Wie Israel in die Pfanne gehauen wird
Yoav Fromer, 3.12.2015, Tablet Mag
Der steigende Blutzoll von messerschwingenden und mit-dem-auto-Juden-überfahrenden Palästinensern, die auf tragische Weise in den vergangenen zwei Monaten in Israel auf einer fast täglichen Basis erschossen und getötet worden sind, hat dazu beigetragen, bei vielen Kritikern des Landes ein beliebtes Narrativ anzutreiben: den Ausbau der Siedlungen in der Westbank durch die zunehmend rassistische rechte Regierung Benjamin Netanjahus und der Höchststand an jüdischem Terrorismus haben junge Palästinenser dazu gebracht, das Joch der Unterdrückung abzuwerfen und die Waffen gegen die Besatzung zu ergreifen. Diese romantisierte Version der Ereignisse, die absichtlich die unmittelbare Ursache der jüngsten palästinensischen Toten herunterspielt – die Tatsache, dass sie getötet wurden, weil sie versuchten (und es ihnen oft gelang), Juden zu töten – vermittelt den Eindruck, dass unschuldige palästinensische Jugendliche sinnlos und erbarmungslos niedergeschossen werden, nach dem Zufallsprinzip, von schiesswütigen israelischen Polizisten und Soldaten.
Es ist kein Zufall, dass diese Handlung vertraut klingt für amerikanische Ohren. Das soll sie. Die Eskalation der Gewalt in Israel bewusst so darzustellen, versucht, eine Analogie herzustellen zwischen dem wiederkehrenden Schiessen und Töten von unbewaffneten schwarzen Männern in den Vereinigten Staaten und dem Tod von Palästinensern, um die Solidarität zu fördern und die beiden Kämpfe in der amerikanischen Öffentlichkeit zu verbinden. Eine kürzlich durchgeführte Medienkampagne mit legendären afroamerikanischen Aktivisten wie Lauryn Hill und Angela Davis, zusammen mit palästinensische Aktivisten, zielt darauf ab, den Begriff einer Schicksalsgemeinschaft durch den Einsatz des fesselnden Slogans zu verfestigen: „Wenn ich sie sehe, sehe ich uns.“
Und doch ist etwas sehr falsch an der Vision, die Palästina mit Ferguson verbindet. Es ist eine Sache, Sympathie für unterdrückte Völker zu vermitteln – und ja, in vielerlei Hinsicht sind die Palästinenser unterdrückt. Doch Gaza mit Baltimore oder Jerusalem mit Ferguson zu vergleichen ist nicht nur ungenau oder unfair – es ist beleidigend. Afro-amerikanische Jugendliche werden nicht in amerikanischen Städten von Polizisten erschossen, weil sie nach dem Zufallsprinzip unschuldige Zivilisten auf der Strasse mit Messern angreifen oder weil sie Eltern vor den Augen ihrer Kinder erschiessen. Der gesamte Punkt der Schwarzes-Leben-zählt-Bewegung ist, dass die Opfer unschuldig sind.
Und trotz der anhaltenden Besatzung und daraus folgender Ungerechtigkeiten, die von Israel propagiert werden, tragen Palästinenser ihren Anteil an der Verantwortung für ihre eigenen Mühen und Leiden. Der Versuch, diese unbequeme Wahrheit zu verschleiern, indem sie ihre Sache in den heldenhaften Kampf gegen den Rassismus in Amerika einbinden, droht, den palästinensischen Terror mit einer moralischen Legitimität zu versehen, die den Tatsachen gewalt antut, und den Konflikt nur noch weiter zu entfachen, statt ihn zu beenden.
***
Während einer öffentlichen Versammlung zu Ehren des zwanzigsten Jahrestags des Million-Man-March, die auf dem Capitol Hill im Oktober stattfand, erklärte Rev. Jeremiah Wright, der freimütige und kontroverse Pfarrer, dessen Kirche Präsident Obama einmal besuchte, dass „Die Jugend in Ferguson und die Jugend in Palästina wurden miteinander vereinigt, um uns daran zu erinnern, dass die Punkte verbunden werden müssen.“ Er fuhr fort, die Schuld „Rassismus, Militarismus und Kapitalismus“ zu geben für ihre historischen Qualen und implizierte, dass Israel die europäische Kolonialschema reproduziere: „In Palästina gibt es Apartheid. … Während wir hier sitzen, wird eine Apartheid-Mauer gebaut, die doppelt so hoch ist wie die Berliner Mauer, die Palästinenser von illegal besetzten Gebieten fernhält, in denen die Europäer das Land als ihr eigenes beanspruchen.“ Solche Rhetorik, die sich weit verbreitet hat unter Israels Kritikern (vor allem auf der akademischen Linken), zielt darauf ab, den israelisch-palästinensischen Konflikt auf eine formelhafte antikoloniale David-gegen-Goliath-Pattsituation zu reduzieren. Dabei droht sie, den Konflikt von einem historisch komplizierten politischen, geographischen und religiösen Kampf in die eine Sache zu verwandeln, um die es in Wirklichkeit nie gegangen ist: rassistisch motivierten Imperialismus.
Die zunehmend allgegenwärtige Gewohnheit des Zusammenbindens der palästinensischen und der afroamerikanischen Ursachen mit dem Faden des Kolonialismus scheint ironischerweise zu vergessen, um was genau es beim europäischen Kolonialprojekt ging. Verwurzelt in einem realpolitischen Wettbewerb um globale Vorherrschaft zwischen den grossen Mächten, einem räuberischen Bedarf an Rohstoffen und neuen Märkten, um die wachsende Wirtschaft der Industrieländer zu befriedigen und der Konsolidierung von politischen Regimen und gebieterischen Phantasien von nationaler Grösse und rassischer Vorherrschaft, die die sogenannte „Last des weissen Mannes zusammenbrauten, die Welt zu „zivilisieren“, benutzten die Europäer ihre technologische und administrative Überlegenheit, um gewaltsam Ureinwohner in Afrika, Asien und Lateinamerika zu unterwerfen, ihre Ländereien zu plündern, und an einigen Orten wie dem Kongo ganze Populationen zu verwüsten.
Israel hat leider viele bedauerliche und ungerechte Dinge getan. Aber keines von ihnen kam jemals in die Nähe von sowas. Und während westlicher Kolonialismus sich der Eroberung und Ausbeutung widmete, liegen die Ursprünge des israelischen Expansionismus in einem deutlich verschiedenen Motiv: Schieres physisches Überleben. Obwohl es stimmt, dass viele israelische Siedler ihre Präsenz in der Westbank mit biblisch begründeten Ansprüchen eines Gross-Israel rechtfertigen, war das einflussreiche militärische Establishment des Staates, zusammen mit dem Grossteil der Bevölkerung, immer viel pragmatischer und entsprechend besorgter um die strategische Sicherheit, denen solche Motive dienen, anstatt ausgefranste messianische Phantasien.
Die Siedler, die oft durch Israels Kritiker als das wahre Gesicht der Nation präsentiert werden, stellen einen kleinen Bruchteil der Bevölkerung (und die extremistischen und gewalttätigen Sekten unter ihnen werden bezeichnenderweise verachtet und verurteilt von einer grossen Mehrheit der Israelis auf beiden Seiten des politischen Spektrums sowie von den etablierten Siedlern). Die Siedler haben vielleicht eine laute Stimme, sind gut organisiert und haben überproportionalen Einfluss aufgrund Israels instabilem parlamentarischem System, aber es fehlt ihnen die politische Legitimität, die ihnen fälschlicherweise zugeschrieben wird. Umfragen legen nahe, dass ihr öffentliches Ansehen wegen der grausamen Terrorakte von fanatischen jugendlichen Siedlern gegen Palästinenser auf Talfahrt ist, und dass weniger als ein Drittel der Israelis ihre Sache unterstützen.
Eine der traurigsten Wendungen des Schicksals in diesem Konflikt ist, dass, wie in jeder griechischen Tragödie, Israel weiterhin fortfährt, das letzte zu tun, was es tatsächlich tun will: das Leben von Millionen von Palästinensern zu kontrollieren. Obwohl die Besatzung ungerecht ist, darf sie nicht als Ausdruck der Rassen-Apartheid oder des zionistischen Imperialismus verstanden werden, sondern als kontraproduktive nationale Sicherheitsstrategie. Immerhin haben Israelis wiederholt und mit überwältigender Mehrheit, im Jahr 1992, 1999 und 2006, die linken zentristischen Regierungen gewählt, die sich der Sicherung eines Land-für-Frieden-Abkommens mit den Palästinensern und dem Rückzug aus den besetzten Gebieten gewidmet hatten. Unabhängig davon, wer Schuld hat für das Versagen, eine endgültige Einigung in Camp David vor 15 Jahren zu erreichen – eine heikle Frage, die bis heute beide Seiten anfechten – haben Israelis immer wieder ihre Bereitschaft, die Westbank im Austausch für dafür gewährte Sicherheit zurückzugeben. Gerade in diesem Sommer, trotz des Ansturms religiös motivierter Gewalt, deuteten Umfragen überraschenderweise an, dass eine Mehrheit der Israelis nach wie vor eine Zweistaatenlösung favorisiert.
Der Grund dafür ist klar: Die meisten Israelis, trotz allem, was die Boykott, Desinvestition und Sanktions-Bewegung zu insinuieren versucht hat, wollen nicht, dass ihre Kinder in der Westbank dienen, sie wollen nicht, dass ihre Steuern Siedlungen finanzieren, und sie sehen nicht die Gebiete als notwendig für die Verwirklichung des zionistischen Traums. Im Gegenteil, der einzige Grund, dass Israelis nicht bereit sind, Judäa und Samaria zu verlassen, ist die Existenzangst, dass wie im Libanon (2000) und dem Gazastreifen (2005) sich die Geschichte ein drittes Mal wiederholt und ein einseitiger Rückzug die Westbank in einen weiteren Terrorstaat an ihren Grenzen transforiert – einer, der viel näher an den Küstenbevölkerungszentren und wirtschaftlichen Zentren des Landes gelegen ist und daher das Leben in Israel unerträglich machen würde. In dieser Hinsicht werden die Siedlungen von vielen als ein Mittel und nicht als Selbstzweck wahrgenommen: sie bieten eine strategische Pufferzone, die die Hauptlast der Terroranschläge absorbiert und Städte wie Tel Aviv oder Haifa davor schützen, unter täglichen Raketenbeschuss zu geraten, wie im Süden Israels geschehen, nachdem die israelische Armee sich aus dem Gazastreifen zurückgezogen hatte. Jede Friedensordnung, die diese Sicherheitsprobleme mildern könnte, würde wohl auch rasch das Ende der Besatzung bewirken.
Israel als Kolonial- und Apartheidstaat zu porträtieren, straft dieses Sicherheitsprinzip absichtlich Lügen und ersetzt fälschlicherweise das politische Motivik mit der Rasse. Der Einsatz von Macht zur Unterwerfung, Ausnutzung und Beherrschung von Populationen, die als rassisch minderwertig gelten, ist es, was den europäischen Kolonialismus und den amerikanischen Jim Crow rechtfertigte. Dies in der Überzeugung, fehlgeleitet wie es auch immer sein möge, dass der tatsächliche Schutz der öffentlichen Wohlfahrt Sie nicht zum Imperalisten macht. Es macht Sie zu einem modernen Staat.
***
Die riesige Diskrepanz der Taktik macht den palästinensischen Anspruch auf Solidarität mit Afro-Amerikanern ebenso zweifelhaft. Die erfolgreichste Methode für die Demontage Jim Crows erwiesen sich, unter anderem, die gewaltlosen Widerstandskampagnen, unter anderem angeführt von Martin Luther Kings Southern Christian Leadership Conference, dem Kongress der Rassengleichheit und dem Student Non-Violent Coordinating Committee. Ihre mutigen Anstrengungen, den südlichen Rassismus durch gewaltfreie Mittel zu besiegen, inklusive des Einbezugs von Mittagessen-Zählern und Buslinien und dem Abhalten von Massenboykotten und Demonstrationen. Und sie verändertn die öffentliche Meinung erfolgreich und zwangen den Kongress und die Bundesregierung dazu, nicht einfach zu intervenieren, weil sie die moralische Oberhand gewonnen und den darunter liegenden rohen Fanatismus und Hass des südlichen Rassismus exponiert hatten, sondern weil ihre eine echte Botschaft des Friedens, der Gerechtigkeit und universeller Brüderlichkeit war.
Wie King in seiner berühmten Rede auf dem Marsch auf Washington im Jahr 1963 erklärte: „Im Prozess der Gewinnung unseres rechtmässigen Platzes dürfen wir nicht unrechter Handlungen schuldig sein. Lasst uns nicht unseren Durst nach Freiheit durch das Trinken aus dem Kelch der Bitterkeit und des Hasses befriedigen. Wir müssen unseren Kampf stets auf der hohen Ebene der Würde und Disziplin führen. Wir dürfen nicht zulassen, dass unser kreativer Protest in physische Gewalt ausartet.“ Leidenschaftlich engagiert im Wohlwollen und der Freundschaft, die die Evangelien predigen, verstand King, dass das Wesen des Kampfes letztlich sein Ergebnis gestaltet. Er betonte daher: „Es ist falsch, unmoralische Mittel einzusetzen, um moralische Ziele zu erreichen.“
Israelis würden sich sehr freuen, wenn die Palästinenser sich an der afroamerikanischen Sache, die King vielleicht mehr als jeder andere verkörpert, ausrichteten. Deshalb ist es aufschlussreich und enthüllend, dass sie immer wieder gewaltfreien Protest abgelehnt haben als eine Strategie, um ihre eigene Unterdrückung zu beenden. Trotz der Bemühungen zur Förderung solcher alternativer Widerstandsformen haben sich viele Palästinenser stattdessen für kontinuierliche Gewalt entschieden: In den letzten Wochen haben sie die Tötung von unschuldigen israelischen Zivilisten gefeiert und zu mehr Blutvergiessen aufgehetzt, während sie die berüchtigte Hamas Gründungsurkunde wiedergaben, die sich zur „Vernichtung Israels“ bekennt und „jeden Zoll von Palästina“ zurückfordert. Es lohnt sich, daran zu erinnern, dass auch die militanten afroamerikanischen Organisationen wie die Black Panthers in erster Linie diejenigen herausgefordert haben, die als Werkzeuge ihrer Unterdrückung wahrgenommen wurden – die Polizei; wohingegen die Palästinenser sich entschieden haben, wahllos unbewaffnete Frauen, Kinder und ältere Menschen anzugreifen. Die blutrünstige eliminatorische Rhetorik und die wiederholten ablehnenden Aktionen und gewalttätigen Terroranschläge von ihren Gesprächspartnern zu ignorieren zugunsten der Idee, dass alles, was die Palästinenser wollen, eine friedliche Zweistaatenlösung ist, könnte in der Tat die Essenz weiser, weitsichtiger Staatskunst sein. Doch die Tatsache, dass viele Israelis dazu gelangt sind, etwas anderes zu glauben und den Palästinensern misstrauen, ist nicht einfach der Beweis, dass Israelis kolonialistische Rassisten sind.
Auch wenn es konkurrierende Stimmen innerhalb der Bürgerrechtsbewegung gab, war es Kings inspirierende Botschaft des Friedens und der Koexistenz, die sich letztlich durchsetzte. Zwar gibt es ähnlich abweichende Stimmen unter den Palästinensern – doch wird nur die Stimme der gewalttätigen Fanatiker auf ihrer Seite gehört. Und wir müssen ernsthaft darüber nachdenken, warum das so ist, bevor wir Palästina mit Selma vergleichen. Wenn palästinensische messerschwingende Angreifer zugeben, dass ausgegangen sind, um „Juden zu erstechen“ und dass sie Soldaten in einem heiligen Krieg sind, dann müssen wir die düstere Tatsache berücksichtigen, dass ihre Taktik deshalb so unterschiedlich ist, weil ihre Ziele so weit voneinander entfernt sind: die meisten Afro-Amerikaner suchten Emanzipation von ihren Feinden; zu viele Palästinenser wollen die Zerstörung ihrer Feinde.
Der Versuch, eine inhärent fehlerhafte und absichtlich irreführende Analogie zwischen Palästinensern und Afro-Amerikanern herzustellen und zu verewigen ist symptomatisch für die zunehmend verzerrte Art, wie der israelisch-palästinensische Konflikt im Westen gesehen wird. Die Politisierung des Wissens bei einigen Kritikern Israels hat zur unverantwortlichen Vereinfachung dessen geführt, was im Herzen eine unglaublich komplexe Angelegenheit ist, bei der beide Seiten berechtigte Leiden haben. Doch das Verständnis der wirklichen Ursprünge des Konfliktes – Voraussetzung, um überhaupt eine tragfähige Lösung dafür zu finden – verlangt Nuance, Raffinesse, und eine moralische Ambiguität, die zu viele nicht einzusetzen bereit sind. Ja, die Besetzung ist ungerecht; aber, was sind die Gründe für ihre Fortsetzung? Wie kann eine souveräne Nation, der die allgemeine Sicherheit seiner Bürger anvertraut ist, die Unterzeichnung von Friedensverträgen mit den gleichen Leuten, deren Gründungscharta ausdrücklich zu ihrer Zerstörung verpflichtet, rechtfertigen? Das sind keine Ausreden, sondern grundlegende Fragen. Der Versuch, sie bequem unter den Teppich der Unwissenheit zu fegen, indem hohle Vorwürfe von „Siedlerkolonialismus“ und „Systeme der Repression“ gegenüber Israel erhoben werden, die versuchen, den Konflikt fälschlicherweise aufzutrennen zu einem verzerrten historischen Modell, auf das er nicht zutrifft, ist ein Verrat des geistigen Lebens und eine Verhöhnung des gesunden Menschenverstandes.
Aufrufe nach afroamerikanischer Solidarität mit den Palästinensern könnten überzeugender sein, wenn ihre Erfahrungen tatsächlich ähnlicher wären. Aber das sind sie nicht, zumindest noch nicht. Israelische Polizisten, die Messer schwingende Palästinenser im Versuch, unschuldige Zivilisten zu Tode zu stechen, erschiessen, sind nicht ähnlich Polizisten in den Vereinigten Staaten, die unbewaffnete schwarze Männer töten. Erstere wurden erschossen, weil sie versuchten, jemanden zu töten. Letztere wurden wegen ihrer Hautfarbe erschossen.
Der israelisch-palästinensische Konflikt ist eine Tragödie ohne Helden und viel zu vielen Opfern. Wir wollen uns deshalb daran erinnern, dass Schwarze Leben zählen. Palästinensische Leben zählen. Israelische Leben zählen ebenfalls.
Fromer schreibt merkwürdig defensiv, er sieht zwar die Absicht von diversen Aktivisten, die afroamerikanische und palästinensische Sache miteinander zu verzahnen, doch die Betreffenden werden nicht etwa scharf kritisiert für die Bildung eines solchen reaktionären Bündnisses, sondern es schwingt stattdessen immer die Haltung mit, dass deren eigentliches Anliegen (Antirassismus) ja sakrosankt ist.
Ist es das? Sind alle aufgeführten Beispiele aus neuerer Zeit wirklich so eindeutig trennbar in Gut und Schlecht? Bei Betrachtung etlicher Fälle in jüngster Vergangenheit habe ich immer mehr Zweifel daran. Mir kommt es längst so vor, als würde dieses Anliegen nur benutzt um beliebig destruktive Aggressionen pauschal zu legitimieren und mit den Weihen „berechtigter Gegengewalt“ versehen zu können. Immer mehr machen es sich in einer Opferrolle bequem und benutzen diese für ganz andere oder gar entgegengesetzte Vorhaben.
Für mich hat eine Person wie Angela Davis ihren Kredit als progressive Kämpferin längst aufgebraucht. Robert Mugabe kämpft schon seit Jahrzehnten dafür, der Welt zu zeigen, dass es nicht nur schwarze Diktatoren sondern auch schwarze Rassisten gibt. Jacob Zuma ist dabei, die Hoffnung auf ein besseres Südafrika zunichte zu machen für die Befriedigung von profaner persönlicher Machtgier. Diese Liste lässt sich leider immer mehr verlängern.
Fromer scheint ein Gefangener der Vorstellung zu sein, die festlegt, dass Schwarze immer Opfer und Weiße immer Rassisten sind. Dabei weiß er doch anhand des israelischen Beispiels, dass es einem ganz erheblichen Teil der Palästinenser mit ihrer – vom Westen fetischierten – Dauerinszenierung als „Opfer“ keineswegs darum geht, ihre Lage zu verbessern, einen eigenen Staat oder zumindest mehr Autonomie zu haben. Es geht ihnen um etwas ganz anderes: Um die Vernichtung des israelischen Staates. Dieser liebevoll gepflegten Vorstellung ordnen sie offensichtlich alles andere unter. Das macht die Sache sehr schwierig, für Verhandlungen, für Zugeständnisse, für Kompromisse und was einigermaßen zivilisierte Gemeinwesen dergleichen mehr an Lösungsmitteln für die Behebung von Konflikten parat haben.
Wer sich mit solchen Vorstellungen gemein macht, wie dies obige Aktivisten tun, darf ruhig mit etwas gröberen Handschuhen angefasst werden.