die Öl- und Gasexploration vor Griechenland, berichtete Reuters.
Obwohl Griechenland bereit sein könnte, mit der Türkei in Wirtschaftsabkommen zusammenzuarbeiten, scheint die Türkei „andere Mittel“ zu bevorzugen.
Der türkische Bedarf wird in Wirklichkeit durch die Assoziation mit den USA gedeckt. Türkische Beamte erhalten normalerweise, was immer sie vom Westen wünschen, doch sie scheinen beschlossen zu haben, sich dem Iran und Russland anzuschließen, vielleicht im Versuch, den Westen für mehr zu erpressen.
Inzwischen bedrohen türkische Politiker Griechenland im nationalen türkischen Fernsehen. Yiğit Bulut, ein Hauptberater von Erdogan, sagte kürzlich, dass er das Blut seines Großvaters rächen will, der angeblich von Griechen getötet wurde:
„Anatolien [Türkei] wird ganz Griechenland überrennen. Und niemand kann das verhindern. Griechenland sollte seinen Platz kennen. Wenn sie versuchen, diese Geographie anzugreifen und zu vergewaltigen, wie sie es vor 100 Jahren taten, indem sie [dem französischen Präsidenten] Macron, England, den USA, Deutschland und [Angela] Merkel vertrauen, werden diese Versuche schrecklich enden.“
Es ist an der Zeit, die Türkei zu stoppen.
Uzay Bulut ist türkische Journalistin, geboren und aufgewachsen in der Türkei. Sie lebt heute in Washington D.C.
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Erstveröffentlichung hier. Reproduktion mit freundlicher Genehmigung des Gatestone Instituts.
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